Weilerswister WeltreisendeCoronaepidemie lässt die Bergmanns in Marokko stranden

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Sonne, Sand und Wellen: Das Ehepaar Eva Bergmann-Grabowski und Hans-Peter Bergmann wartet mit Berry in Marokko auf die Möglichkeit zur Rückfahrt.

  • Die Weilerswister Eva Bergmann-Grabowski und Hans-Peter Bergmann sitzen wegen der Coronavirus-Pandemie in Marokko fest.
  • Nach fast 6300 Kilometern Strecke ist an der Küste des nordafrikanischen Landes der Rückweg abgeschnitten.
  • Wie und wann es weitergeht, ist derzeit völlig offen.

Sidi Wassay/Weilerswist – Für Hans-Peter Bergmann und seine Frau Eva Bergmann-Grabowski sind lange Urlaubsreisen nichts Besonderes. Das Ehepaar Bergmann setzt sich einfach in sein schon recht betagtes Wohnmobil und tuckert los.

Schon zum fünften Mal sind die Weilerswister mit ihrem Hund in Nordafrika unterwegs. Doch diesmal ist alles anders.

Denn die Bergmanns kommen derzeit nicht mehr zurück nach Weilerswist. Die Grenzen sind dicht, Fähren fahren nicht mehr. Die Bergmanns sind in Marokko gefangen, obwohl sie sich im Land bewegen können.

Hans-Peter Bergmann gehört ebenso wie seine Frau in Weilerswist als stellvertretender Sachkundiger Bürger der SPD an. Beide sind außerdem in der Flüchtlingsinitiative aktiv.

Das Restaurant hat geschlossen

Und beide sitzen, wie Hunderte andere Urlauber, die mit dem Reisemobil in Nordafrika unterwegs sind, wegen der Corona-Krise fest. In dem kleinen Ort Sidi Wassay, in dem es nicht viel mehr als einen Laden, einen Wohnmobil-Stellplatz und ein Restaurant gibt, das allerdings wie alle Gaststätten in Marokko wegen der Corona-Krise geschlossen hat.

Betagtes Fahrzeug

Schon sieben Jahre lang haben Hans Peter Bergmann und seine Frau Eva Grabowski-Bergmann das Wohnmobil, das mittlerweile 24 Jahre auf dem Buckel hat und nach Auskunft seiner Besitzer aber sehr zuverlässig läuft. „Der Lack am Aufbau ist ab. Aber der Dieselmotor hat erst 110.000 Kilometer gelaufen und macht absolut keine Zicken“, sagt Hans-Peter Bergmann zufrieden.

Mit dem betagten Fahrzeug hat das Ehepaar schon einige weite Reisen unternommen. So etwa ausgiebige Touren durch Mecklenburg-Vorpommern und durch Frankreich, sowie viermal durch Marokko. „Wenn wir irgendwo auf einem Wohnmobil-Stellplatz oder einem Campingplatz Halt machen, ist unser Fahrzeug fast immer das Kleinste“, sagt der 67-Jährige. (bz)

Dazu gibt es viel Landschaft, wenig Vegetation, aber einen grandiosen Blick auf den Atlantik. „Wir sind hier 55 Kilometer südlich von Agadir“, berichtet der Mathematiker Bergmann der Redaktion recht präzise.

Die Eheleute haben Weilerswist am 28. Januar in Richtung Süden verlassen, haben mit der Fähre einen Monat später, am 27. Februar, von Gibraltar nach Marokko übergesetzt und wollten sich eigentlich jetzt schon so langsam in Richtung Heimat aufmachen.

6298 Kilometer haben sie bereits auf ihrer Urlaubsreise zurückgelegt, sind quer durch Frankreich, den Norden Spaniens und durch Portugal immer weiter nach Süden getuckert und haben danach Marokko schon zum wiederholten Mal erkundet. Über seine Eindrücke von dem Land berichtet das Paar auch in einem Blog.

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Hans-Peter Bergmann in seinem Wohnwagen

Als sich die Situation wegen des Corona-Virus in Europa zuspitzte, überlegten Bergmann und seine Ehefrau noch, ob man nicht besser mit dem Flugzeug zurückkomme und das Wohnmobil irgendwo stehenlasse, doch Eva Bergmann-Grabowski fliegt nur sehr ungern. Und mit ihrem 13 Jahre alten Hund „Berry“ hätte das Ehepaar ohnehin kaum einen Rückflug nehmen können.

Medikamente reichen noch für ein paar Wochen

Das Weilerswister Ehepaar entschloss sich, zunächst einmal in Marokko zu bleiben. Wichtige Medikamente für Eva Bergmann-Grabowski habe man noch für einige Wochen, schildert ihr Mann. Dennoch wird die Zeit langsam knapp, weil niemand weiß, wann die Überfahrt nach Europa wieder möglich wird und was die Reisenden in Spanien, Portugal oder Frankreich erwartet. Gerade Spanien und Frankreich sind derzeit neben Italien die von der Corona-Krise am schlimmsten betroffenen Länder in Europa.

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Wenn es gelänge, doch von Afrika aufs europäische Festland zu kommen, müsse man damit rechnen, an jeder Grenze in Richtung Norden aufgehalten und kontrolliert zu werden. Und man könnte sich nicht darauf verlassen, dass irgendeine Raststätte oder ein Restaurant auf der langen Fahrt geöffnet habe. Die einfache Strecke von Sidi Wassay bis Weilerswist beträgt immerhin gut 3300 Kilometer.

„Wir wollten ursprünglich jetzt die Heimreise antreten und hatten gehofft, gemächlich nach Hause zu fahren, um Mitte April wieder in Weilerswist zu sein“, schrieb Hans-Peter Bergmann am Mittwoch an die Redaktion. Doch daraus werde wohl nichts.

Hoffnung auf die nächste Fähre

Jetzt, so der 67-Jährige, richte man sich darauf ein, zumindest bis Mitte April in Marokko zu bleiben. Er hoffe, so der Weilerswister, dass dann wieder Fähren die Kontinente verbinden.

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So sehen die Supermärkte in Marokko aus.

Wie verbringen die gestrandeten Weilerswister die Zeit, bis sie wieder ausreisen können? Wovon ernähren sie sich? Noch gibt es ausreichend Lebensmittel in dem einzigen Laden im Ort. „Wir versorgen uns selbst und essen momentan sehr gesund, fast fleischlos“, schildert Hans-Peter Bergmann.

Am Dienstag beispielsweise habe er Möhreneintopf gekocht, am Mittwoch habe es Pfannkuchen gegeben – als Erinnerung an die Heimat. Ansonsten sei die Küche in Marokko sehr einfallslos. Es gebe Essen aus dem Tagine, dem traditionellen Kochgeschirr der Nomaden, in dem Fleisch, Fisch und Gemüse langsam erhitzt und über Stunden gegart werden. Und es gibt Couscous.

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