Karnevals-BilanzDie Jecken im Kreis Euskirchen legen einen tollen Neustart hin

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Eine Chipstüte liegt nach einem Karnevalszug auf dem Straßenpflaster.

Die Kamelle und Strüßje sind geworfen, die Jecken gehen heim, die Kostüme wandern in die Kisten – bis November.

Wie kommen die Jecken im Kreis Euskirchen aus der Corona-Pause? Bestens! Sie haben ausgelassen und weitgehend friedlich den Straßenkarneval gefeiert.

Das letzte Lied ist gesungen, das letzte Alaaf verklungen. Die Pappnasen werden verstaut, die Kostüme gewaschen – am Aschermittwoch ist alles vorbei. Wie lange haben die Jecken darauf gewartet, wieder so richtig feiern zu können. Wer hätte sich am Aschermittwoch 2020 in seinen kühnsten Träumen ausmalen können, was da alles über uns hereinbrechen sollte?

Nach der langen Durststrecke war der Fastelovend ein Überraschungskamellche: Hübsch verpackt, aber nix drin? Oder doch herrlich süß und lecker? Der Sitzungskarneval hat   ein gemischtes Bild abgegeben: In vielen Orten war die Begeisterung schon beim ersten Tusch groß, bei anderen war’s etwas mau. Befürchtungen, dass der Spaß am Fastelovend irgendwo auf der Corona-Strecke geblieben ist, von der Flut hinfortgespült oder unter Kriegs- und Krisen-Sorgen begraben wurde, haben sich nicht bestätigt. Smartphone statt schunkeln, Tablet statt Theke – davon haben alle die Nase voll.

Die Züge im Kreis Euskirchen waren sehr gut besucht

Leev Jecke: Wie herrlich bunt habt Ihr den Straßenkarneval neu gestartet. Dafür gibt’s kaum genug Tuschs und Raketen! Schon am Weibertag ist klar, dass die Jecken für ein paar Tage all die Sorgen vergessen und unbeschwert genießen wollen. Raderdoll haben sie den Fastelovend zwischen Weilerswist und Udenbreth zu einem rauschenden Fest gemacht: Herrlich funkelnd beim Lichterzug in Eiserfey, kreischend und springend beim Geisterzug in Blankenheim, mit viel Lokalkolorit beim längsten Zoch des Kreises in Zülpich, mit Prinz Mucki statt Hoch Feuka in Euskirchen. Dem Usselswetter am Samstag und Sonntag getrotzt, am Rosenmontag und Veilchendienstag vom Sönnche jebütz’.

Corona haben die meisten Zöch recht gut überstanden, einige Orte – Mechernich etwa – tun sich jedoch noch arg schwer. Auch wenn teils etwas weniger Gruppen am Start waren, waren all die Zöch richtig gut besucht. Wie viele die Straßen säumten? So genau weiß das niemand. Alleine in Euskirchen, so eine Schätzung der Polizei, säumten rund 20.000 Jecke den Zugweg. Gefeiert wurde dabei insgesamt weitgehend friedlich: Während die Polizei für dieses Jahr von 62 Einsätzen mit Karnevalsbezug von Weiberdonnerstag bis Rosenmontag spricht, vermeldete sie 2020 von Freitagmittag bis Dienstagmorgen 133 Karnevals-Einsätze.

Viele junge Leute haben einen Wagen gebaut

Beeindruckend, wie viele junge Leute sich richtig viel Mühe gegeben haben: Jugendclubs, Junggesellenvereine und Freundesgruppen haben wochenlang gebaut, geschraubt, gepinselt und echte Kunstwerke geschaffen – mit flott zusammengeschusterten Bretterbuden hatte das meist so gar nix zu tun. Alaaf ihr Jecke: So muss einem um die Zukunft des Eifeler Fastelovends nicht wirklich bang sein.

Das gilt auch für Bad Münstereifel, für Gemünd und all die Orte, die von der Flut so hart getroffen wurden. Die Jecken lassen sich   nicht unterkriegen, das Karnevalsvirus wird Lauterbachs Karl nicht eingedämmt bekommen. Es muss so ein DNA-Ding sein – siehe Mönster: „Trotz Flut bliev dat Jecke uns im Blut.“ Und in Jemönk geschehen gar unvorstellbare Dinge: Eine jecke Allianz mit Schleede? Die ewig junge, liebevoll gepflegte, herzliche Rivalität mal vergessen? Alaaf Prinz Gerd: Hast dich selbst als Tollität fürs ganze Schleidener Tal ausgerufen. Dat es Power of Jeckness, dat es Fastelovend!

Auch die Stänkerpitter sind wieder da

Auch die Kommunen haben möglich gemacht, was ging. Die Blangemer etwa haben die Konsum-Baustelle mitten in der Ahrstraße soweit parat gemacht, dass Geister- und Rosenmontagszug dort gehen können. Der große Kran kommt erst am Aschermittwoch – Juh-Jah! Andernorts mussten   Zugwege geändert werden, in Schleiden bekamen die Jecken die Rote Karte für die Innenstadt. Trotzdem haben sie das Beste draus gemacht.

Der Fastelovend ist wieder da – und die Stänkerpitter auch. Nervig ist’s, aber auch die gehören irgendwie zum Fastelovend. Es wurde zu wenig geschmissen, dafür zu viel gesoffen. Und die viel zu laute Musik geht ja gar nicht. Zu wenig Wurfmaterial? Leev Stänkerpitter, denkt mal an dä aahle Jupp Schmitz: Wer soll das bezahlen? Einen Dukatenesel haben die Wenigsten im Keller. Lasst uns   darüber freuen, dass so viele Zeit, Mühe und Geld investiert haben, um in den Zöch Freude zu bereiten. Überhaupt: Hätten die Jecken die billigsten verfügbaren Kamellche gebunkert, wär’s auch schon wieder nicht richtig.

Die Diskussionen über Alkohol und Musik sind (fast) so alt wie die Zöch selbst. Kölsch und Schnäpsje gehören auch zum Fastelovend, da muss jetzt keiner den Obermoralapostel geben. Wenn’s „Keine Kurzen für die Kurzen“ gibt und die Großen nicht „voll ist toll“ zum Leitgedanken machen, ist viel gewonnen. Dieses Jahr war   der Nachholbedarf offenbar groß – ein bisschen Nachsicht und Toleranz stünden auch den Meckerern mal ganz gut zu Gesicht: Jeder Jeck ist eben anders.

Mit Alaaf, Helau, Juh-Jah und Wau-Wau verabschiedet sich die närrische Zeitung bis zum nächsten Elften im Elften. In 261 Tagen heißt es wieder: Wenn et Trömmelche jeht.


Polizei zieht eine positive Bilanz

Zu 62 Einsätzen, die im Bezug zum Karneval stehen, wurden die Polizisten von Weiberdonnerstag bis einschließlich Rosenmontag im Kreis gerufen. 24 Strafanzeigen gefertigt. Bei 15 davon handelte es sich nach Angaben der Polizei um Körperverletzungen. Zudem wurden insgesamt kreisweit 36 Platzverweise erteilt. 654 Fahrzeugführer sind kontrolliert worden. Daraus resultierten neun Blutproben. Acht Fahrzeugführer sind laut Polizei wegen Alkohols am Steuer, sechs wegen Drogenkonsums aufgefallen. Drei Führerscheine wurden sichergestellt.

Schwer verletzt wurde ein 21 Jahre alter Mann aus dem Stadtgebiet Bad Münstereifel gegen 2.50 Uhr in der Nacht zum Samstag in Eiserfey. Laut Polizei war es zwischen ihm und einem 16-Jährigen zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Dabei schubste der 16-Jährige den 21-Jährigen, so dass dieser laut Polizei über ein Geländer drei Meter tief fiel. Er verletzte sich schwer. Die Kripo ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. (eb)

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