Tag der Streuobstwiese13 Eifeler Obstbaumwarte bei Mechernich-Bescheid im Einsatz

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Ein Obstbaumwart arbeitet in einem alten Baum am Pflegeschnitt.

13 Obstbaumwarte, hier Bernd Schiehlen, gönnten einer alten Streuobstwiese bei Bescheid einen Pflegeschnitt.

13 Obstbaumwarte der Genossenschaft SonNe arbeiteten auf einer Streuobstwiese bei Bescheid. Was es mit dem Baumschnitt auf sich hat:

Geballter Sachverstand im Einsatz: 13 der 30 registrierten Obstbaumwarte waren im Einsatz, um eine besonders schöne Streuobstwiese bei Bescheid auf Vordermann zu bringen. Anlass war der Internationale Tag der Streuobstwiese, an dem das Streuobstnetzwerk Nordeifel (SonNe) seine Fachleute zum ehrenamtlichen Einsatz gerufen hatte.

Denn die Wiese im Schliebachtal, das Bescheid und Wielspütz trennt, ist eine Besonderheit. „Es ist wahrscheinlich die einzige Streuobstwiese im Kreis Euskirchen, die in einem Naturschutzgebiet liegt“, führte Martin Holzportz vom Vorstand der Genossenschaft aus. Viele teilweise 100 Jahre alte Bäume stehen darauf. „Wir haben als SonNe die kostenlose Pflege angeboten“, sagte er. Das machen sie immer am Streuobstwiesentag. Auch Gartenbesitzer, die sich informieren wollten, seien herzlich willkommen.

Auf der Wiese in Bescheid wachsen zahlreiche alte Obstsorten

In Gummistiefeln stand Nachbar und Mitnutzer Reinhard Lepel im knöchelhohen, tropfnassen Gras: „Hier gibt es Apfel, Birne, Pflaume und auch eine neue Süßkirsche.“ Im Sommer grasen hier auch die Kühe des Besitzers. Überhaupt sei die Wiese Lebensraum für viele Arten. Verschiedene Spechtarten, Kleiber und auch ein Kauz haben auf der Wiese ihr Domizil. Auch eine Vielzahl alter Obstsorten wächst dort. „Hier steht auch ein Roter Kardinal, der hat Früchte in tiefstem Purpur: Deep Purple“, schwärmte Lepel.

Auf der alten Obstbaumwiese arbeiteten Martin Holzportz, Reinhard Lepel und ihre Kollegen.

Auf der alten Obstbaumwiese arbeiteten Martin Holzportz, Reinhard Lepel und ihre Kollegen.

Doch die Bäume müssten gepflegt werden, denn viele seien alt und teilweise hohl. „Das tut in der Seele weh, wenn ein großer Ast abbricht“, sagte Holzportz. Diesem Problem widmete sich Bernd Schiehlen, der   einen Baum bearbeitete, der komplett hohl war. „Die Wiese ist 1920 angelegt worden“, sagte er. Deshalb seien die meisten   Bäume   sehr in die Jahre gekommen und teilweise bereits abgängig.

Für die Bäume gibt's anregende und beruhigende Schnitte

Nach drei Kriterien werde ein Obstbaum betrachtet: Statik, Vitalität und Nutzbarkeit, erläuterte Schiehlen. Bei den alten Bäumen auf der Wiese sei die statische Entlastung der Äste am wichtigsten. So könnten sie   für weitere zehn Jahre erhalten werden. „Ein Baum hat immer einen ökologischen Wert, auch wenn er alt ist“, sagte er. Zur statischen Entlastung gehe er mit kleinen Schnitten von außen nach innen. „Für mich ist diese Arbeit der Ausgleich zur Büroarbeit“, berichtete er. Schon immer habe er sich für Gartenarbeit interessiert. Als er 2016 aus dem Allgäu in die Eifel gezogen sei und in seinem neuen Garten mehrere Obstbäume gehabt habe, habe er sich zum Obstbaumwart ausbilden lassen.

Aus dem Kreis Düren kam Heinz-Peter Bochröder nach Bescheid. „Normalerweise bin ich alleine unterwegs, suche aber auch die Gemeinschaft der Kollegen“, sagte er, während er konzentriert in die Krone des Baumes über ihm blickte. Dass viele der Bäume bereits Blüten tragen, stelle kein Problem dar: „Bis zum Laubaustrieb kann man gut schneiden. Doch wenn das Laub da ist, steht der Baum im Saft.“ Das sei auch am Holz zu spüren. Solange die Schnittwunden sich noch trocken anfühlen, sei der Beschnitt möglich.  

Im Sommer könne dann der Sommerschnitt durchgeführt werden, der den Baum beruhige. „Wenn ich einen Baum anregen will, ist ein Schnitt im frühen Winter gut. Wenn er beruhigt werden soll, schneide ich im Sommer“, erklärte er. Deshalb würden junge Bäume vor allem im Sommer beschnitten, alte dagegen eher im frühen Winter. Einen Vorteil habe der Sommerschnitt noch: „Da heilen die Wunden vom Beschnitt besser“, so Bochröder.


Tag der Streuobstwiese

Seit 2021 begehen die Streuobstakteure in Europa den Internationalen Tag der Streuobstwiesen. Damit wird auch die Aufnahme der Kultur des Streuobstanbaus in die bundesweite Liste des Immateriellen Kulturerbes gefeiert. Termin ist regelmäßig der letzte Freitag im April.

Die Vernetzung sei gut, schilderte Martin Holzportz von der SonNe: „Wir haben bei dem europäischen Projekt CORE mitgemacht.“ Dabei wurde von Obstbaumexperten aus Ungarn, England, Italien, Polen und Deutschland ein Leitfaden zur Pflege von Streuobstwiesen erstellt. Im Gegensatz zu den deutschen Obstbaumwarten gingen vor allem die Kollegen aus Polen und Ungarn in Richtung Permakultur. „Wir versuchen, die Wiesen durch die Pflege in Ertrag zu halten“, sagte Holzportz. Andere ließen die Bäume wachsen, da sie nicht das große Obst wollten: „Das bedeutet einen anderen Ansatz in Ernte und Pflege.“ (sev)

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