Ein neues Mahnmal soll in Mechernich an die Nazigräuel und die Ermordung der jüdischen Bürger erinnern.
GedenkenNeues Mahnmal erinnert in Mechernich an die Schicksale der Juden in der Stadt

Noch liegt die Stele, die an das Schicksal der Mechernicher Juden und Jüdinnen erinnert, im städtischen Bauhof. Der alte Gedenkstein wird in die neue Stahlkonstruktion integriert.
Copyright: Ulla Jürgensonn
Dass der Gedenkstein, der an das Schicksal der jüdischen Bürger in Mechernich erinnern soll, nicht mehr an der Rathergasse steht, dürfte den wenigstens Leuten aufgefallen sein. Zu unauffällig war er platziert zwischen Parkplätzen und Grünstreifen. Doch er ist nicht einfach abgebaut worden. Sondern er soll, integriert in eine neue Gedenkstele, wieder aufgestellt werden.
Der eher ungünstige Standort war nicht das einzige, was die Mitglieder in Interessengemeinschaft „Forschen – Gedenken – Handeln“ gestört hat. Auch die Inschrift, die man 1988 in Stein gemeißelt hat, schien ihnen nicht mehr deutlich genug in ihrer Aussage: „Zum ehrenden Gedenken an die jüdischen Mitbürger unserer Stadt, die unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft gelitten und ihr Leben gelassen haben“, so steht es dort.
Die Inschrift der Stele für Mechernich ist noch verhüllt
Die Inschrift auf der neuen Stele ist noch verhüllt. Derzeit liegt das Mahnmal aus Cortenstahl im städtischen Bauhof. Die neue Inschrift ist verhüllt, auch ein historisches Foto soll noch angebracht werden. Doch ansonsten ist das neue Mahnmal es schon vorbereitet, um mit einem soliden Fundament aufgestellt zu werden.
Die Interessengemeinschaft hat ganze vier Mitglieder: Das Ehepaar Gisela und Wolfgang Freier, Rainer Schulz und Elke Höver. Doch die vier können offensichtlich viel bewegen. Mit ihrer Idee, eine neue Gedenkstele gegenüber der Apotheke an der Rathergasse – dort in der Nähe stand früher die Synagoge – aufzustellen, marschierten sie zu Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Der habe grünes Licht gegeben, berichtet Rainer Schulz.
Wir wollen auf keinen Fall das damalige Erinnern abwerten.
Der Mechernicher Metallbaubetrieb Müller fertigte die Platte und fügte auch den alten Gedenkstein ein. „Wir wollen auf keinen Fall das damalige Erinnern abwerten“, stellt Gisela Freier klar. Die eher verharmlosende Formulierung der Inschrift sei damals nur so möglich gewesen vor dem Hintergrund, dass viele Täter noch präsent gewesen seien.
Rainer Schulz hat das Foto mitgebracht, das in der oberen linken Ecke angebracht wird. Es stammt aus dem Jahr 1886, aufgenommen hat es Anselm Schmitz. Es ist ein Blick von einem Hügel auf die damals noch kleine Stadt. Zwischen den Wohnhäusern ist das Dach der Synagoge zu sehen.
Das Mahnmal wird am 10. November eingeweiht
Eingeweiht wird das neue Mahnmal am Montag, 10. November, um 18 Uhr. Anschließend wird Franz Josef Kremer wie seit mehr als 25 Jahren den Pogromgedenkgang anführen. Am 9. November 1938 waren in den deutschen Städten Synagogen und Geschäfte jüdischer Inhaber angegriffen und verwüstet worden – der Beginn der systematischen Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten.

Auf dem Foto aus dem Jahr 1886, das Rainer Schulz hält, ist das Dach der Synagoge zu entdecken.
Copyright: Ulla Jürgensonn
Auch die Mechernicher Synagoge wurde damals demoliert, man versuchte, sie mit einem Traktor einzureißen. 1939 wurde sie dann abgerissen. Heute erinnern Stolpersteine an die jüdischen Mitbürger, die damals fliehen mussten oder deportiert wurden. Viele sind in Konzentrationslagern ermordet worden.
Eine Frage gab den Anstoß zu forschen
Dass es die Gruppe „Forschen – Gedenken – Handeln“ gibt, ist einem Kind zu verdanken.Gisela Freier war Lehrerin, sie sprach im Unterricht über das Tagebuch der Anne Frank. Da fragte ein Junge aus Kommern: „Gab es denn auch bei uns im Ort Juden?“
Diese Frage habe den Anstoß gegeben, dass das Ehepaar Freier zu forschen begann, so erzählt es Rainer Schulz, der später dazugestoßen ist. Ihm hatte jemand erzählt, dass sein Elternhaus an der Kommerner Gielsgasse einer jüdischen Familie gehört hatte.
Tatsächlich gelang es ihm, Kontakt mit den Nachfahren von Gustav und Elvira Kaufmann aufzunehmen, die zum Verlegen der Stolpersteine sogar aus Baltimore in den USA anreisten. „Wir wollen, dass nicht in Vergessenheit gerät, was auch in unserer Stadt damals passiert ist“, sagt Rainer Schulz über die Arbeit des kleinen Forscherteams.
Dem ist es gelungen, Jennifer Teege für eine Lesung am 15. März in Kommern zu gewinnen. Die Schriftstellerin, Tochter eines Nigerianers, ist die Enkelin des KZ-Kommandanten Amon Göth. In dem Film „Schindlers Liste“ schießt er vom Balkon aus auf Menschen. „Mein Großvater hätte mich erschossen“ heißt Jennifer Teeges Buch.