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PolitikAachen oder Köln? Hauptsache Rheinland! Wohin zieht es den Kreis Euskirchen?

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf das Kreishaus in Euskirchen.

Der Kreis Euskirchen gehört einer Reihe von Verbänden an. Einem kehrt er nun den Rücken.

Die Kosten-Nutzen-Rechnung geht nicht auf: Wie die Stadt Aachen verlässt auch der Kreis Euskirchen den Verein Metropolregion Rheinland.

Die Tage des Kreises Euskirchen im Verein Metropolregion Rheinland (MRR) sind gezählt. Im Kreisausschuss (KA) beschlossen die Mitglieder am Mittwoch einstimmig, dem Verein zum Ende des Jahres den Rücken zu kehren – und die 22.000 Euro Jahresbeitrag einzusparen. Dem muss noch der Kreistag zustimmen – in der Regel reine Formsache.

„Der Nutzen im MRR für den Kreis ist einfach nicht vorhanden“, stellt CDU-Fraktionschefin Ute Stolz fest. Und während schmerzhafte Einsparungen im Kreishaushalt in vielen Bereichen notwendig seien, um die Kreisumlage für die elf Städte und Gemeinden in Schach zu halten, seien Ausgaben für die MRR angesichts dieser Kosten-Nutzen-Bilanz nicht mehr vertretbar.

Zu viel „Metropol“, zu wenig „Region“ im Verein Metropolregion Rheinland

Das sieht auch die SPD so. „Der MRR“, so Fraktionschef Thilo Waasem, „war in letzter Zeit mehr mit sich selbst beschäftigt als mit seiner Aufgabe.“ Dem Kreis habe die Mitgliedschaft bisher wenig gebracht.

In der MRR, so FDP-Chef Frederik Schorn (FDP), befinde sich der Kreis Euskirchen in einer Randlage – und das nicht nur geografisch. Zu sehr konzentriere sich der Verein auf den Namensbestandteil „Metropol“, zu wenig auf „Region“. Düsseldorf und Köln führten das große Wort, so Schorn.

Die MRR war in letzter Zeit mehr mit sich selbst beschäftigt als mit ihrer Aufgabe.
Thilo Waasem, SPD-Fraktionsvorsitzender

Für UWV-Fraktionschef Franz Troschke „ist es höchste Zeit, dass wir diesen Schritt gehen.“ Vieles von dem, was die MRR leiste, führe am Kreis Euskirchen vorbei, sagt Troschke. Auch in anderen Gebietskörperschaften gibt es seit Jahren Kritik am MRR. Die Stadt Aachen etwa hat in dieser Woche ebenfalls ihren Austritt erklärt.

Hoffnungen durch Vereinseintritt haben sich für Kreis nicht erfüllt

2017 wurde der Verein MRR gegründet. Er sollte die Kräfte ihrer Mitglieder bündeln, das Rheinland europaweit präsentieren und vor allem Geld aus den EU-Fördertöpfen zur wirtschaftlichen Entwicklung in die Region holen.

Doch die Hoffnungen für den Kreis Euskirchen erfüllten sich nicht, wie auch die Kreisverwaltung feststellt. „In den letzten Jahren konnten diese Ziele unter anderem durch häufige Wechsel in der Geschäftsführung und damit verbundene Neuausrichtungen des Vereins nicht bzw. kaum erreicht werden“, heißt es in der Vorlage für die Politiker.

Darüber hinaus habe sich gezeigt, dass sich die MRR in der aktuellen Organisationsstruktur als teilweise „redundante Institution zu den Regionalmanagements“ entwickelt habe.

Mitgliedschaft in Region Aachen Zweckverband kostet 268.000 Euro

Soll heißen: Vieles, was die MRR leistet, leisten andere Zusammenschlüsse, denen der Kreis ebenfalls angehört, auch. Womöglich sogar besser, sagt Ute Stolz und meint den „Region Aachen Zweckverband“ (RAZV).

Diese Mitgliedschaft kostet den Kreis zwar mit 268.000 Euro in diesem Jahr einiges mehr als die im MRR, doch der Nutzen ist Ute Stolz zufolge auch entsprechend höher. Sie stellt aber auch klar: Der RAZV müsse verschlankt werden.

Das sieht Thilo Waasem ähnlich, auch wenn der SPD-Fraktionschef die Arbeit des RAZV nicht ganz so rosig bewertet. Aber bevor ein Austritt überhaupt erwogen werde, sollte erstmal versucht werden, die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken.

Da geht Frederik Schorn nicht ganz mit. Er hält den MRR-Austritt zwar für einen „Schritt in die richtige Richtung“, wäre aber mit einer Verabschiedung aus dem RAZV gerne noch etwas weiter gesprungen, schon wegen des vielfach höheren Mitgliedsbeitrages.

Und dann ist da noch der Verein Köln/Bonn

Aber ihm gehe es nicht nur ums Geld, stellt der Freidemokrat klar, sondern um Grundsätzliches. Ist es richtig, fragt er, dass sich der Kreis Euskirchen immer noch zur Region Aachen hin ausrichte – von den Lobbyverbänden über IHK und Handwerkskammer bis hin zu den politischen Parteien? Damit greift er eine Diskussion auf, die immer wieder mal aufkommt, seitdem der Landtag vor Jahrzehnten diese Zuordnung beschlossen hat.

Dabei, so Schorn, sei der Kreis doch allein schon über die Schiene intensiver an die Region Köln/Bonn angebunden. Dort gibt es übrigens auch einen Verein, der auch so heißt: Verein Köln/Bonn. Auch diesem gehört der Kreis Euskirchen für einen Jahresbeitrag von 58.000 Euro an – sehr zur Freude von Schorn: Da werde gute Arbeit geleistet, auch für den Kreis Euskirchen. Denn klar sei auch, dass die kleineren Gebietskörperschaften gemeinsam auftreten müssten, um Gehör zu finden.

FDP-Chef Frederik Schorn macht eine Debatte wieder auf

Aachen oder Köln? Hauptsache Rheinland? – Dass Schorn mehr Richtung Dom blickt, ist für Ute Stolz wenig verwunderlich: „Er kommt ja aus Weilerswist.“ Die Eifeler hätten da einen anderen Blick drauf, so die Kallerin – aus naheliegendem Gründen.

Und außerdem: Welche Rolle könne der zwar schöne, aber dann doch vergleichsweise kleine Kreis Euskirchen im Konzert der Großstädte spielen? Gerade das sei ja einer der Schwachpunkte im MRR gewesen.

Einigkeit herrscht aber in einem weiteren Punkt: Die Mitgliedschaften des Kreises gehören auf den Prüfstand – eine lohnende Aufgabe für den kommenden Kreistag, dessen Legislaturperiode im November startet.