Offener VollzugHäftling flüchtet aus Erlenhof in Euskirchen – Freund von Ex-Bandido-Chef

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Das Bild zeigt das Verwaltungsgebäude der Justizvollzugsanstalt in Euskirchen.

Aus dem Offenen Vollzug am Erlenhof in Euskirchen ist seit Weihnachten ein Häftling nicht zurückgekehrt.

Ein Häftling ist aus der JVA Euskirchen geflüchtet. 31-Jähriger soll mit Ex-Bandido-Chef befreundet sein. Der türmte 2022 aus dem Erlenhof.

Ein Häftling der Justizvollzugsanstalt Euskirchen ist aus einem genehmigten Langzeitausgang über Weihnachten nicht zurückgekehrt. Dies bestätigte Anstaltsleiterin Jennifer Rybarczyk auf Anfrage dieser Redaktion. Wie die Erlenhofchefin weiter berichtet, sei der 31-Jährige am 26. Dezember nicht in die JVA zurückgekehrt.

Bei positiver Sozialprognose wäre für den Mann eigentlich eine Entlassung in etwa einem Jahr in Betracht gekommen, so Rybarczyk. Der Mann sei seit etwa einem Jahr im offenen Vollzug in Euskirchen gewesen und habe „zum Zweck der Wiedereingliederung unter anderem Langzeitausgänge erhalten.“ Eine Fahndung sei „umgehend eingeleitet“ worden, sagt die JVA-Leiterin im Gespräch mit dieser Redaktion.

Offener Vollzug: keine oder geringere bauliche Fluchthindernisse

Der offene Vollzug zeichne sich gesetzlich dadurch aus, dass es keine oder geringere bauliche Fluchthindernisse vorhanden seien. Rybarczyk: „Die Gefangenen haben hier schon viel mehr Freiheiten, als beispielsweise in Rheinbach.“

Das Justizministerium wusste von der Flucht zunächst nichts. Ein Sprecher betonte, dass ein solcher Vorgang im Offenen Vollzug auf Anstaltsebene behandelt werde – das Ministerium hätte also nicht informiert werden müssen.

JVA Euskirchen: Vor einem Jahr flüchtete der Kölner Ex-Bandido-Chef

Nach den Presseberichten habe das Justizministerium aber einen offiziellen Bericht bei der JVA angefordert. Wie Rybarczyk sagt, sei der Vorfall umgehend gemeldet worden. Weitere Informationen dürfe sie aus datenschutzrechtlichen Gründen und wegen weiterer derzeit noch laufender Klärung des Sachverhalts nicht geben.

Vor etwa einem Jahr sorgte ein ähnlicher Fall für Aussehen. Allerdings kehrte der ehemalige Chef der Kölner „Bandidos“ nicht aus einem Freigang in den Erlenhof zurück. Stattdessen flüchtete er durch ein Fenster der JVA. Der Mann, der nach Schüssen am Kölner Hauptbahn 2020 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, flüchtete kurz vor Weihnachten 2022 aus dem Erlenhof.

Wenn die Prognose gut ist, also wenn eine vertretbar geringe Flucht- und Missbrauchsgefahr gegeben ist, dann steht einem offenen Vollzug nichts im Weg.
Jennifer Rybarczyk, Leiterin des Erlenhofs

In einem Papier des Düsseldorfer Landtags werden Details zu der Flucht enthüllt. Anfang November 2021 kam der Chef der Bandidos in Haft, kurz vor Weihnachten 2022 wechselte er in den Offenen Vollzug und kam in einen Trakt ohne vergitterte Fenster.

Demnach ließ die Haftanstalt nach einem Drogenfund 16 Gefangene zum Urintest antreten. Das Ergebnis: Der Rockerboss hatte Drogen genommen. Er kletterte laut Bericht aus dem Fenster seiner Zelle und setzte sich nach Spanien ab. Im vergangenen Oktober wurde er in Malaga festgenommen. Nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft sitzt er seit Anfang November in spanischer Auslieferungshaft.

Nach Informationen dieser Zeitung sind der aktuell geflüchtete Häftling und der damals entwichene „Bandidos“-Rocker übrigens befreundet.

Ein genehmigter Langzeitausgang über Weihnachten sei immer eine Einzelfallentscheidung. „Das dürfen nur Leute, die schon länger hier, die sich auch bewährt und kürzere Ausgänge anstandsfrei absolviert haben“, so Rybarczyk: „Wenn die Prognose gut ist, also wenn eine vertretbar geringe Flucht- und Missbrauchsgefahr gegeben ist, dann steht einem offenen Vollzug nichts im Weg.“

Aber, so die Erlenhof-Chefin weiter: „Natürlich gibt es Menschen, die nicht mehr zurückkommen. Das kann passieren, wenn in einer JVA mehrere Hundert, wenn nicht gar tausend Menschen pro Jahr hier ein und aus gehen. In der Regel werden sie aber relativ zügig wieder gefasst.“

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