Bis 2019 organisierte die Diakonie ein Sommerprogramm. In diesen Ferien präsentiert die Lebenshilfe Euskirchen ein vielfältiges Angebot.
Sechs Jahre pausiertLebenshilfe Euskirchen bietet Freizeit für Schüler mit Behinderungen

Freuen sich, in den Sommerferien eine Eins-zu-eins-Betreuung für Menschen mit Behinderungen anbieten zu können: Christian Meyer, Geschäftsführer der Lebenshilfe Euskirchen und Claudia Rapp-Ludwig, Leitung des Bereichs Offene Hilfen bei der Lebenshilfe Euskirchen.
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Sechs Jahre ist es her, seitdem in Euskirchen eine Sommerfreizeit für Schüler und Schülerinnen mit Behinderungen angeboten worden ist. Die Diakonie Euskirchen sei bis 2019 verantwortlich gewesen, erinnern sich Christian Meyer und Claudia Rapp-Ludwig vom Verein Lebenshilfe Euskirchen. Dann sei die Corona-Pandemie gekommen. Die Ferienbetreuung für Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen habe seitdem nicht mehr stattgefunden. Aktuell sei der kirchliche Träger zudem ausgelastet: Die Fusion mit Bonn zum Diakonische Werk Bonn und Region erfordere derzeit alle Kräfte.
So kommt es, dass die Lebenshilfe Euskirchen in den Sommerferien ein Programm für Schülerinnen und Schüler mit speziellen Bedarfen präsentiert. Geschäftsführer Christian Meyer und die Leiterin des Bereichs Offene Hilfen, Claudia Rapp-Ludwig erläutern, warum ihre Selbsthilfevereinigung für Menschen mit Behinderungen viel Aufwand betrieben hat, um die Ferienbetreuung neu aufzulegen.
Wir wollen eine Möglichkeit bieten, bei der die Kinder gut betreut, gepflegt und versorgt werden können.
„Die Ferienbetreuung kann keiner leisten“, sagt Christian Meyer angesichts des teils hohen Pflege- und Betreuungsbedarfs für einige Kinder und Jugendliche mit geistigen und/oder körperlichen Einschränkungen. Weder die arbeitenden Eltern, noch die Großeltern, noch die OGS. Der Bedarf bei den Eltern sei aber riesig, so der 37-Jährige. Es brauche Profis, die mit den besonderen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler umgehen könnten, pflichtet Claudia Rapp-Ludwig bei: „Die Eltern werden vor ein immenses Problem gestellt. Sie müssen sechs Wochen Ferien einfach überbrücken. Jeder, der Kinder hat, weiß, wie schwierig das ist.“
Angestoßen durch ein Vorstandsmitglied, das selbst eine Tochter mit Behinderung hat, hat die 46-Jährige im Kreis Euskirchen Anbieter für Schulbegleitungen und Förderschulen angefragt, ob deren Fachkräfte die Freizeit begleiten könnten. Das Ergebnis: Eins-zu-eins-Betreuung. 15 qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich drei Wochen lang um 15 Kinder und Jugendliche, täglich von 9 bis 16 Uhr in einem vielfältigen Programm. „Wir wollen eine Möglichkeit bieten, bei der die Kinder gut betreut, gepflegt und versorgt werden können“, so Christian Meyer. Das diene auch zur Entlastung der Eltern.
Worauf er und seine Kollegin geachtet haben: „Die Sechs- bis Vierzehnjährigen müssen Räume zur Ruhe und Entspannung haben.“ Es sei obligatorisch, dass die Zubetreuenden auch mal Abstand von der Gruppe hätten. Kinder im Autismusspektrum etwa benötigten Rückzugsorte. Das gelte sowohl für die Tage in den Räumlichkeiten der Lebenshilfe Euskirchen, als auch für die überwiegenden Ausflugstage. Man habe vorher sichergestellt, dass die Ausflugsziele den Anforderungen genügten. Zugutekomme auch, dass einige der Schulbetreuer und -betreuerinnen die Kinder bereits kennen und sie demnach besser einschätzen können, erläutert Claudia Rapp-Ludwig. Überfordernde Situationen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer könne man so oft vorbeugen.
Teilnehmende können Rheinbach Park, Freilichtmuseum und das Wildfreigehege in Kommern besuchen
Die Leiterin des Bereichs Offene Hilfen war zudem auf ein abwechslungsreiches Programm bedacht. Dabei hatte sie die Jugendlichen im Hinterkopf, die mehrere Wochen teilnehmen. Das reicht von einem Besuch beim Rheinbach Park, über Spieleabende, bis hin zu Ausflügen ins Freilichtmuseum oder das Wildfreigehege in Kommern. Das Programm entlaste nicht nur die Eltern, auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermögliche man einen sozialen Austausch, der außerhalb der Freizeit nicht denkbar sei.„ Die Eltern sind mit der Betreuung ihrer Kinder oft herausgefordert, da können nicht mal eben Freunde vorbeikommen“, gibt Christian Meyer zu bedenken.
„Die ganzen Anträge sind neu für uns“, sagt Claudia Rapp-Ludwig. Sonst arbeite der Verein vor allem mit Erwachsenen. Bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stellten sich spezifische Fragestellungen, etwa um die Befugnisse der Betreuer und Betreuerinnen. Dürfen sie Sonnencreme auftragen? Zecken entfernen? Medikamente verabreichen?
Derartige Fragen seien haufenweise aufgekommen, berichten die beiden. Viele Absprachen waren nötig. Damit sie nicht unangenehm überrascht werden, tauschte sich die Lebenshilfe Euskirchen im Vorfeld mit den Schulbegleiterinnen und -begleitern aus, die einige Überlegungen bereits aus ihrem beruflichen Rahmen kennen. Danach wurde nach Wegen gesucht, die schulischen Erlaubnisse auf den Freizeitbereich zu übertragen. Das sei aufwändig gewesen, für die nächsten Jahre habe man aber Erfahrungswerte sammeln können.
Stark für Kinder e.V. Euskirchen und Verein Haus Lebenshilfe unterstützen Ferienfreizeit mit Spenden
Doch auch die Finanzierung stellte die Lebenshilfe Euskirchen vor Herausforderungen. „Alle Kinder können über die Tageskasse einen Pflegesatz von 99,50 Euro abrechnen“, so Christian Meyer. Damit könne man aber nicht alle Kosten abdecken: Betreuungs-, Raum- und Fahrtkosten, Verpflegung, etc..
Die Lösung? Spenden. „Der ‚Stark für Kinder e.V. Euskirchen‘ beteiligt sich mit 1000 Euro“, freut sich Christian Meyer: „Vom ‚Verein Haus Lebenshilfe‘ bekommen wir 3000 Euro.“ Claudia Rapp-Ludwig ergänzt: „Ich denke, die Kalkulation müsste hinkommen, das wird sich dann zeigen.“ „In unserem Selbstverständnis als Eltern- und Selbsthilfevereinigung ist es uns wichtig, dieses Angebot zu schaffen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten freuen wir uns darauf.“
Das Alter der Teilnehmenden reicht von 6 bis 14 Jahren. Auch ältere Schülerinnen und Schüler können mitmachen. Ein paar Plätze für die Ferienfreizeit sind noch offen, die am besten per E-Mail angefragt werden.