Ehrenamt in EuskirchenEuskirchener Schüler und Studenten geben Deutschunterricht
Euskirchen – Richtig gemütlich sieht es im Klassenzimmer der Euskirchener Marienschule aus. Auf den Tischen stehen Teller mit Keksen, Schokoriegeln und Gummibärchen. Mit vereinten Kräften wird die Tafel vollgeschrieben, damit alles bereit ist, wenn die Schüler kommen.
Die Schüler, das sind Flüchtlingskinder, die zurzeit in den Unterkünften im Kreis Euskirchen leben. Nina Eckert aus der Klasse 8c der Marienschule hatte im Radio davon gehört, dass viele der Flüchtlinge kaum oder kein Deutsch können. Mit ihren Freundinnen Anna Engelhard, Ann-Katrin Buchau, Zoë Becker und Anna Komp, ebenfalls aus der 8c, hatte sie eine Idee, und so fragten sie die Schulleitung, ob sie für Flüchtlinge Deutsch-Unterricht in den Räumen des Gymnasiums abhalten könnten. Die Schule war sofort einverstanden und stellte den Schülerinnen ihre Deutschlehrerin Martina Esterhaus zur Seite.
Als nächstes wandten sich die engagierten Mädchen an den Euskirchener Caritasverband. Dieser hatte bereits im Juli mit der Aktion „Neue Nachbarn“ eine Flüchtlingskoordination eingerichtet. Zusammen mit Peter Müller-Gewiss besuchten die Jugendlichen die Flüchtlingsheime im Kreis, um auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Und so kamen am 11. September sechs Flüchtlinge zwischen elf und 21 Jahren in die Marienschule, um Deutsch zu lernen.
Mittlerweile findet der Unterricht jeden Freitag nach Schulende statt. „Das ist gar nicht so einfach“, erzählt Anna Eckert. „Die Flüchtlinge haben unterschiedlichste Muttersprachen, sie kommen aus Ländern wie Syrien, Mazedonien und Kosovo. Auch sind ihre Deutschkenntnisse sehr unterschiedlich. Einige fangen bei Null an, andere brauchen Unterstützung bei Bewerbungsschreiben.“
Die Mädchen kümmern sich mit viel Engagement um ihre Schüler. Sie holen sie am Euskirchener Bahnhof ab, begleiten sie zur Schule und später auch wieder zurück. Beim Unterrichten hilft ihnen Lehrerin Martina Esterhaus, die immer wieder Tipps gibt. Dabei schlagen sich die jungen Lehrerinnen sehr gut, gehen langsam vor und können sich auf jeden einzelnen Schüler einlassen. Aber auch die Schüler untereinander helfen sich: Die besseren Schüler übersetzen für die schwächeren.
Martina Esterhaus zeigt sich ebenfalls begeistert vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Schülerinnen: „Man muss wirklich sagen, dass das etwas Besonderes ist. Sie machen das ganz wunderbar.“
Bezugspersonen in vielen Lebenslagen
Wunderbar engagiert sind auch Katrin Floss (25) und Anuscha Mamedi (23). Die beiden Studentinnen meldeten sich beim Caritasverband Euskirchen, kurze Zeit später begannen sie, Flüchtlingen die deutsche Sprache beizubringen. Mittlerweile geben sie dreimal die Woche Unterricht. „Das alles macht nicht nur Spaß, es kommt auch viel zurück. Und auch wir lernen ständig dazu, wir erfahren viel Interessantes über die Kultur unserer Schüler“, so die beiden Studentinnen.
Schön sei auch zu erleben, wie sehr sich die Flüchtlinge untereinander helfen und mit welchem Feuereifer sie dabei sind. „Man merkt richtig: Die wollen das!“, sagt Floss. Die meisten ihrer Schüler kommen aus Syrien, dem Irak und verschiedenen afrikanischen Staaten, sind zwischen 25 und 30 Jahren alt und männlich. Die Frauen sehen oft keine Möglichkeit, Sprachunterricht und Kinderbetreuung zu vereinbaren. „Hier sehen wir noch Verbesserungsbedarf“, so die beiden Studentinnen.
Begeistert erzählen sie, dass sie für die Flüchtlinge längst mehr als nur Lehrerinnen sind. Sie sind Bezugspersonen, die auch in anderen Lebenslagen um Rat gefragt werden. So gehen sie mit den Flüchtlingen auf Ämter und helfen ihnen, Formulare auszufüllen. Trifft man sich zufällig in der Stadt, kommt man immer miteinander ins Gespräch. „Für eine meiner Schülerinnen bin ich bereits so etwas wie eine Schwester“, sagt Mamedi gerührt. „Zu helfen habe ich im Grunde als meine Pflicht gesehen, Ich möchte etwas zurückzugeben, weil ich das Glück habe, nicht in einer so schrecklichen Lage zu sein.“