SuchttoteStatistisches Landesamt meldet drastische Steigerung im Kreis Euskirchen

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Im Jahr 2020 sind im Kreis Euskirchen 45 Menschen durch Drogenmissbrauch gestorben.

Kreis Euskirchen – Die Zahlen sind alarmierend: Laut aktueller Erhebung des statistischen Landesamts NRW sind im Jahr 2020 im Kreis 45 Menschen durch Drogenmissbrauch gestorben.

Im Jahr davor waren es 22, womit von einer Steigerung um 104,5 Prozent die Rede ist.

Von den 45 Menschen starben 40 Menschen durch den Konsum von Alkohol – im Jahr zuvor waren es 22 – und fünf Menschen durch illegale Drogen. Die zu Grunde gelegten Daten basieren auf den Angaben in den ausgestellten Todesbescheinigungen.

Grund könnte auch die Corona-Pandemie sein

 „Diese Entwicklung zeigt sich auch deutlich am Anteil der Todesfälle durch Drogenmissbrauch an allen Todesfällen im Kreis – er stieg von 1,0 Prozent auf 1,8 Prozent“, heißt es in einer Pressemitteilung der IKK Classic, einer der großen Krankenkassen in Deutschland.

„Ein Grund für diese Entwicklung war sicherlich auch die Corona-Pandemie“, mutmaßt deren Pressesprecher Michael Lobscheid. „Viele suchtkranke Menschen sind durch die Pandemie in eine verstärkte Lebenskrise geraten, gewohnte Strukturen, persönliche Hilfsangebote und Ansprechpartner sind praktisch von einem Tag auf den anderen weggebrochen – mit entsprechenden Folgen“, so der IKK- Classic-Sprecher.

Suchtberatungsstelle

Auch für Angehörige und Freunde

Menschen, die mit Problemen wie Alkohol-, Medikamenten-, Drogensucht oder auch Spielsucht kämpfen, können sich an die Caritas-Suchtberatung in Euskirchen wenden. Dort stehen die jeweiligen Fachberater auch Angehörigen, Freunden und Kollegen Betroffener mit Information und Beratung zur Seite.

Sprechstunden in der Eifel

„Darüber hinaus vermitteln wir in ambulante oder stationäre Entwöhnungsbehandlung sowie in andere flankierende Hilfen oder Selbsthilfegruppen“, heißt es seitens der Caritas. Sprechstunden werden auch in Schleiden und Blankenheim angeboten.  

Um so wichtiger sei es, „die Suchthilfe und die Prävention auf allen Ebenen weiter zu stärken und auch bei der möglichen Coronawelle im Herbst aufrechtzuerhalten“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Der Erfolg der Präventions- und Suchtarbeit zeige sich beispielsweise daran, dass die Zahl der Drogentoten im Kreis Euskirchen trotz der Steigerung im Jahr 2020 verglichen mit 2010 um 25 Prozent gesunken ist.

Keine Nachfragesteigerung in der Suchtberatungsstelle

In der Fachambulanz Sucht des Caritasverbandes Euskirchen hat man keine Steigerung der Nachfrage an Beratung und Begleitung verzeichnen können. „Die Telefonkontakte haben in diesem Zeitraum zugenommen. Phasenweise gab es eine Abnahme der Inanspruchnahme, insbesondere in der Hochphase von Corona und nach der Flut“, sagt Marion Schäfer.

Man gehe intern davon aus, dass es schlichtweg damit zusammenhängt, dass viele Bürgerinnen und Bürger mit der Sicherung ihrer Existenz beschäftigt waren. „Wir waren aber durchgehend für alle Hilfesuchenden da und haben auch die Telefonberatung ausgebaut“, so die Mitarbeiterin der Fachambulanz.

Stressfaktoren waren für viele Menschen deutlich erhöht 

Dass sich während der Corona-Zeit die Stressfaktoren für viele Menschen deutlich erhöht haben, könne durchaus zu verstärktem Alkoholmissbrauch geführt haben, meint Schäfer. Das allerdings spiegelt sich nicht in einer erhöhten Klientenzahl oder gesteigertem Beratungsbedarf in der Suchtberatungsstelle wider.

Die hohe Zahl Verstorbener, die das Statistische Landesamt erhoben hat, nehme man in der Caritas-Suchthilfe durchaus ernst. „Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir mit unseren Angeboten an diese Menschen im Vorfeld herankommen können“, meint Schäfer.

Hoch problematischer Umgang mit Alkohol in Deutschland

Auch IKK-Classic-Sprecher Michael Lobscheid betont: „Selbst wenn die allgemeine Entwicklung positiv ist, sollte man sich nichts vormachen: Noch immer ist der Umgang mit Alkohol und Drogen in Deutschland hochproblematisch.“

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So wird laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Deutschland deutlich mehr getrunken als im Rest der Welt. Jeder Deutsche über 15 Jahren konsumiert im Schnitt 11,8 Liter reinen Alkohol im Jahr, das entspricht rund 500 Flaschen Bier. Weltweit liegt der Alkoholkonsum mit 6,2 Litern an reinem Alkohol noch nicht einmal halb so hoch. Auch in Europa wird weniger getrunken: Hier sind es 10,9 Liter reiner Alkohol pro Jahr.  

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