EinstimmigSchleidener Ausschuss will Flächen für den Hochwasserschutz zur Not enteignen

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Blick auf das Tal der Olef zwischen Schleiden und Olef.

An der Olef wie hier zwischen Schleiden und Olef sowie an der Urft sollen Flächen abgebaggert und so Überflutungsflächen geschaffen werden.

Ein letztes Mal will die Stadt Schleiden versuchen, Grundstücke für den Hochwasserschutz an Urft und Olef zu kaufen. Ansonsten droht sie mit Enteignungen.

In dem Bemühen, Flächen an Urft und Olef für den Hochwasserschutz zu erwerben, wird die Stadt Schleiden den Eigentümern jetzt noch einmal ein letztes Kaufangebot unterbreiten. Parallel wird die Verwaltung aber auch Möglichkeiten für eine Enteignung prüfen. Diese Vorgehensweise hat der Stadtentwicklungsausschuss am Dienstag einstimmig dem Stadtrat empfohlen. Die endgültige Entscheidung, ob Verfahren bei der Bezirksregierung Köln nach § 71 Wasserhaushaltsgesetz eingeleitet werden, soll der Stadtrat dann in der zweiten Jahreshälfte treffen.

Die Stadt Schleiden hatte, wie berichtet, Bereiche an Urft und Olef unter die Lupe genommen, die aufgrund ihrer Lage und Größe für die Anlage von Retentionsflächen geeignet sind. Dazu gehören ein Areal an der Urft zwischen Gemünd und Anstois sowie zwei weitere an der Olef zwischen Olef und Schleiden sowie zwischen Oberhausen und Blumenthal.

Bei den Flächen handelt es sich laut Stadt um Ackerflächen oder Wiesen, die abgebaggert werden sollen, um so zusätzliches Rückstauvolumen zu schaffen. Mit der Maßnahme soll auch die Fließgeschwindigkeit der Gewässer deutlich reduziert werden. Dadurch gelangt nach Meinung der Verwaltung auch weniger Treibgut in die Orte, was wiederum die Gefahr von Rückstaus an den Brücken reduziere.

Rückhaltevolumen von bis zu 320.000 Kubikmetern

Mit einer Absenkung der drei Flächen um einen Meter kann nach einer vereinfachten Berechnung der Stadt ein zusätzliches Rückhaltevolumen von insgesamt bis zu 320.000 Kubikmetern geschaffen werden. Doch obwohl die Kaufangebote über dem jeweiligen Bodenrichtwert gelegen hätten, wollten nur sehr wenige Eigentümer ihre Grundstücke abgeben.

Rund 320.000 Quadratmeter möchte die Stadt erwerben, aber nur für gut 84.000 Quadratmeter wurde Verkaufsinteresse signalisiert. Deshalb, so die Verwaltung, müsse in letzter Konsequenz auf Grundlage des Paragrafen 71 des Wasserhaushaltsgesetzes auch auf Enteignungen zurückgegriffen werden.

Stadt hat mit rund 30 Eigentümern verhandelt

„Wir wissen ja alle, was bei der Flut passiert ist. In dem Fall ist das Allgemeinwohl wichtiger als das Interesse der Eigentümer“, erklärte Angelika Wallraf (FDP). Sie fragte die Verwaltung, wie viele Eigentümer betroffen sind, wie die Flächenkäufe bezahlt werden und ob es schon Gespräche mit den Nachbarn Kall und Hellenthal gegeben habe?

„Wir reden von rund 30 Eigentümern“, antwortete der Beigeordnete Marcel Wolter. Für die geplanten Maßnahmen gebe es Förderungen, sofern die Flächen in dem Hochwasserschutzkonzept für Urft und Olef aufgeführt seien, das vom Wasserverband Eifel-Rur erstellt werde. „Davon ist aber auszugehen, weil es einfach keine Alternativen gibt“, sagte Wolter. „Wir könnten auch warten, bis das Konzept vorliegt, aber das kann noch zwei oder drei Jahre dauern“, meinte der Beigeordnete. Im Rahmen der Arbeiten an dem Konzept gebe es auch eine interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen.

Enteignungen als die „letzte Patrone“ bezeichnet

Wallraf wollte dann noch wissen, ob es keine Alternativen zu Enteignungen gebe? „Die Stadt braucht auf jeden Fall einen Grundbucheintrag, und das kommt einer Enteignung schon sehr nah“, entgegnete der Beigeordnete. Bei einem Eintrag könne es aber Probleme bei Eigentümerwechseln geben.

„Keiner will enteignen. Das ist die letzte Patrone“, betonte Bürgermeister Ingo Pfennings. „Ich bin schon lange dabei und habe nie gedacht, dass ich mich ernsthaft einmal über Enteignungen unterhalten muss“, meinte Manfred Müller (CDU). „Ich appelliere an die Eigentümer, alles zu tun, damit dieser Schritt vermieden werden kann.“

Matthias Müller (FDP) sprach von einem massiven Eingriff, aber der Schutz vor Hochwasser gehe vor: „Letztlich greifen wir auch nur in die Nutzung einer Pferdewiese ein. Von uns wird erwartet, dass etwas getan wird.“ Die Verfahren bis zu den Enteignungen könnten allerdings auch Jahre dauern.

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