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NachwuchssorgenKaum einer will Metzger werden

Lesezeit 3 Minuten

Die Zahl der inhabergeführten Fleischereien im Kreis Euskirchen schrumpft zum Bedauern von Obermeister Albert Schneider.

Kreis Euskirchen – Manchmal hält Albert Schneider als Innungsobermeister Vorträge in Hauptschulen, zum Beispiel im Rahmen einer Lernpartnerschaft. Der Metzgermeister aus dem Kaller Höhenort Sistig erzählt den Schülern dann von seinem Handwerksberuf, schildert dessen Vor- und Nachteile und fragt am Ende, ob sich einer der jungen Leute vorstellen könnte, ein Praktikum in einer Fleischerei zu machen. „Es meldet sich in der Regel keiner“, berichtet Schneider in einem Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der 51-Jährige ist mit Leib und Seele Metzger, was ihn schließlich an die Spitze seiner Innung im Kreis Euskirchen gebracht hat. Aber in Zeiten großer Schlachtbetriebe und Verbrauchermärkte müssen die selbstständigen Fleischermeister um ihre Existenz kämpfen. Und das liegt vor allem daran, dass es kaum noch Jugendliche gibt, die diesen Beruf ausüben wollen. Das gilt sowohl für die Metzger als auch für die Fleischereifachverkäuferinnen.

Mehrere Filialen

Im Kreis existieren noch gerade mal 22 Metzgereibetriebe. Das kommt einem so unglaublich vor, weil die meisten mehrere Filialen haben. Albert Schneider beispielsweise hat vor 15 Jahren die frühere Metzgerei Hess in Kommern übernommen, die seine Schwester Trude Sons führt. Ehefrau Elke kümmert sich um die zweite Filiale in Zülpich, die seit sechs Jahren zum Familienunternehmen mit fünf Angestellten gehört.

Während sich die Leute im Fernsehen stundenlang Kochsendungen anschauen, in denen nur bestes Material in den Topf kommt, greifen viele im Supermarkt nach verpackten Fleischprodukten, statt in eine Metzgerei zu gehen. Discounter werben mit Kilopreisen für Gehacktes, bei denen eine normale Metzgerei nicht mithalten kann.

„Wir versuchen zu vermitteln, dass unser Aufschnitt selbst gemacht ist, nach alten Rezepten. Die Ware, die in den Fleischtheken der Verbrauchermärkte liegt, kommt meist aus großen Fabriken“, zeigte Schneider den Unterschied auf. Das Fleisch werde dort sehr schnell verarbeitet und liege oft schon einen Tag nach dem Schlachten im Supermarkt. „Bei uns muss das Fleisch, vor allem vom Rind, ein paar Tage abhängen und reifen, ehe wir es verkaufen.“

Schneider wäre ein schlechter Obermeister, wenn er die Vorzügen der Produkte aus nach alter Tradition arbeitenden Metzgerbetrieben nicht ständig betonen würde. Natürlich hat sich auch in seinem Handwerk einiges verändert. Es wird schon länger nicht mehr selbst geschlachtet. Aber selbst wenn das noch der Fall wäre, könnten die hiesigen Fleischer nicht ausschließlich auf Tiere aus der Region zurückgreifen, die unter ökologisch annehmbaren Bedingungen großgezogen wurden.

Meister mit 25 Jahren

„Wenn Grillzeit ist, brauche ich eben viele Koteletts und Schnitzel, wogegen heute im Vergleich zu früher weniger Rinderbraten gefragt ist“, so der Obermeister. So ein Stück Rind oder Schwein habe man ursprünglich immer als Ganzes verarbeiten müssen. Jetzt bestelle man in den Schlachtbetrieben eben die Stücke, die man gerade benötige. Schneider arbeitet mit den mittelständischen Schlachtereien Peter Müller in Müllenborn bei Gerolstein und Klaus-Dieter Fuchs in Prüm zusammen.

Der Sistiger Metzger hat mit 25 Jahren seinen Meister gemacht. Den Abwärtstrend in seiner Sparte nimmt er gelassen. „Für uns ist die Nische vielleicht auch eine Chance“, sagt er mit einem Achselzucken. Früher habe man Leuten, die das Handwerk erlernen wollten, vielfach absagen müssen. Heute finde man fast niemanden mehr, der eine Lehre machen wolle.

„Da, wo eine Metzgerei dichtgemacht wird, kommt keine neue mehr hin.“ Diese Erfahrung hat Albert Schneider gemacht. Während die Kinder von Kollegen aus der Innung ein Hochschulstudium bevorzugen, hat Albert Schneiders Sohn Thomas eine Lehre als Metzger absolviert, was die Perspektiven für den Sistiger Betrieb natürlich enorm verbessert. Aber die Zeiten, in denen gut gehende Metzgereien so viel abwarfen, dass es für mehrere Mietshäuser und eine eigene Jagd reichte, sind wohl vorbei. „Wir kommen gut zurecht. Mehr aber auch nicht“, versicherte Albert Schneider.