Ins Ärztezentrum in Nettersheim zieht auch eine Gynäkologin. Dadurch musste das Raumkonzept im Kloster verändert werden, ein Anbau wird nötig.
Auch Gynäkologin kommtAltes Kloster in Nettersheim entwickelt sich zu medizinischem Zentrum

Mutig sein: Das Raumkonzept im einstigen Kloster wird zugunsten der Praxisgemeinschaft erneut verändert.
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Still und heimlich hat sich in den vergangenen Jahren im Kloster in Nettersheim ein Gesundheitszentrum etabliert. Hier befinden sich nicht nur ein Hausarzt, sondern auch ein Internist und Kardiologe, eine Kinderärztin, die Physiotherapie „Pro Sanum“ sowie eine Praxis für Erwachsenen- und eine für Kinder- und Jugendpsychotherapie. Und allmählich gerät die Gemeinde als Hausherrin in Platznot, denn nun hat sich auch noch eine Gynäkologin für Nettersheim als Standort entschieden.
In Zeiten, in denen immer wieder der Ärztemangel auf dem Land diskutiert wird, ist das ein Luxusproblem für Bürgermeister Norbert Crump. Dennoch sei er bei der Anfrage ins Grübeln geraten. „Was machen wir jetzt?“, sei seine spontane Reaktion gewesen. Denn das Raumkonzept des Klosters war ausgereizt, der für die Praxisgemeinschaft vorgesehene Platz ausgeschöpft.
Der Ausbau des Gesundheitszentrums in Nettersheim ist ein Herzensprojekt
Doch Nettersheim als Gesundheitszentrum auszubauen, ist schon seit langem ein Herzensprojekt für Crump. So setzt er auch darauf, dass mit den Neubauten an der Rosenthalstraße und der Sonderbaufläche am Kloster weitere Möglichkeiten entstehen, Gesundheitsdienste und eventuell einen Wanderpfad anzusiedeln.
„Wir müssen mutig sein“, hieß also das Motto, mit dem die Aufteilung der Räume im Kloster noch einmal verändert wurde. Eine gewohnte Übung für die Verwaltung, denn seit die Sanierung nach jahrelangem Leerstand im Kloster in Angriff genommen worden war, hat die Planung mehrere Überarbeitungen erlebt. Zur Disposition stand jetzt der Speisesaal für die Akademie, die noch in den Startlöchern steht. Der sollte eigentlich mit einer Küche auf derselben Etage angesiedelt werden. Doch nun wurde er kurzerhand herausgenommen und das komplette Geschoss für die Praxisgemeinschaft reserviert. Durch den Raumgewinn wurde sogar eine Reserve für Erweiterungen geschaffen.

Blumen für die Neue: Bürgermeister Norbert Crump begrüßt Gynäkologin Caroline Lenz, die im Oktober mit einem Kassensitz das Team im Ärztezentrum verstärken wird.
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Platz schaffen: An der Stelle des heutigen Ausgangs an der Rückseite des alten Klosters entsteht ein Anbau.
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Doch wohin nun mit dem Speisesaal? Wenn der notwendige Raum nicht mehr da ist, muss er geschaffen werden – in diesem Fall mit einem Anbau auf der Rückseite des Klosters. Das sei mit der Denkmalbehörde bereits abgestimmt, sagte Crump, vor allem, da die Idee nicht ganz neu sei: „Bereits früher war an dieser Stelle eine überdachte Terrasse.“ Mit einem Holzständerwerk solle der Anbau errichtet werden, für den der Gemeinderat 450.000 Euro genehmigt habe.
Dass sich in Nettersheim mit Caroline Lenz nun auch eine Gynäkologin und Geburtshelferin ansiedelt, kommt nicht von ungefähr. Aus privatem Antrieb siedele sie sich in der Eifel an, berichtete sie. „Mein Mann kommt aus Dahlem“, begründete sie die lokale Verbundenheit. Noch arbeite sie in der Uniklinik, doch sie wolle in die Eifel. Mit der Idee, sich in Nettersheim niederzulassen, habe sie dort offene Türen eingerannt: „Die Resonanz war toll, diese Unterstützung, die ich bekommen habe, das war ein anderes Empfinden.“
Gynäkologin verstärkt das Team in Nettersheim im Oktober
Lenz ist es gelungen, einen KV-Sitz zu übernehmen, da eine Kollegin in Bad Münstereifel ihre Praxis aufgeben wolle. Ab 1. Juli werde sie dort für drei Monate übernehmen, bevor die Praxis nach Nettersheim übersiedele, wo sie am 1. Oktober eröffnet werden soll.
Die Praxisgemeinschaft, die in Nettersheim entstanden sei, habe eine Alleinstellung, so Lenz, die sich auf die Zusammenarbeit und den Austausch freut. Ein gutes Team sei dort mit inzwischen 13 Mitarbeitern. In der Praxisgemeinschaft arbeiten der Allgemeinmediziner Marc Puthen und die Kinderärztin Dr. Miriam Viktor, die auch ärztliche Psychotherapie für Kinder und Jugendliche anbietet, sowie der Kardiologe und Internist Dr. Achim Viktor unter einem Dach. Weiter finden sich im Kloster Regina Ohlig, Psychotherapeutin für Erwachsene, sowie Ulrike König und Sandra Krömer, die in einer Praxisgemeinschaft Kinder- und Jugendpsychotherapie anbieten. 2021 wurde die Arztpraxis im Kloster eröffnet.
Die Tätigkeit auf dem Land sei reizvoll, sagte Achim Viktor, der ursprünglich aus Bitburg kommt: „Es ist angenehm, dass man nicht so anonym lebt.“ Es sei ihm und seiner Frau Miriam, die aus Nettersheim stammt, wichtig, dass ihre Kinder auf dem Land aufwachsen. Integration? Kein Problem, schließlich sei er bei den der SG 69 Marmagen-Nettersheim als Fußballtrainer aktiv. „So viele Menschen wie hier habe ich noch nie gekannt“, sagte er. Die Zusammenarbeit in der Praxis habe viele Vorteile, sagte Puthen, der seit 20 Jahren in Nettersheim praktiziert. So gebe es immer eine Vertretung, und auch der fachliche Austausch sei gewährleistet.
Auch in der Forschung sei die Praxis aktiv. Sie ist Teil des HAFO NRW, des Hausärztlichen Forschungsnetzwerkes, das sich in Kooperation mit Universitätskliniken an Studien beteiligt. Dort gehe es etwa um die Behandlung von Harnwegsinfektionen mit Antibiotika oder Naturheilmitteln. Auch Kongresse mit Vorträgen und einem Wandertag hat die Praxis bereits durchgeführt, weitere sind in Vorbereitung.
Kapazitäten frei
Patienten werden noch aufgenommen, informierte Allgemeinmediziner Puthen. Und es bestehe auch noch Bedarf an Mitarbeitern. So seien weitere Kräfte gesucht, die sich in Nettersheim als Assistenzarzt zum Facharzt für Allgemeinmedizin weiterbilden wollten. „Die Befugnis zur Ausbildung liegt vor, wir würden uns freuen“, so Puthen.