Verwahrloste Kinder, eine verletzte Frau, Jugendliche, die helfen, einen tödlichen Verkehrsunfall aufzuklären: Die Liste der Preisträger in Euskirchen war lang.
Zivilcourage bewiesenDiese Helden des Alltags hat die Polizei in Euskirchen ausgezeichnet

In der Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik verlieh die Euskirchener Polizei ihren Zivilcouragepreis.
Copyright: Tom Steinicke
Fast 50.000 Einsätze hat die Kreispolizei Euskirchen im vergangenen Jahr bewältigt – und doch sind es die besonderen Momente, die im Gedächtnis bleiben: jene, in denen Menschen Verantwortung übernehmen, hinsehen, handeln. Für dieses Engagement ehrte die Polizei nun zehn Bürgerinnen und Bürger in der Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik, die in herausfordernden Situationen Mut und Mitgefühl bewiesen haben.
Allein 23.000 Einsätze laufen über die 110 bei der Polizei in Euskirchen ein
„Sicherheit ist Aufgabe des Staates, aber Zivilcourage ist Aufgabe von uns allen“, betonte Landrat Markus Ramers, zugleich Leiter der Kreispolizeibehörde. In seiner Ansprache erinnerte er daran, dass persönliche Sicherheit für viele Menschen ein zentrales Thema sei – und dass Vertrauen in Staat und Demokratie eng damit verknüpft seien. „Zivilcourage ist keine Selbstverständlichkeit, aber sie ist ein Fundament für unser Zusammenleben“, so Ramers: „Und sie zeigt: Mut ist keine Frage des Alters, der Kraft oder des Berufs – sondern der Haltung.“
Von den 50.000 Polizeieinsätzen im Jahr 2024 kamen rund 23.000 über den Notruf 110. „Wir schauen uns jeden einzelnen Fall an“, erklärte Polizeipressesprecher Franz Küpper: „Über das Jahr entstehen daraus mehr als 1000 Pressemitteilungen – und aus diesen Fällen wählen wir die Menschen aus, die für Zivilcourage stehen.“
Zülpicher fanden verwahrloste Kinder und halfen ihnen
Den Auftakt der Ehrungen übernahm Polizeidirektorin Gabriele Mälchers. Sie schilderte einen Fall, der sie „auch als Mutter tief berührt“ habe: Zwei Zülpicher hatten im Frühjahr zwei kleine, verwahrloste Kinder gefunden – verdreckt, hungrig, kaum bekleidet.

Landrat Markus Ramers eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede.
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Anstatt wegzusehen, nahmen sie die Kinder mit nach Hause, gaben ihnen zu essen, suchten nach Angehörigen und alarmierten schließlich die Polizei. Damit retteten sie die Geschwister aus einer akuten Gefährdungssituation. „Durch ihr Handeln haben sie den Kindern eine neue Chance im Leben gegeben“, so Mälchers: „Helden oder Engel – beides passt.“
Am 8. Juni 2025 bemerkte Jessica Schleich aus Adenau in Bad Münstereifel ein Fahrzeug, das in gefährlicher Weise Schlangenlinien fuhr. Sie blieb ruhig, informierte die Polizei und folgte dem Wagen so lange, bis die Einsatzkräfte die alkoholisierte Fahrerin stellen konnten. „Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein, schnelles Handeln – das ist gelebte Zivilcourage“, lobte Stephanie Schneider-Trimborn, Leiterin der Direktion Zentrale Aufgaben, die Preisträgerin.
Weilerswister Jugendliche helfen, tödlichen Verkehrsunfall aufzuklären
Großen Applaus erhielten Henri, Raul, Leo, Julian und Elias aus Weilerswist und Erftstadt: Die Teenager, die gemeinsam die Gesamtschule Weilerswist besuchen, waren am 29. Oktober 2024 Zeugen eines tödlichen Verkehrsunfalls in Weilerswist geworden – und handelten entschlossen.
Während Erwachsene oft erstarren, zeigten sie Mitgefühl und Verantwortung: Sie informierten Erwachsene, kehrten an den Unfallort zurück und standen der Polizei als Zeugen zur Verfügung. „Zivilcourage ist keine Frage des Alters“, betonte Achim Richenzhagen, Leiter der Verkehrsdirektion: „Diese Jungs haben bewiesen, dass Hilfsbereitschaft und Verantwortung schon im Kindesalter tief verankert sein können.“
Eine kleine Beobachtung mit großer Wirkung.
Henri kann sich an den Moment des Unfalls noch gut erinnern. „Das war schon sehr traurig“, sagt der Erftstädter: „Was da in dem Moment passiert ist, hat man sofort gemerkt. Erfasst hat man es aber erst etwas später.“ Durch die Aussagen der Gesamtschüler konnten die Ermittler das Unfallgeschehen wie ein Puzzle zusammensetzen. „Die Kinder haben definitiv geholfen, das Puzzle zu lösen“, so Richenzhagen.
Durch einen aufmerksamen Zeugen wurde ein Friedhofsdieb gefasst
Auch ein einfacher Notruf kann Großes bewirken – das zeigte der Fall von Andreas Reineke. Er hatte in der Nacht zum 21. Februar verdächtige Geräusche auf dem benachbarten Friedhof gehört und sofort die Polizei verständigt. Die Streife entdeckte gegen 23 Uhr dort einen 43 Jahre alten Mann aus dem Raum Bad Münstereifel, der bereits 17 Bronze- und Metallfiguren von Gräbern abmontiert hatte.
„Sein Anruf war der Schlüssel zur Aufklärung einer Serie mit mehr als 100 Diebstählen auf mehr als zehn Friedhöfen“, sagte Bernd Milas: „Eine kleine Beobachtung mit großer Wirkung.“ Der Tatverdächtige sitzt nach Angaben der Polizei immer noch in Haft, und der Schaden beläuft sich auf einen sechsstelligen Euro-Betrag.
In Schleiden hat Heinz Ralf Engelmann ein Leben gerettet
Zum Abschluss wurde Heinz Ralf Engelmann aus Schleiden geehrt – für sein Handeln am 1. Juli 2024, das buchstäblich Leben rettete. Er hatte in seiner direkten Nachbarschaft Hilfeschreie gehört, war mit seinem erwachsenen Patenkind hinuntergegangen und fand einen schwer verletzten Mann sowie eine blutüberströmte Frau mit lebensgefährlichen Stichverletzungen.
Dank seiner Ausbildung als Rettungssanitäter leistete Engelmann Erste Hilfe und stoppte die Blutung – die Frau überlebte dank einer Notoperation im Krankenhaus. Der Täter wurde festgenommen. „Er hat genau das Richtige getan“, sagte Ulrich Linden, Leiter der Kriminalpolizei: „Hingesehen, Hilfe geholt, gehandelt – das ist Zivilcourage in Reinform.“
„Zivilcourage beginnt im Kleinen“, sagte Landrat Ramers: „Bei der Nachbarin, die Hilfe braucht, beim Autofahrer in Not, beim Kind auf der Straße. Wenn mehr Menschen so handeln würden wie unsere Preisträger, dann wäre unsere Gesellschaft ein Stück sicherer und menschlicher.“
Der Preis kommt aus Euskirchen
Der Preis, den die Euskirchener Polizei seit zwei Jahren an die Preisträger verleiht, stammt von Thomas Esser. Der ist Schreinermeister am Berufsbildungszentrum in Euenheim. Es sollte etwas Einfaches sein, aber etwas, das etwas darstelle, so Esser. Für ihn sei sofort klar gewesen, dass es ein Engel werden müsse. „Wir können nicht genug Engel haben“, so der Tischlermeister, der den Engel aus Holz und Metall fertigte: „Ich bin stolz, mit dem Preis Teil der Veranstaltung sein zu dürfen, die einfach eine tolle Sache ist.“

So sieht der Preis aus, den die Polizei in der Ideenfabrik verliehen hat.
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Einbruchszahlen stark gesunken
Die Einbruchszahlen im Kreis Euskirchen liegen nach Angaben von Ulrich Linden, dem Leiter der Kriminalpolizei, auf einem erfreulich niedrigen Wert. Wie der Kripo-Chef bei der Verleihung des Zivilcouragepreises in der Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik in Euskirchen verriet, sind die Zahlen so niedrig, dass der Trend bis zum Jahresende wohl nicht mehr umzukehren ist. „Die Einbruchszahlen sind im Vergleich zu den Vorjahren ganz deutlich zurückgegangen“, sagte Linden, der allerdings keine Zahlen nennen wollte. Es seien aber „sehr erfreuliche Zahlen“.

