Döner-Läden und OptikerVielen Euskirchenern fehlt im Zentrum die Vielfalt – andere halten dagegen

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Menschen laufen an einem Bekleidungsladen in der Euskirchener Innenstadt vorbei.

Die Euskirchener Innenstadt ist nach wie vor ein beliebtes Einkaufsziel – nicht nur im Weihnachtsgeschäft.

Die Euskirchener Innenstadt – nicht viel mehr als Döner-Buden, Optiker und Handyläden? Die Stadt sieht das anders, hat aber auch wenig Einfluss auf die Geschäfte. Klar ist: Es fehlt etwas für junge Leute.

Ist aus dem Mittelzentrum Euskirchen eine Döner-Town geworden? Ist man mit Blick auf die sechs Optiker allein in der Fußgängerzone bei der Stadtentwicklung zu blauäugig gewesen? „Wir haben keinen Einfluss auf die Geschäfte in der Innenstadt. Das ist alleinige Sache des Vermieters“, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt: „Wir als Stadt besitzen in der Fußgängerzone keine Immobilie.“ Wer an wen vermiete, liege nicht in der Hand der Stadtverwaltung.

Tanja Gille ist seit drei Monaten Wirtschaftsförderin der Stadt Euskirchen. „Wir haben eine ausgewogene Struktur aus Filialisten und inhabergeführten Geschäften in Euskirchen“, sagt die Nachfolgerin von Svenja Zeimetz. Das mit der ausgewogenen Struktur sehen einige Euskirchener anders. In sozialen Netzwerken wird die fehlende Vielfalt an Geschäften in der Kreisstadt kritisiert. Der Vorwurf: Euskirchen hat nur noch Döner-Buden, Optiker und Handyläden zu bieten.

Auch mediterrane, US-amerikanische und asiatische Küche in Euskirchen

Christian Lange kann die Kritik nicht nachvollziehen. „Die Gastronomie in Euskirchen befindet sich im richtigen Verhältnis“, sagt er mit Blick auf das kulinarische Angebot der Kreisstadt im Bereich der Fußgängerzone. Die vier Döner-Läden bilden da laut dem Einzelhandelsexperten und Vorstandsmitglied des Stadtmarketingvereins Zeus keine Ausnahme.

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Lange hat das ehemalige Schuhhaus Bollig am Alten Markt selbst an Ilhan Öz verpachtet. Der Chef des Stern-Grills macht seit einem Jahrzehnt in Euskirchen in Döner und Pizza. Zudem gibt es noch den Meister-Grill im ehemaligen McDonalds an der Wilhelmstraße, No Names und seit einigen Tagen den Mangal-Döner von Lukas Podolski. Aber auch die spanische, italienische, US-amerikanische, griechische und asiatische Küche findet sich in der Fußgängerzone wieder.

Bei der Eröffnung des Döner-Ladens Mangal bildet sich eine Schlange.

Lange Schlange bei der Eröffnung: Auch am Klosterplatz werden nun Döner verkauft – von Lukas Podolski.

„Das Einzige, was in Euskirchen fehlt, ist die deutsche Küche – egal, ob modern oder traditionell. Da setze ich auf die Posthalterei“, sagt Lange. Das Angebot an Textilien und Schuhen reiche aus für ein Mittelzentrum.

Auffällig sei allerdings die große Anzahl von Optikern. Acht Brillen-Fachgeschäfte gibt es mittlerweile in Euskirchen – allein sechs an der Neustraße. „Ob das so gut ist, weiß ich nicht. Es scheint aber ein Riesenmarkt vorhanden zu sein“, sagt Lange, der selbst Brillenträger ist: „Vielleicht ist das bereits sehr zukunftsorientiert, weil ja angedacht ist, dass auf lange Sicht die Brille das Handy ablöst.“ Für die Optiker scheint das gefühlte Überangebot kein Problem zu sein. „Wir haben alle unsere Stammkunden. Zu uns kommen die Menschen auch aus Rheinbach. Und da gibt es sicherlich auch Optiker“, sagt einer.

Was Lange immer wieder höre, sei, dass Euskirchen etwas für junge Leute brauche. Beispielsweise einen Foot Locker oder Snipes. „Robert Ley hat das mit dem Cube super gemacht, aber es ist leider nicht in der Innenstadt“, sagt der Experte.

Die Innenstadt im Bereich der Fußgängerzone sieht aus wie sau.
Christian Lange

Doch auch mit einem Angebot für junge Leute wäre laut Lange noch nicht alles Gold, was glänzt. „Die Innenstadt im Bereich der Fußgängerzone sieht aus wie sau“, ärgert sich der Euskirchener. Er gucke gerade täglich auf eine große Baustelle gegenüber seinem Schuhhaus, die so nicht sein müsse. Aber es gebe auch andere Flecken, die nicht gerade Werbung für die Innenstadt machten. „Dennoch hat Euskirchen viel zu bieten. Es ist schade, dass viele Menschen häufig negativ über uns sprechen. Wir werden viel zu kritisch betrachtet“, sagt Lange.

Carlo Wisskirchen ist ebenfalls in Euskirchen verwurzelt, stand mit seiner Schwester lange an der Spitze der Eigentümer-Gesellschaft des Kinocenters Galleria. Er könne die Entscheidung so manchen Vermieters, auf Dienstleistungen statt Einzelhandel zu setzen, nachvollziehen. „Es gibt Dinge, die lassen sich übers Internet eben schlechter bestellen als andere. Und das Internet wird das Erscheinungsbild einer Innenstadt weiter verändern“, ist Wisskirchen sicher.

Und selbst ohne weitere Bestellungen per Mausklick wird es Veränderungen in der Fußgängerzone geben. So steht fest, dass der Betreiber des Unverpackt-Ladens, Emrah Salihi, aus persönlichen Gründen das Handtuch schmeißt. Einen Nachfolger für das Geschäftsmodell im ehemaligen Foto-Regh-Gebäude gibt es – Stand jetzt – nicht.

Eine Entwicklung, die Bürgermeister Sacha Reichelt bedauert. Gleichzeitig ermuntert der Verwaltungschef, die Kreisstadt für sich zu entdecken. „Euskirchen bietet Unternehmern jederzeit eine Chance“, sagt er: „Wenn wir möchten, dass die Innenstadt attraktiv bleibt, müssen wir auch aktiv dahin gehen und dort einkaufen.“

Emrah Salihi steht in seinem Unverpackt-Laden

Schließt seinen Unverpacktladen: Emrah Salihi.

Doch auch der Bürgermeister sieht noch Potenzial in seiner Heimatstadt – anders als Lange auch bei der Gastronomie. „Wir brauchen mehr Grün in der Innenstadt und müssen die Aufenthaltsqualität steigern“, sagt Reichelt. Dies könne beispielsweise mit einem neu gestalteten Klostergarten gelingen, wenn das City-Forum erst einmal endgültig Geschichte ist. Die Veranstaltungshalle soll in der City Süd hinter dem Bahnhof neu gebaut werden. Dort soll auch das neue Rathaus seinen Platz finden. Und ein Quartier, das Platz für bis zu 3500 Menschen bieten wird.

City-Forum keine Konkurrenz für die Innenstadt

Könnte dieses Euskirchen 2.0 dem jetzigen Zentrum vielleicht sogar schaden? „Nein“, sagt Reichelt entschlossen. Von dort sei es ein Katzensprung in die Innenstadt. Für Euskirchener und für Besucher will der Verwaltungschef die Bahnhofstraße noch mehr zum Eingangstor zur Stadt machen. Die Entscheidung, die Straße dauerhaft zur Fußgängerzone zu machen, könne nur der Anfang sein. Die Entscheidung helfe auch, sich beim Einzelhandel weiter auf die Achsen Bahnhof/Alter Markt und Breite Straße/Spiegelstraße zu konzentrieren. „Von Außenstehenden erhalten wir für die Fußgängerzone oft positives Feedback“, so Reichelt: „Klar, wir haben nicht die Kö, wollen sie aber auch nicht.“

Und die Wilhelmstraße? Laut Verwaltungschef Reichelt hat die Straße viel Potenzial – aufgrund ihrer Breite schon allein für Gastronomie. Sie vom Verkehr zu befreien, gehe aber nicht so einfach wie bei der Bahnhofsstraße, sagt er.

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