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Burscheider BadehausEin Haus mit bewegter Geschichte

Lesezeit 3 Minuten

Das Bassin und die Umkleidekabinen auf einer historischem Aufnahme zeigen das Bad in den Anfangsjahren.

Burscheid – 20 Minuten – mehr Zeit gab es für das „Wellnessprogramm“ vor hundert Jahren nicht. Und wer im Burscheider Badehaus für Dusche oder Badewanne damals 15 oder 30 Pfennige bezahlt hatte, durfte nur das Wasser in Anspruch nehmen – Seife, Handtuch oder eine Brausetablette mit Fichtennadelduft kosteten extra. Der Bedarf an solchen Bädern bestand Anfang des vergangenen Jahrhunderts, da eigene Badezimmer in Wohnungen oder Häusern unter Luxus fielen. Ein Bad war also etwas Besonderes.

Anfang 1900 gab es daher in Anlehnung an den Leitsatz des Berliner Dermatologen Oskar Lassar: „Jedem Deutschen wöchentlichen ein Bad“ einen Aufruf der Gesellschaft für Volksbäder, in den Städten und Gemeinden Volksbadeanstalten zu errichten. 1910 legte der Viersener Bäderarchitekt Willy Esser für den Bau eines Schwimmbassins und Volksbads in Burscheid die Planungsunterlagen vor. Und 1914 fasste die Versammlung der Stadtverordneten den Beschluss für ein eigenes Volksbad in Burscheid. Basis waren die Planungsunterlagen des Kölner Architekten Edmund Bolten. Bereits am 23. Juni 1914 konnte das Schwimmbassin im Außenbereich eröffnet werden, wenig später das Volksbad, das immer Samstagsabends zwischen 18 und 21 Uhr geöffnet wurde.

Die Blütezeit des Bads lagen in den 20er- und 30er-Jahren, also zwischen den beiden Weltkriegen. Hundert Jahre ist das nun her und der Kulturverein Burscheid möchte den Geburtstag mit einem großen Fest am Sonntag, 29. Juni, feiern (siehe Ein Festakt zum Geburtstag). Vom Ort für Volkshygiene zum Kulturtempel – das kleine Bad hat eine bewegte Geschichte, die der Verein anhand von alten Bildern an dem Tag dokumentieren wird.

Keine roten Zahlen

1976 wurde das Burscheider Badehaus geschlossen, als das neue Hallenbad eröffnete. Zwischen 1985 und 1991 wurde es als Möbellager der Stadt genutzt und 1990 zum Übergangsheim für Asylbewerber umgebaut. Als solches wurde es bis 2001 zehn Jahre lang genutzt. 1999 stellte die UWG den Antrag, das Badehaus nach Ablauf der Zweckbindung als Übergangsheim für kulturelle Anlässe zu nutzen. Doch bis dahin war es noch ein längerer Weg. Im September 2006 schlossen der Kulturverein Burscheid und die Stadt einen „Trägerschafts- und Nutzungsüberlassungsvertrag“ ab. Bereits 2007 begannen die Restaurierungs- und Umbauarbeiten für das künftige Kulturhaus, das im November 2008 als Kulturzentrum eröffnet wurde.

Neben den nostalgischen Beiträgen gibt es zum Geburtstagsfest auch Aktuelles, das zeigt, dass das Bad im Burscheider Mittelpunkt lebt. Die Kunstkurse der Realschule setzten sich intensiv mit dem Thema Baden auseinander und herausgekommen sind Figuren und Bilder, die allein vom Hingucken Spaß machen dürften. Daisy Duck auf dem Körper einer Venus, eine dicke Trulla aus Urgroßomas Zeiten hat sich in ihren geringelten Badeanzug geworfen und wer ihr sein Gesicht leihen will, braucht sich nur hinter die Fotowand stellen und ablichten zu lassen. Loriots Kultfiguren Müller Lüdenscheidt und Dr. Klöbner werden ihren Auftritt haben und über die Nutzungsrechte für Badewannen und Quietscheenten streiten. Es gibt Odenthaler Landbier. Currywurst und Fritten, ein Kuchenbuffet und eine Kaffee-und Getränkebar.

Da der Kulturverein die Gunst der Stunde nutzen will, wird er sich an dem Tag in „Kultur-Badehaus-Burscheid“ umbenennen, so dass der neue Name die enge Verbundenheit mit dem Badehaus signalisiert. Zum Fest gibt es noch eine Erinnerungstasse, eine Broschüre mit der Dokumentation, eine Fotoaktion und eine Kunstaktion, die Bilder der Realschüler können teilweise ersteigert werden. Ob der Erlös dem Badehaus oder der Realschule zukommt, ist noch offen. Beide können Geld gut gebrauchen.

Seit 2008 sind die Ehrenamtlichen des Kulturvereins aktiv und können laut der Vorsitzenden Jelle von Dryander eine überwiegend positive Bilanz ziehen. „Es läuft eigentlich ziemlich gut.“ Das Projekt mit Theater, Konzerten, Exkursionen und Kunstausstellungen trage sich. „Wir schreiben keine roten Zahlen.“ Unterstützung gibt es von der Stiftung der Kreissparkasse und von der Belkaw gibt es bislang kostenlosen Strom. Das setzt Energie für viele kulturelle Projekte frei.