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Prozess in BonnTrio soll Rentnerin in Zülpich brutal überfallen und beraubt haben

Lesezeit 4 Minuten
Der Schriftzug Landgericht ist über dem Eingangsportal des Justizgebäudes in Bonn zu sehen.

1700 Seiten umfasst die Anklageschrift gegen drei Männer aus dem Kreis Euskirchen, die aktuell in Bonn verhandelt wird.

Wegen zahlreicher Straftaten müssen sich derzeit drei Männer aus dem Kreis Euskirchen vor dem Landgericht Bonn verantworten.

Mit mehr als 1700 Seiten ist die Anklageschrift fast so dick wie ein altes Volkslexikon: Vernehmungsprotokolle, Abschriften von Telefonaten, Zeugenaussagen – alles das hat die Staatsanwaltschaft Bonn im DIN-A4-Format in dem Aktenkonvolut versammelt, um drei Männer aus dem Kreis Euskirchen im Alter von 19, 28 und 34 Jahren auf die Anklagebank zu bringen. Sie wirft ihnen mehrere Straftaten vor: Raubüberfall, Körperverletzung, Einbrüche, Verkehrsvergehen – alles also, was im Volkslexikon unter der Rubrik „kriminelle Delikte“ aufgeführt wird.

Am schlimmsten hat es laut Staatsanwalt eine 73-Jährige aus Zülpich getroffen. Am 11. September 2024 soll der Jüngste aus dem Trio mit einem unbekannten Mittäter zwischen 16.30 Uhr und 23.25 Uhr ein Fenster ihrer Wohnung eingeworfen haben und eingestiegen sein. Die Einbrecher sollen 82.000 Euro in bar und Schmuck im Wert von 1100 Euro erbeutet haben. Der Sachschaden an dem Fenster wird auf 3000 Euro beziffert.

73 Jahre alte Frau in Zülpich wurde zweimal überfallen

Elf Tage später, am 22. September, gegen 1 Uhr nachts, soll der 19-Jährige bei derselben Frau geklingelt und um Geld für ein Taxi gebeten haben. Als sie ihm öffnete, sollen sich der 34-jährige Komplize und ein weiterer Kumpan, gegen den noch ermittelt wird, maskiert hinter der Tür geduckt und die hilfsbereite Rentnerin, die gerade nach Münzen suchte, unvermittelt angegriffen und zu Boden geworfen haben. Dort stülpten sie ihr, so der Staatsanwalt, eine Stoffhaube über den Kopf. Der Älteste soll sie dann mit einem Akkuschrauber bedroht und von ihr gefordert haben, den Tresor zu öffnen.

Die Frau hatte aber vor lauter Angst die Zahlenkombination vergessen. Also hoben die Eindringlinge ihr Opfer hoch, schleppten die Frau ins Schlafzimmer, wo es ihr schließlich zitternd gelang, den Safe zu öffnen. Die Täter raubten 1500 Euro Bargeld und Wertsachen für rund 22.000 Euro. Das Opfer erlitt Prellungen und ein 27 mal 8 Zentimeter großes Hämatom am Oberarm.

Dem 34-Jährigen, der als einziger Angeklagter in Untersuchungshaft sitzt, wird darüber hinaus zur Last gelegt, zwischen dem 18. Oktober und 26. November in Euskirchen und Weilerswist vier Einbrüche begangen zu haben. Dabei soll er insgesamt mehr als 12.000 Euro in bar, Schmuck im Wert von mehr als 8000 Euro, einen Fotoapparat, ein Sparbuch und auch einen für eine Nikolausfeier mit Geschenken gefüllten Strumpf entwendet haben.

19-Jähriger soll mehrfach ohne Führerschein zu schnell gefahren sein

Der 19-Jährige aus Mechernich scheint einen Hang zu illegalen Autorennen zu haben, obwohl er keinen Führerschein besitzt. Zwischen September und Dezember vergangenen Jahres erwischte ihn die Polizei mehrfach hinterm Steuer eines Audi A 6 oder eines BMW, weil er zu schnell gefahren war.

Am 9. September etwa raste er an einer Polizeikontrolle auf der Heerstraße in Mechernich so schnell vorbei, dass sich eine Mutter, die mit Kinderwagen die Straße überqueren wollte, nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen konnte. Die Polizei verfolgte ihn über die B477. Dabei soll er mit bis zu 200 km/h auch über die Gegenfahrbahn gerast sein und entgegenkommende Fahrzeuge zum Ausweichen auf den Gehweg gezwungen haben.

Bereits im August 2024 stoppte eine Streife der Autobahnpolizei den jungen Mann auf der A1 bei Bremen. Der VW Passat, mit dem er in Norddeutschland unterwegs war, hatte keinen Versicherungsschutz.

28-Jähriger soll als Taxifahrer Tipps zu Einbrüchen gegeben haben

Er ist außerdem angeklagt, am 1. Dezember 2024 mit einem gesondert verfolgten Komplizen auf dem Parkplatz eines Gewerbegebiets in Nettersheim den Tankdeckel eines Lkw geknackt und 600 Liter Diesel in Kanister umgefüllt zu haben. Einer der Abnehmer des Kraftstoffs soll der 34-jährige Mitangeklagte gewesen sein.

Er und der 19-Jährige äußerten sich am ersten Verhandlungstag vor der 2. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts nicht zu den Vorwürfen. Einzig der 28-Jährige ließ über seinen Verteidiger Albert Stumm erklären, er sei bei dem Überfall auf die Frau in Zülpich nicht dabei gewesen. Der Euskirchener räumte aber ein, sein Insiderwissen als Gelegenheitstaxifahrer genutzt zu haben, um dem Ältesten aus dem Trio Einbruchstipps zu geben.

Das soll sich nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft in drei Fällen so abgespielt haben: Kaum hatte der Taxifahrer Gäste zum Flughafen Köln-Bonn chauffiert, soll er den 34-Jährigen angerufen haben, dass die Luft jetzt rein sei und er in die entsprechende Wohnung einbrechen könne. Dreimal soll sich der Freund auf den Weg zu den angegebenen Adressen, eine davon in Rheinbach, gemacht haben und zweimal gescheitert sein. Aus einem Haus in Weilerswist, dessen Bewohner im Flugzeug saßen, soll er am 14. Oktober 1000 Euro Bargeld, Schmuck, zwei Uhren und ein iPad gestohlen haben.

Wegen des Überfalls auf die Rentnerin sind die Männer wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Der Vorsitzende der Strafkammer, Wolfgang Schmitz-Justen, wies allerdings darauf hin, dass in diesem Fall auch eine Verurteilung wegen erpresserischen Menschenraubs infrage kommen könne. Dafür drohen mindestens fünf Jahre Haft. Schwerer Raub wird mit einer Strafe nicht unter drei Jahren geahndet. Der Prozess wird fortgesetzt.