Gros der Bilder zerstörtOberhausener Künstlerin startet nach Flut neu

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Christine Schirrmacher Künstlerin

Das Schleidener Tal hat Christine Schirrmacher verlassen und in Mechernich einen neuen Platz für ihre Kunst gefunden. 

Mechernich – Die sauberen Räume lassen fast vergessen, welche Geschichte in ihnen erzählt wird. Denn das Atelier von Christine Schirrmacher, das an der Mechernicher Bahnstraße liegt, beherbergt nicht nur ihre neuen Werke, sondern auch die wenigen Bilder und Skulpturen von ihr und ihrem verstorbenen Mann Merlin Flu, die sie nach der Flutkatastrophe hatte retten können.

Eigentlich war die Alte Schule in Oberhausen, die direkt neben der katholischen Kirche am Ufer der Olef liegt, eine gute Adresse für ein Atelier. Ein Garten für Skulpturen, große Fenster und 3,50 Meter hohe Wände mit viel Platz, um Bilder zu zeigen. Hier lebten und arbeiteten Hartmut Schirrmacher, der den Künstlernamen Merlin Flu führte, und seine Frau Christine. Auch als Merlin Flu im Februar 2015 starb, führte seine Frau das Atelier weiter. Und würde es wohl noch immer tun, wenn da nicht der Abend des 14. Juli 2021 gewesen wäre.

Mehr als zwei Meter hoch wurden die Räume im Erdgeschoss geflutet. Immerhin blieben die Fenster heil, so dass die Strömung nicht noch weitere Verwüstungen anrichten konnte. Doch die Bilanz, die Schirrmacher aufmacht, ist erschreckend. „50 bis 60 Prozent der Werke sind unrettbar verloren“, sagt sie. Weitere 20 Prozent seien beschädigt, aber zum Teil restaurierbar. Doch das gibt es auch: Eine Reihe von Bildern von Merlin Flu, die in der obersten Reihe gehangen hatten, sind komplett unversehrt.

Nach Flut in Wohnwagen gelebt

„Ich versuche, es zu verarbeiten, aber es ist ein schmerzlicher Prozess“, gibt sie zu. Tagelang habe sie mit vielen Helfern Schlamm geschippt und versucht, die nassen Bilder und Habseligkeiten in der Sonne zu trocknen. Mittlerweile steht sie den Ereignissen abgeklärter gegenüber. „Die Bilder haben ihren Ausdruck verändert, die Natur hat mitgemalt“, beschreibt sie die Veränderungen. Wie die Kaffeebrandbilder ihres Mannes, bei denen der Kaffee weggespült wurde, aber die Brandspuren noch erkennbar seien. Denn nicht die Menschen machten sich die Natur untertan, es sei genau umgekehrt. „Die Bilder haben mich begleitet, aber jetzt gibt es sie nicht mehr“, sagt sie. Der Verlust werde abgemildert durch den Gedanken, dass sie ohnehin nichts mitnehmen könne.

Atelier Schirrmacher Mechernich

Unzerstörte oder restaurierte Werke von Merlin Flu sind ebenfalls in dem Ladenatelier ausgestellt.

Nachdem Schirrmacher die ersten Wochen nach der Flut in einem geliehenen Wohnwagen lebte, zog sie im Oktober in eine Ferienwohnung in Blankenheim um. „Dort habe ich wieder angefangen zu malen“, berichtet sie. In ihren Werken sei das Getragensein durch die Helfer zu sehen.

Das neue Atelier

Das Atelier Schirrmacher und die Sammlung Merlin Flu und Christine Schirrmacher befinden sich in Mechernich, Bahnstraße 53. Die Öffnungszeiten sind dienstags, freitags und samstags von 13 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung unter Tel. 0174/7211098 oder per E-Mail an info@atelier-schirrmacher.de.

Etwa zur gleichen Zeit habe sie die Räume in Mechernich gefunden. „Das war eine Veränderung, vom Schlammschippen in frisch renovierte Gewerberäume“, sagt sie lachend. In den vier kleinen Räumen kann sie nicht nur arbeiten und die Bilder lagern, sondern hat auch noch die Gelegenheit, ihre Bilder und die ihres Mannes in getrennten Räumen zu zeigen. Ein Raum auf der Rückseite dient als Depot, in einem anderen werden die restaurierbaren Werke gesäubert.

Künstlerin will nicht zurück ins Schleidener Tal

Ins Schleidener Tal will sie nicht wieder zurück. Eine neue Bleibe hat sie inzwischen in Antweiler im Haus von Gina und Guido Jacobs gefunden, dem ehemaligen „Café Kunstwerk“. Dort und in Mechernich arbeitet sie, an der Bahnstraße meist an Restaurationen, Neues entsteht in Antweiler.

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Schirrmacher wirkt ruhig, mit sich und dem, was passiert ist, im Reinen. „Ich habe viel verloren, aber ich bin in der Lage, Neues zu schaffen“, sagt sie. Kunst könne auch in problematischen Zeiten einen Moment des Innehaltens bieten.

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