Burscheider MordprozessAngeklagter wähnte sich im Terrorkampf gegen eigene Eltern

Ein Gerichtsprozess (Symbolbild)
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- War die Bluttat juristisch ein Totschlag oder doch Mord?
- Ehefrau und Sohn des Täters gehen nicht davon aus, dass Tarik U. schauspielert.
- Eine forensische Psychiaterin hat den Angeklagten begutachtet.
Burscheid – Außer Zweifel steht, dass Tarik U. am 27. Juni 2019 so oft auf seinen 70-jährigen Vater einstach, dass dieser kurz darauf an seinen Verletzungen starb. Weshalb der Burscheider mit seinem Küchenmesser nahe der Friedrich-Goetze-Straße ein derartiges Blutbad angerichtet hatte, schilderte er den Richtern am Kölner Landgericht selbst detailliert: Man habe ihn verfolgt, er würde die Mafia bekämpfen und müsse gegen seine Familie vorgehen, die Satanisten seien. Weil er dachte, seine eigene Mutter wollte ihn vergiften, hatte er sie bereits vor dem Angriff auf seinen Vater brutal verletzt, weshalb ihn das Amtsgericht Leverkusen verurteilt hat.
In der Psychiatrie in Essen
Zunächst hatten Polizeibeamte den Angeklagten im Juni vergangenen Jahres in die JVA Köln gebracht – bis den Ermittlern klar wurde: Ein Streit um Geld war nicht der Grund für den mutmaßlichen Mord, sondern eine psychische Erkrankung Tarik U.s war ausschlaggebend. „Ich bin nicht krank, ich bin bei der Armee gegen den Terror“, wehrte sich der Angeklagte noch vor Gericht. Doch er sitzt bereits seit einem halben Jahr in der LVR-Klinik Essen. Dort gab er an, ihm gehöre diese Einrichtung und seine Angestellten würden nicht das erledigen, was er angeordnet hätte.
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Die Fachärztin für forensische Psychiatrie Konstanze Jankowski erklärte bei der Verhandlung am Dienstag im Zeugenstand, wie die fehlende Distanzierung zu seinen Wahnvorstellungen Tarik U. davon abhalte, Empathie zu empfinden: Inhaltliche Denkstörungen, ständig als Bedrohung empfundene Ereignisse und seine Wahnideen und Halluzinationen wirkten sich auf die Schuldfähigkeit aus.
Schon die Polizeibeamtin, die im Sommer Ehefrau und Sohn des Angeklagten vernahm, sprach vor Gericht über die gewaltvolle Vergangenheit im Haus der Familie. Schläge gegen Mutter und Frau habe es mehrere seit 2005 gegeben. Als die Ehefrau, die sich zurzeit scheiden lässt, die Schizophrenie ihres Mannes bemerkte, dachte sie zunächst, er telefoniere vor der Türe. Eines Tages erkannte sie aber, dass Tarik U. während seiner Dialoge gar kein Handy in der hielt.
Zwangs-Medikation
Nach den Attacken gegen die Mutter brachte schließlich auch der Vater seinen Sohn zu einem Arzt. Doch bis heute zeigt der Angeklagte keine Einsicht in seine Krankheit und muss zur Medikamenteneinnahme zwangsbehandelt werden. Nach dem Prozess vor dem Leverkusener Amtsgericht gegen ihn glaubte er sogar, dass nicht er, sondern seine Mutter verurteilt worden sei. Der Polizistin zufolge gehen Frau und Sohn keinesfalls davon aus, dass Tarik U. seine Krankheit nur vorspiele.
Deshalb formulierte die Ärztin Jankowski eine äußerst negative Prognose für Tarik U.: „Die Anforderungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sind uneingeschränkt gegeben“, sagte sie.
Seine Familie habe ihn zwar vor der Obdachlosigkeit bewahrt, die anderen Patienten mit ähnlicher Diagnose häufig droht. Dennoch seien eben jene ihm Nahestehenden Teil seiner Angst vor Verfolgern, weshalb er eine akute Gefahr für sie darstelle.
Die Fünfte Große Strafkammer scheint noch nicht entschieden zu haben, ob der Angeklagte wegen Totschlags oder gar Mordes verurteilt werden sollte. Ein Urteil wird für den 26. März erwartet.