Wegen sieben Straftaten ist ein Euskirchener angeklagt – laut Staatsanwaltschaft hat er alle im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen.
Othello-Syndrom?Eifersüchtiger Ehemann aus Euskirchen soll seine Frau gewürgt haben

Vor dem Landgericht in Bonn findet ein Prozess gegen einen 58-Jährigen aus Euskirchen statt.
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Othello ist so überzeugt von der Untreue seiner Ehefrau Desdemona, dass er sie erwürgt. Ein derartiger Wahn, den William Shakespeare zu einem Drama komprimiert hat, wird als „Othello-Syndrom“ bezeichnet. Der Vorsitzende Richter der 10. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts, Marc Eumann, erinnerte zu Beginn eines Verfahrens gegen einen 58-jährigen Lkw-Fahrer an diese klassische Vorlage.
Der Mann ist angeklagt, zwischen dem 23. Juni und 7. November 2024 in Euskirchen seine Frau angegriffen zu haben, weil er geglaubt habe, sie betrüge ihn. Vorgeworfen werden ihm sieben Straftaten, von gefährlicher Körperverletzung über Bedrohung und Nötigung bis zu verbotenem Autorennen – laut Staatsanwaltschaft alle begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit.
Euskirchener soll seiner Frau Untreue vorgeworfen haben
Am 23. Juni soll der Deutsch-Russe seiner Frau, mit der er seit 1989 verheiratet ist, im Beisein der gemeinsamen Tochter (35) vorgeworfen haben, sie hintergehe ihn. Zum Beweis spielte er ihr eine Aufzeichnung angeblicher Sexgeräusche vor. Als die Ehefrau das abgestritten und die Tochter sich über ihn lustig gemacht habe, soll er diese gewürgt haben. Die 35-Jährige habe bereits ein letztes „Vater unser“ gebetet, als die Mutter dazwischen gegangen sei.
Kaum war die Tochter gegangen, warf der Mann seiner Ehefrau laut Anklage erneut Untreue vor: „Gib zu, dass du wieder huren warst!“, soll er gerufen und den Namen des angeblichen Liebhabers verlangt haben. Als sie nicht reagiert habe, so die Staatsanwaltschaft, soll er sie mit einem Bademantelgürtel gewürgt haben. Er habe erst aufgehört, als sie ihn an ihre beiden Kinder erinnert und um Gnade gefleht habe.
Verfolgungsfahrt führte mit 180 km/h durch Euskirchen
Weil er seine Frau danach weiter über Handynachrichten bedroht habe, erteilte ihm die Polizei ein Wohnungsbetretungsverbot. Das ignorierte er. Er sei am 9. Oktober 2024 zurückgekehrt und habe die Ehefrau schreiend mit zwei Messern und einer Brechstange verfolgt. Anschließend war er vom 11. Oktober bis 6. November in der geschlossenen Abteilung des Marien-Hospitals untergebracht, in dem ihn am 22. Oktober eine Einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Euskirchen erreichte, mit der ihm der Kontakt zu Frau und Tochter untersagt wurde.
Doch einen Tag nach der Entlassung aus dem Krankenhaus soll er seiner Frau an ihrer Arbeitsstelle in Euskirchen aufgelauert haben, mit dem Auto auf sie zugefahren sein und dabei gerufen haben: „Hast du Angst?“ Danach sei er auf den Pkw einer Kollegin zugesprungen, habe die Tür aufgerissen und sie angeschrien, sie habe seine Frau geküsst.
Die Ehefrau suchte das Weite, verfolgt von ihrem Mann, an den sich eine alarmierte Polizeistreife heftete. Der Berufskraftfahrer gab Gas, raste mit Tempo 80 durch eine verkehrsberuhigte Zone, beschleunigte auf der Kölner Straße auf 150 km/h, kam dabei Passanten gefährlich nahe und missachtete rote Ampeln. Als er auf 180 km/h hochdrehte, brachen die Polizisten wegen des zu hohen Risikos die Verfolgung ab. Er wurde noch in der Nacht festgenommen und ist seitdem in der psychiatrischen Klinik in Bedburg-Hau untergebracht.
Ob der Angeklagte tatsächlich am „Othello-Syndrom“ leidet, soll die Sachverständige Dr. Miriam Klingenberg von der LVR-Klinik Bonn herausfinden. Aber bis zum Verhandlungsbeginn hat der Angeklagte jedes Gespräch mit ihr verweigert.