Kommunalwahl 2020 in WeilerswistUnmut der Bürger über Verwaltung und Rat ist groß

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So idyllisch wie am Swister Berg geht es in der Gemeinde nicht immer zu. Es gibt diverse Baustellen. 

Weilerswist – Viele Neubürger hat es in den vergangenen Jahren in die Gemeinde Weilerswist gezogen. Waren nach Angaben der Verwaltung im Jahr 2011 noch 16 098 Bürger in der Gemeinde gemeldet, waren es im Januar dieses Jahres mit 18 557 Einwohnern knapp 2500 mehr. 2239 Neubürger sind es allein im größten Neubaugebiet der Gemeinde, in Weilerswist-Süd.

Ein Kompliment für Weilerswist

Die Gemeinde ist ideal für Familien, die sich nach Natur sehnen, trotzdem aber gut an die umliegenden Großstädte angebunden sein wollen - egal, ob privat oder beruflich. Dass sich die Einwohnerzahl im vergangenen Jahrzehnt so erhöht hat, ist ein Kompliment für Weilerswist, das offenbar eine liebenswerte Wunschheimat vieler ist. Im Kernort lassen sich viele Dinge erledigen, in den Ortsteilen geht es dörflich und ruhig zu. Es gibt dort allerdings auch viele leerstehende Geschäftslokale.

Eine Gemeinde, die so wächst, muss nachhaltig und zuverlässig verwaltet und weiterentwickelt werden. Weniger Leerstände und mehr Grünflächen zum Treffen und Erholen für Bürger wünschen sich Verwaltung und Rat. Das IKEK (Integrierte Kommunale Entwicklungskonzept) steckt - noch immer - in der Planung, um - Stand jetzt - nächstes Jahr Fördermittel für die Neugestaltung der Gemeinde beantragen zu können, wie die Verwaltung mitteilte. Wünschenswert wäre es, wenn sich Verwaltung und Rat öfter so einig wären, wie sie es offenbar bei der Ideenfindung der Neugestaltung waren.

Misstrauen zwischen Rat und Verwaltung

Als Zuschauer braucht es nur wenige Ausschüsse oder Ratssitzungen in Weilerswist, um zu merken, dass dies nicht immer so ist. In den Sozialen Medien herrscht unter den Bürgern der Gemeinde viel Unmut über Ratsbeschlüsse und Verwaltungsarbeit. Der Winterdienst, der von einer externen Firma übernommen wird, obwohl der Bauhof personell aufgestockt wurde, ist da nur ein Beispiel, das für viel Kritik sorgte.

Man könnte sagen: Zwischen Rat und Verwaltung fehlt Vertrauen. Ehrlicher wäre es zu sagen: Es herrscht massives Misstrauen. Dies gipfelte nicht zuletzt schon 2016 im Abwahlverfahren der amtierenden Bürgermeisterin Anne Horst (parteilos), das die Ratsmehrheit von CDU, SPD und FDP vergeblich unterstützt hatte.

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Mit "Vertretern aus möglicherweise sieben verschiedenen Parteien" und "persönlichem Dialog" wolle sie die Zusammenarbeit mit dem Rat in Zukunft stärken, sagt Anne Horst.

Baustellen in der Gemeinde Weilerswist

Der lang ersehnte Radweg entlang der L 163 zwischen Heimerzheim und Metternich soll bald gebaut werden. Immerhin wird am kommenden Donnerstag nach Jahrzehnten des Wartens der Spatenstich erfolgen. Ob sich Anwohner und Verwaltung noch in Sachen Südtangente, auf die der Schwerlastverkehr umgeleitet werden soll, einigen, bleibt abzuwarten.

Weiterhin stehen auch finanzielle Herausforderungen für die Gemeinde an. Sie steckt wegen ihrer Schulden noch bis 2023 im Haushaltssicherungskonzept.

Alle Kandidaten im Überblick

Iris Lafazanis ist Spitzenkandidatin der Linken in Weilerswist und kandidiert gleichzeitig neben der amtierenden Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst (parteilos) und Alexander Welter (CDU, SPD, FDP) als parteilose Bürgermeisterin der Gemeinde. Sie ist 56 Jahre alt und gelernte Friseurin. Während Horst das Integrierte Kommunale Entwicklungskonzept (IKEK) der Gemeinde mithilfe der Bürger umsetzen und eine neues Gerätehaus für die Feuerwehr bauen will, will sich Welter um bezahlbaren Wohnraum und ein neues Verkehrskonzept kümmern. Lafazanis will soziale Projekte ins Leben rufen sowie verstärkt Vereine, Schulen und Kitas unterstützen.

Wolfgang Petersson ist CDU-Spitzenkandidat für den Gemeinderat. Seit 2010 ist der Pensionär aus Hausweiler Vorsitzender des Gemeindeverbands. Seit 2014 ist er gewähltes Ratsmitglied. "Die weitere Ausgestaltung der Gemeinde als liebens- und lebenswerter Wohnort für Familien mit Kindern und Jugendlichen ist für mich das politische Ziel Nummer eins", sagt der 71-Jährige. Wo immer möglich, will er sich für mehr Grün in der Gemeinde einsetzen und einen zentralen Platz als Treffpunkt für alle Altersgruppen schaffen.

Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung im Gemeinderat steht Andreas Schulte auf dem ersten Platz der SPD-Liste. Der 43-jährige Weilerswister, der auch im Kreistag sitzt, ist Diplom-Kaufmann und führt ein eigenes Unternehmen in der Gemeinde. "Die bereits sehr gute Verkehrsanbindung nach Köln und Bonn muss insbesondere im Bereich der Bahn weiter ausgebaut werden, sodass der Verkehr auf unseren Straßen deutlich weniger wird", fordert Schulte. Er setzt sich auch für mehr Kita-Plätze und eine breit aufgestellte Schullandschaft ein.

Frank Dederich, 57, aus Weilerswist, steht ganz oben auf der Liste der Kandidaten für die FDP. Der IT-Spezialist ist seit 2014 Mitglied des Gemeinderates. Seine persönlichen Ziele: eine sachliche und lösungsorientierte Auseinandersetzung mit  aktuellen Themen, eine serviceorientierte und moderne Wirtschaftsförderung und die Würdigung und Anerkennung des Ehrenamtes. "Weilerswist muss seine Verwaltungsstrukturen auch in Zukunft weiter verbessern und effizienter gestalten", so Dederich. Dazu gehöre mehr Offenheit und Transparenz. 

Seit November 2019 Parteimitglied und bereits auf den ersten Platz der Grünen-Liste gewählt: Marcelle Kristen-Dechamps. Die 34-jährige Unternehmensberaterin lebt in Groß-Vernich. "Der Weilerswister Rat kann durchaus frisches Blut, neue Perspektiven und vor allem Kraft und grüne Ideen gebrauchen", sagt sie. Klima-, Umwelt- und Ressourcenthemen sollten für sie bei jeder Entscheidung im Rat ein Bestandteil sein. Die Wirtschaft will die Sachkundige Bürgerin nachhaltig gestalten, Geh- und Radwege sanieren und ein Bürgerhaus schaffen.

Seit der Gründung der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) in Weilerswist ist Uwe Wegner deren Vorsitzender. Er geht nun als Spitzenkandidat für den Rat ins Rennen. Der 44-Jährige wohnt im Neubaugebiet Weilerswist-Süd und saß zuvor für die SPD im Erftstädter Rat. "Für die UWV wird es darum gehen, auch unmittelbar nach der Wahl unter Beweis zu stellen, dass wir eine andere Politik als bisher nicht nur betreiben wollen, sondern auch werden", sagt der Diplom-Verwaltungswirt. Er fordert  bezahlbaren Wohnraum und will Familien stärken.

Bernd Michelau ist seit 2019 Kreistagsmitglied der AfD und wurde für den Gemeinderat auf Platz 1 der Liste gewählt. Der 47-jährige kaufmännische Angestellte wohnt in Groß-Vernich. "Mit meiner zukünftigen Fraktion möchte ich Wege aufzeichnen, wie Gelder eingespart werden können, die anschließend für Projekte, die dem Bürger nützen, verwendet werden können", sagt er und kritisiert finanzielle und strukturelle Probleme durch Verwaltung und Rat in Weilerswist. Vereine müssen für ihn gestärkt und Ortsteile verkehrsberuhigt werden. 

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