Vorführung im DorfsaalZülpicher hat 55 Jahre alten Heimatfilm restaurieren lassen

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Stephan Gatzweiler sitzt an einem adventlich dekorierten Tisch, vor ihm steht ein Laptop, auf dem ein offenes Schnittprogramm zu sehen ist.

Stephan Gatzweiler hat einen alten Heimatfilm digitalisieren lassen und Zeitzeugen dazu interviewt.

Karl Fredel hat 1968 einen Film über Wichterich gedreht. Stephan Gatzweiler hat die Spulen digitalisieren lassen und Zeitzeugen interviewt.

1968 war das Jahr vieler weltpolitischer Ereignisse: Vietnamkrieg, Höhepunkte der Studentenbewegung, Ermordung von Martin Luther King, Prager Frühling. Doch wie sah das Leben auf dem Land im Kreis Euskirchen aus?

Interessierte können sich davon jetzt selbst ein Bild machen. Denn 1968 veröffentlichte Karl Fredel einen Heimatfilm über die Altgemeinde Wichterich, der nun, 55 Jahre später, erneut gezeigt wird.

Stephan Gatzweiler drehte zweiten Film mit Zeitzeugen

Zu verdanken ist das Stephan Gatzweiler. Der 49-Jährige lebt nach eigenen Angaben in zehnter Generation in Niederelvenich und hat die vergangenen drei Jahre damit zugebracht, den alten Film digitalisieren zu lassen und noch einen zweiten Film mit Zeitzeugen zu drehen.

„Von Hause aus bin ich eigentlich Historiker und Archäologe“, berichtet Gatzweiler. Er selbst war noch nicht geboren, als der Film gedreht wurde. Aber er kennt viele, die darin vorkommen und er hat den Film selbst schon einmal gesehen. Anfang der 2000-er Jahre sei der Film im Ort gezeigt worden und habe die Menschen in Scharen angelockt, erinnert er sich.

Heimatfilm aus Zülpich in Kinoformat gedreht

Vor ein paar Jahren habe er zufällig die Filmspulen im Stadtarchiv entdeckt, als er gerade für andere historische Projekte recherchierte. Die Archivarin habe damals gesagt, wie schön es wäre, wenn der Film einmal digitalisiert werden würde. Denn die Zelluloidbänder hielten nicht ewig, und die Stadt habe kein Geld.

Gatzweiler nahm sich der Sache an und recherchierte. Ein Problem: Der Film sei im Zwei-Band-Verfahren auf 16-Millimeter-Material gefilmt worden. Kein gängiges Verfahren. „Das hatte echt schon Kinoformat.“ In ganz Deutschland habe er nur fünf Firmen ausfindig machen können, die solche Filme digitalisieren, sagt Gatzweiler.

Film-Restauration über Heimat-Scheck-Förderung bezahlt

Er wandte sich an ein Unternehmen aus Velbert. Die zeigten sich begeistert von der Qualität des Filmes. Karl Fredel habe damals in seinem Haus ein eigenes Kino und einen Schnittraum besessen, weiß Gatzweiler. „Das war ein passionierter Amateurfilmer“, erklärt sich der Historiker die hohe Qualität des Films. 

In Velbert bot man ihm an, den Film nicht nur zu digitalisieren, sondern auch zu restaurieren, also Farben satter zu machen, kleinere Fehler zu korrigieren, das Bild zu schärfen. 2000 Euro sollte das Ganze kosten. Und da die Stadt Zülpich kein Geld gehabt habe, habe er sich nach Fördermöglichkeiten umgeschaut, berichtet der Niederelvenicher. Über das Programm Heimat-Scheck konnte die Digitalisierung schließlich finanziert werden.

Doch als der Film dann digital vorlag, gab es ein neues Problem: Nach wie vor waren Ton-Spur und Video-Spur voneinander getrennt. Und da die Video-Spur länger gewesen sei als der Ton, habe man es nicht einfach zeitgleich abspielen können, beschreibt Gatzweiler die Situation. 

Ich habe tatsächlich das ganze Jahr 2021 damit verbracht, den Film zu synchronisieren.
Stephan Gatzweiler

Er fragte in Velbert nach, ob man den Film nicht noch synchronisieren könne. Man könne, das koste aber, lautete die Antwort. Das Budget war aber bereits verbraucht, also setzte sich Gatzweiler selbst an den Rechner. Die Experten aus Velbert hatten ihm ein Schnittprogramm empfohlen.  Und so synchronisierte Gatzweiler Minute für Minute den gesamten Film. „Ich habe tatsächlich das ganze Jahr 2021 damit verbracht, den Film zu synchronisieren.“ 

Doch Gatzweiler war damit noch nicht zufrieden. Bei vielem, was in dem Film gezeigt wurde, sei nicht ganz klar, wer oder was das eigentlich war. „Da habe ich mir dann überlegt, ich mache einen zweiten Film mit Zeitzeugen“, berichtet er.

Zwölf Interviews hat Gatzweiler mit Menschen geführt, die entweder selbst in dem Originalfilm zu sehen sind oder aber ihre Vorfahren. So erfährt man, dass Gisela Dieckmann (damals 15 Jahre alt) sich beim Dreh eher wie eine Statistin vorkam und warum man die Alte Schule in Wichterich nur „Blechbüchs“ nannte.


Der digitalisierte Heimatfilm wird am Sonntag, 3. Dezember, ab 14 Uhr in der Dorfhalle Niederelvenich gezeigt. Er ist 135 Minuten lang. Den zweiten Film kann man nur sehen, wenn man sich eine Blu-ray kauft, die Gatzweiler ebenfalls hat anfertigen lassen. 15 Euro kostet das Stück. Der Gewinn wird gespendet.

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