Landratswahl in EuskirchenSo gehen die Kandidaten in den Wahlkampf

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Johannes Winckler

Johannes Winckler

  • Drei Kandidaten gehen in den Wahlkampf zur Landratswahl in Euskirchen im kommenden Jahr.
  • Johannes Winckler (CDU), Markus Ramers (SPD) und Frank Poll (AfD) wählen dabei unterschiedliche Ansätze.
  • Wie die Kandidaten in den Wahlkampf starten.

Kreis Euskirchen – Es ist wie mit dem Vogel und dem Wurm. Der frühe Wahlkämpfer fängt die Stimmen. Zehn Monate vor der Landratswahl am 13. September sind die Kandidaten kaum noch zu bremsen. Wurden Manfred Poth (CDU) und Guido Maassen (SPD) 2015 erst im März vor der Wahl, die im September stattfand, nominiert, haben die beiden großen Parteien ihre Kandidaten für 2020, Johannes Winckler (CDU) und Markus Ramers (SPD), bereits im Oktober dieses Jahres ins Rennen geschickt.

Auch AfD-Bewerber Frank Poll, Mitte November aufgestellt, ist vergleichsweise früh am Start. Auch sonst scheint der Wahlkampf 2020 anders zu werden als die Wahlkämpfe zuvor.

Soziale Netzwerke

Wer wissen möchte, wie die Kandidaten große Teile ihrer Zeit verbringen, wird in Sozialen Netzwerken bestens bedient. Facebook, Twitter und Co. spielen eine immer größere Rolle auch in den kommunalen Wahlkämpfen. Kein Wunder: Mit jedem Post, der von den Nutzern geteilt wird, steigt der Bekanntheitsgrad der Kandidaten und deren Zahl an Followern – die Algorithmen helfen nach. Zudem können sich die Kandidaten ungefiltert präsentieren – auch ohne lästige Nachfragen von nervigen Journalisten.

Markus Ramers

Markus Ramers

„Wahlkampf ohne Social Media halte ich für möglich“, sagt Johannes Winckler und verweist dabei auf Bürgermeister im Kreis, die auch ohne diese Aktivitäten gewählt worden seien. Dennoch ist Winckler auf Facebook und Instagram aktiv – für ihn das „Tüpfelchen auf dem i“ im Wahlkampf. So postet der Christdemokrat fleißig kleine Texte und Bilder zu seinen Besuchen von Karnevalssitzungen und Weihnachtsmärkten im Kreis, aber auch Privates von Familienausflügen in die Eifel samt Fotos vom Eisdielenbesuch. „Die Menschen wollen wissen, wer der Privatmensch Johannes Winckler ist“, sagt der Christdemokrat. Dabei achte er aber die Persönlichkeitssphäre seiner Frau und seiner Kinder. Bilder, auf denen die Kinder zu erkennen sind, verwende er in den Medien nicht.

Ramers ist schon länger online unterwegs: Kaum ein Tag, an dem er nicht postet, wen er getroffen hat: von den Rollstuhl-Basketballern über die Omas gegen Rechts bis zu den Weihnachtsmarkt-Organisatoren. „Der Online-Wahlkampf gewinnt auf kommunaler Ebene zunehmend an Bedeutung“, hat der 33-Jährige erkannt, der ebenfalls auf Facebook und Instagram aktiv ist. Er lege Wert auf eine professionell gestaltete Homepage, „quasi als digitale Visitenkarte“.

Frank Poll

Frank Poll (r.)

AfD-Bewerber Frank Poll präsentiert sich auf Facebook, Twitter und Instagram, eine eigene Internetseite sei im Aufbau. „Die Sozialen Medien sind in der heutigen Zeit eine wichtige Informations- und Kommunikationsmöglichkeit“, stellt Poll fest: „Leider wird sich aufgrund der Distanz im Netz auch vielfach im Ton vergriffen.“ Für eine effektive Problemlösung bevorzuge er ein persönliches Gespräch.

Wahlkampf-Aktionen

Hier liegt Ramers derzeit eindeutig vorne. Seinen Genossen versprach er bei der Nominierung „einen Wahlkampf, wie ihn der Kreis noch nicht erlebt hat“. Mit den Formaten „294 Orte, ein Landrat“, mit dem er bis zur Wahl alle Ortschaften besuchen möchte, und seiner Theken-Talk-Kneipen-Tour setzt er neue Maßstäbe – und vermittelt zugleich noch eine Botschaft, der kaum einer widersprechen mag: Die Dorfkneipe darf nicht sterben.

Am vorvergangenen Sonntag trafen sich rund 40 Menschen auf Einladung Ramers’ in einem Euskirchener Café, um ihre Unterstützung für den Freilinger zu bekunden. Darunter viele, die der SPD nicht angehören. Bei solchen Gelegenheiten betont der Kandidat gerne, dass er zwar mit Herz und Seele Sozialdemokrat ist, die Landratswahl aber eine Personenwahl sei.

Liste noch offen

Noch ist unklar, ob es bei den drei Landratskandidaten von CDU, SPD und AfD bleibt. Vor allem die Grünen, die im Kreis bei der Europawahl vor der SPD landeten, überlegen noch.

Das hängt auch von der Entscheidung des NRW-Oberverwaltungsgerichts ab, ob die Abschaffung der Stichwahl durch CDU und FDP im Land rechtens ist oder nicht. Sollte eine Stichwahl stattfinden, dürfte das die kleinen Parteien verstärkt zu Direktkandidaturen veranlassen.

Denn gleichzeitig werden Kreistag und Räte gewählt – und da sorgt ein Landratskandidat auch für mehr Aufmerksamkeit für die Partei. Für die Überlegung, ob man einen anderen Bewerber unterstützen möchte, bliebe dann noch Zeit direkt vor der Stichwahl.

In Zeiten, in denen die (ehemaligen) Volksparteien die Wähler immer weniger dauerhaft an sich binden können, braucht es Wähler von außerhalb, um erfolgreich zu sein. Das trifft auf die SPD im besonderen Maße zu: Auf Rückenwind von der Bundespartei sollte Ramers derzeit nicht setzen, und auf der Liste erfolgreicher SPD-Landratskandidaten im Kreis Euskirchen steht bislang auch noch kein Name. Da orientiert sich Ramers lieber an echten Sieger-Typen: „Der Erfolg der Bürger-Landrat-Rosenke-Wählervereinigung hat bei den beiden vergangenen Landratswahlen bewiesen, dass es eine grundsätzliche Bereitschaft der Menschen im Kreis gibt, sich zeitlich befristet und unabhängig von einer Parteizugehörigkeit für einen Kandidaten zu engagieren.“

Da kann man sich auch schon mal einem Korb holen: Als der sportbegeisterte Ramers kürzlich beim Football-Club Euskirchen Lions anfragte, ob er mal mittrainieren könne, stimmten die Sportler zwar zu – allerdings wollten sie sich von keinem der Kandidaten vor den Wahlkampfkarren spannen lassen. Er wolle trotzdem bald mal versuchen, einen Touchdown in Stotzheim zu setzen, sagte Ramers auf Anfrage dieser Zeitung.

Und Winckler? Er zeigt sich gelassen ob Ramers’ Aktivitäten. „Es ist nicht entscheidend, ob man bereits jahrelang im Netz unterwegs ist. Entscheidend ist, welche Beiträge und Inhalte während des Wahlkampfs erstellt werden“, sagt der Euskirchener.

Von zahlreichen Menschen erhalte er – auch außerhalb der CDU – sehr viel Zuspruch und Unterstützung für seine Landratskandidatur, „sodass ein Wählerbündnis nicht erforderlich ist“. Auch Poll plant Wahlkampfaktionen, wie er sagt: „Ich bitte jedoch um Verständnis, diese hier (noch) nicht publik zu machen.“

Externe Beratung

Auf externe professionelle Beratung verzichten alle drei Kandidaten: Ramers, weil das Budget die Inanspruchnahme einer Agentur nicht hergebe; Winckler, weil er sich auf wahlkampferfahrene Parteifreunde stützen könne; und Poll, weil teure Berater ohnehin eine viel zu große Bedeutung hätten. Er setze auf den „gesunden Menschenverstand“.

Geld

Beim Geld hört die Transparenz auf – zumindest was die Höhe der Wahlkampfbudgets angeht. Ramers lässt alle Fragen dazu unbeantwortet. Winckler bittet um Verständnis und macht es spannend: „Die Höhe des Budgets teile ich nicht mit, da Gegenkandidaten anderer Parteien hieraus Rückschlüsse auf die Art des Wahlkampfs und Wahlkampfaktionen ziehen könnten.“ Was haben die Christdemokraten da wohl noch im Köcher?

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Das nötige Geld für seinen Wahlkampf komme von der CDU und aus seiner eigenen Tasche, sagt Winckler.

Poll erklärt: „Sämtliche Kosten für Werbung, die mit meiner Bewerbung als Landratskandidat verbunden sind, werden von mir privat getragen.“ Wie viel das sein wird, sagt auch er nicht. Er habe das Budget noch nicht festgelegt.

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