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FinanzproblemDer Musikschule Erft-Swist in Weilerswist droht das Aus

Lesezeit 3 Minuten
Das Symbolfoto zeigt ein Kind, das Gitarre spielt.

Auch Gitarre wird an der Weilerswister Musikschule unterrichtet.

Laut Gerichtsurteil von 2022 gelten Honorarkräfte an Musikschulen als scheinselbstständig und müssen sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Zu teuer für die Musikschule Erft-Swist in Weilerswist.

Ein Paukenschlag für die Weilerswister: Der Musikschule Erft-Swist droht nach Angaben von Leiter Thomas Väth das Aus. Der Grund: ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2022. Das sogenannte Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts bringt erhebliche Veränderungen mit sich. Dem Urteil zufolge gelten Honorarkräfte an Musikschulen faktisch als scheinselbstständig. Daher müssen sie sozialversicherungspflichtig angestellt werden.

„Die Umstellung auf Festanstellungen führt zu deutlich höheren Betriebskosten, da neben Gehältern auch Sozialabgaben gezahlt werden müssen“, erklärt der Schulleiter. Laut Väth kommen auf die Musikschule Mehrkosten in Höhe von 30.000 bis 40.000 Euro zu. Geld, das der Verein nicht auf der hohen Kante hat.

400 Musikschüler werden in Weilerswist unterrichtet

„Wir sind Jahr für Jahr auf Kante genäht“, sagt Väth im Gespräch mit dieser Zeitung. Und das, obwohl die Mitgliederzahl und der Umsatz in den vergangenen Jahren stetig gestiegen seien. „Ohne ausreichende Unterstützung durch öffentliche Mittel müssten die entstehenden Mehrkosten an die Eltern weitergegeben werden, was den Musikunterricht für viele Familien unerschwinglich machen könnte“, so Väth.

Nach Angaben des Schulleiters werden aktuell etwa 400 Musikschüler unterrichtet – generationsübergreifend. „Durch Musik entwickeln Kinder bessere Motorik, erhöhen Ihre Aufmerksamkeit, Kreativität, Kommunikations- und Sprachfähigkeit und entwickeln höhere Empathie sowie Verständnis im Umgang mit Konflikten“, sagt Väth.

„JeKits“ des Landes NRW stellt auch kostenlose Musikinstrumente

Folgerichtig sei die Musikschule seit fünf Jahren in Kooperation mit dem Grundschulverbund Erft-Swist auch im kulturellen Förderprogramm des Landes NRW „JeKits“ tätig. JeKits steht für „Jedem Kind Instrumente, Tanzen und Singen“. Ziel von JeKits sei es, jedem Kind unabhängig von Herkunft und sozialem

Umfeld die Möglichkeit zu geben, ein Instrument zu erlernen, berichtet Väth: „Etwa 200 Grundschulkinder in Weilerswist und seinen Ortsteilen bekommen im Rahmen von JeKits kostenlosen Musikunterricht durch die Lehrkräfte der Musikschule. Zudem stellen wir allen JeKits-Kindern die benötigten Musikinstrumente kostenlos zur Verfügung.“

Wir sind Jahr für Jahr auf Kante genäht.
Thomas Väth, Leiter der Musikschule Erft-Swist

Allein in den vergangenen zwei Jahren habe die Musikschule JeKits-Instrumente im Wert von mehr als 20.000 Euro angeschafft. Davon seien vom Ministerium 50 Prozent bezuschusst worden.

Die Musikschule arbeite derzeit an Lösungen, um den Betrieb langfristig zu sichern und weiterhin ein breites musikalisches Angebot für Weilerswist bereitzustellen. So habe man lokale Unterstützer und politische Entscheidungsträger dazu aufgerufen, gemeinsam Wege zu finden, um diese Krise zu bewältigen und die kulturelle Bildung in der Region zu erhalten. „In einer zertifizierten familienfreundlichen Kommune keine Musikschule zu haben, die viele Kinder unterrichtet, wäre schon ein Armutszeugnis“, so Väth.

Gemeinde Weilerswist will im Laufe des Jahres beraten

Während die umliegenden Musikschulen Unterstützung der Städte und Gemeinden erhalten, sei die Musikschule Erft-Swist auf Eigenfinanzierung angewiesen. Ohne zusätzliche Zuschüsse drohten drastische Beitragserhöhungen oder sogar die Schließung, so Väth, der nach eigenen Angaben mehrfach das Gespräch mit der Gemeindeverwaltung gesucht hat. Dem Schulleiter zufolge bisher ohne Erfolg.

Und die allererste Geige scheint die Musikschule für die Gemeinde nicht zu spielen. Wie Henning Hand, Wirtschaftsförderer der Gemeinde, auf Anfrage mitteilte, handele es sich bei der Musikschule um einen Verein und keine kommunale Einrichhtung. Daher könne man die kommunale finanzielle Unterstützung in Brühl oder dem Musikschulzweckverband Schleiden, dem acht Kommunen aus dem Kreis Euskirchen angehören, nicht mit der Situation in Weilerswist vergleichen.

Die Gemeinde stelle, so Hand, der Musikschule die Räumlichkeiten im Haus Heskamp kostenfrei zur Verfügung. Damit ergebe sich eine indirekte Förderung des Musikschulbetriebs in Höhe von rund 25.000 Euro pro Jahr. Über weitere Förderungen werde im Laufe des Jahres beraten.

Peter Rack, Leiter des Musikschulzweckverbands Schleiden, berichtet, dass man schon vor Jahren mit der Umstellung der Honorarverträge begonnen habe. Und nicht nur das: Der Musikschulzweckverband Schleiden will die Gehälter der Lehrkräfte an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst angleichen. Dafür zahlt alleine Zülpich 45.000 Euro an Umlage.