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Polo-ClubEin elitärer Sport für jedermann

Lesezeit 5 Minuten

Theodor J. Tantzen (rechts) kam erst mit 57 Jahren zum Polo . Sein Ziel ist es, auch Anfänger für die dynamische Sportart in der Region zu begeistern.

Weilerswist – Sich ein einziges Mal auf einem Pferd halten zu können, und wenn es nur für fünf Sekunden sein würde. Das war der spontane Wunsch von Theodor J. Tantzen, als er vor einigen Jahren zum ersten Mal ein Polo-Spiel live erlebte. „Das gelang anschließend auch recht ordentlich“, schmunzelte er rückblickend. Derart motiviert, nahm der 57-jährige Unternehmer aus Bonn einen Monat lang täglich Reitstunden bei einem argentinischen Trainer. „Die erste Zeit war hart, denn die entsprechende Muskulatur war gänzlich untrainiert. Ich habe mir die Rückenschmerzen vier Wochen lang wegspritzen lassen. Dann fragte ich meinen Trainer, wie lange es denn wohl noch dauern möge“, erinnerte sich Tantzen. „Bis du nicht mehr gehen kannst“, lautete die schonungslose Antwort seines Coaches, der leider Recht behalten sollte. Doch Tantzen hielt durch und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Heute ist er Vizepräsident des „Reit- und Polo-Club Cologne“, dem ersten Polo-Club im Großraum Köln/Bonn, der ganzjährig Spiele austrägt. Am 25. August dieses Jahres rief Tantzen den Club mit elf reitsportbegeisterten Mitgliedern ins Leben.

Polo ist ein Sport mit langer Tradition. Die Wurzeln reichen zurück bis etwa 700 v. Chr. Vor allem im reitsportbegeisterten Persien trugen die Menschen auf großen öffentlichen Plätzen Wettkämpfe in einer Sportart aus, die unter dem Namen Chaugàn bekannt war. Über viele Jahrhunderte hatte Chaugàn im asiatischen Raum einen hohen Stellenwert. Nicht selten hatten die besten Spieler auch die höchsten Staatsämter inne.

Das faszinierende Spiel verbreitete sich rasch über ganz Asien. Das Wort „Polo“ selbst stammt aus der Sprache der Balti, eines kleinen Volkes aus Kaschmir, und bedeutet übersetzt „Ball“. Der Sprung nach Europa gelang Polo erst 1859. Die in den Kolonien stationierten britischen Offiziere des 10. Husarenregiments wollten nach ihrer Rückkehr nicht auf ihr neues Hobby verzichten. So gründete sich 1859 der erste britische Polo-Club.

Die Regeln sind auf Sicherheit und Schutz der Reiter, insbesondere aber der Pferde ausgerichtet. So darf ein Pferd nicht in zwei aufeinander folgenden Chukkas, also Spielabschnitten, eingesetzt werden. Das Spiel wird sofort unterbrochen, wenn eine Bandage des Pferdes aufgeht, stürzt ein Reiter, so wird das Spiel nur angehalten, wenn dieser sich verletzt hat. Als oberste Regel gilt das Wegerecht. Ein Spieler, der der Fluglinie seines geschlagenen Balles folgt, darf von keinem Spieler gekreuzt oder behindert werden. Wohl aber darf man versuchen, mit dem eigenen Schläger in den des Gegenspielers einzuhaken oder den parallel reitenden Gegner durch eine Art Bodycheck aus der Spur zu drängen. Damit die Teams abwechselnd gegen die Sonne spielen, findet nach jedem Tor ein Seitenwechsel statt. (clh)

Ziel ist es, den Pferdesport insgesamt zu fördern und den Polosport in der Region zu etablieren. Ausgeübt wird die „königliche Disziplin des Reitsports“ – Prinz William und Prinz Harry spielen ja bekanntlich regelmäßig – auf dem Hovener Hof in Weilerswist. Dessen weitläufiges Gelände mit einer 600 Meter Galoppbahn, zwei Führanlagen und einem „Full-Size-Feld“ von 375 Metern Länge und 175 Metern Breite, einer Reithalle sowie den angrenzenden, insgesamt 66 Kilometer langen Reitwegen im Naturpark Rheinland bieten ideale Voraussetzungen, das ganze Jahr zu spielen.

Um Polo von seinem Image als elitäre Sportart zu befreien und ihn als Breitensport zugänglich zu machen, veranstaltete der Verein am vergangenen Wochenende unter dem Credo „Polo – ein Sport für Jedermann“ das erste öffentliche Turnier. Da zwei Mannschaften kurzfristig ihre Teilnahme abgesagt hatten, verteilten die Weilerswister Aktiven nebst argentinischen Trainern ihre verschiedenen Spielstärken kurzerhand auf zwei verschiedene Teams. Denn ähnlich wie beim Golf wird im Polo jedem Spieler ein Handicap zugesprochen, das auf seinen bisherigen Leistungen basiert. Die können von -2 bis +10 reichen.

Schon in den ersten Minuten des Spiels offenbart sich dann, warum Polo als eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt gilt. Pfeilschnell surrt der Ball (Durchmesser knapp neun Zentimeter, Gewicht circa 130 Gramm), der durchaus eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 250 Kilometern pro Stunde erreichen kann, durch die Weilerswister Lüfte. Für die jeweils vier Reiter pro Mannschaft gilt es, den Ball mit einem langen Holzschläger in das gegnerische Tor zu schlagen – eine Art Kricket zu Pferd. Wie beim offiziellen Turniergeschehen, bestand das Spiel aus vier Abschnitten („Chukkas“) von je sieben Minuten effektiver Spielzeit, denn bei Fouls wird die Uhr gemeinhin angehalten. Bei näherem Hinsehen obliegen den vier Spielern pro Team verschiedene strategische Aufgaben: Spieler Nummer 1 erweist sich als Stürmer, hält mit rückwärts gewandtem Blick das Spielgeschehen im Auge und ist naturgemäß für die Tore zuständig. Nummer 2 und 3 versuchen, die Aktionen des Gegners zu unterbrechen und so den Spielfluss des gegnerischen Teams zu stören. Als Verteidiger des eigenen, 7,30 Meter breiten und durch Weidenrohrpfosten markierten Tors ohne obere Begrenzung, versucht Spieler Nummer 4 zuvörderst, den Ball aus der Gefahrenzone zu bringen.

Die Zuschauer am Spielfeldrand waren von dem höchst dynamischen Schlagabtausch zu Pferd begeistert. Linkshänder sind allerdings definitiv im Nachteil, denn der Schläger darf beim Polo nur mit der rechten Hand gehalten werden. Es gibt also, wie beim Tennis, einen Vorhand- und einen Rückhandschlag. Und mitunter Nackenschmerzen, die jedoch durch die Freude am Sport „schnell in Vergessenheit geraten“, bekräftigten die Weilerswister Polofreunde, die sich nach dem spannenden Match zum gemütlichen Picknick versammelt hatten.

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