Canyoning als HobbyFür Burscheider Familie Grünewald geht es in tiefe Schluchten

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Das Abseilen ist gut  vorbereitet. 

  • Seit 20 Jahren zieht es die Burscheider Familie Grünewald in tiefe Schluchten.
  • Wie geht die Sportart „Canyoning“ und was begeistert sie dabei?

Burscheid – Wer am Berg in der Badehose unterwegs ist, weckt Fragen. Eigentlich haben die Grünewalds es im Urlaub noch nie erlebt, dass sie nicht für ein Foto mit Wildfremden posieren. Dann, wenn sie mit ihrer Ausrüstung anwandern, die eher auf Tauchen schließen lässt: Über die Schulter oder um den Bauch schlottert ein Neoprenanzug, und die meisten Wanderer wissen gar nicht einmal, dass in der Nähe eine Klamm oder Schlucht ist, in die es die Familie zieht.

Karin Grünewald, die in Burscheid das Tanzstudio Diwan El Shark leitet und bei der Turngemeinde Hilgen Kletterkurse gibt, geht im Urlaub regelmäßig mit ihrem Mann Ingo und Sohn Sebastian der Randsportart Canyoning nach. Die ist mit Rutschpartien auf Felsen und Sprüngen in Gumpen verbunden, einer Art Felstopf, in dem sich das frische Wasser sammelt.

Aufbrausendes Wasser

Die Reise ging ins spanische Almunecar zu einem Bachlauf der Sierra Nevada, es gab Touren nach Tirol und ins Tessin oder auf Mallorca. „Es ist kalt, auch wenn die Sonne scheint und andere darin braten“, sagt Karin Grünewald. Nichte Hanna ist mittlerweile mit ihrem Mann dabei und Freunde Sebastians. Die Grünewalds und ihre neunköpfige Gruppe haben etwas zu erzählen: Abenteuerliches, Mitreißendes, Aufbrausendes und Wagemutiges. Sie gehören zu bundesweit gerade einmal 349 Mitgliedern des DCV.

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Martin Siedt, Karin, Ingo und Sebastian Grünewald.

Der Deutsche Canyoningverein ist seit 1995 für privat organisierte Kletterer da, die über Touren, mögliche Veränderungen und Risiken informiert werden. Erfahrung braucht es, die Ingo Grünewald, der zudem Kajak fährt und mit dem Gleitschirm unterwegs ist, 1999 erstmals bei einer kommerziellen Canyon-Führung machte. Mit einigem Respekt erzählt er von den ersten Fehlern, die ihm unterliefen. So zog er beim Abseilen mit zu viel Schwung und es bildete sich ein Knoten. Das bedeutete, dass die ganze Gruppe die Tour am nächsten Tag wiederholen musste, um am Stand – das ist der fest installierte Haken in der Wand – das Seil zu lösen. Karin Grünewald gibt ganz offen zu, dass ihre Männer mitunter mutiger seien. Sohn Sebastian war schon als Kind mit einem Sicherungsseil dabei und heute ist der Geologe Profi.

Gut muss alles vorbereitet sein, das Material darf sich nicht verheddern und immer ist eine Notfalltasche dabei, falls ein Eisen neu geschlagen werden muss. Gibt es beim Abseilen ein Problem, weil beispielsweise bei einem Unwetter ein Haken von einem losen Baumstamm abgeschlagen wurde, sollte diese Information innerhalb des DCV-Vereins sofort die Runde machen. Der Verein legt Wert auf Umweltschutz und einen achtsamen Umgang mit Pflanzen und Tieren. Der Deutsche Alpenverein veröffentlichte die Ergebnisse einer mehrjährigen Studie, aus der sich Empfehlungen für naturschonende Ausübung von Canyoning ergaben. Größte Zerstörungen richtet indes ein Unwetter an. Laut DAV vollzieht sich die Wiederbesiedlung durch Algen und Kleintiere „in der Regel sehr rasch. Denn alle Arten, die in solchen extremen Fließgewässern leben, müssen sich schnell regenerieren können.“

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Unten im Wasserfall entstand das Gruppenfoto: (Von links)  Sebastian Grünewald, Ingo Grünewald, Hanna Grünewald, Martin Siedt, Christoph Bott, Max Rosiepen, Dirk Grünewald. 

Das Wasser haben alle im Blick. Ein Canyon funktioniere wie ein Trichter, erklärt Sebastian Grünewald. Sammle sich bei einem Gewitter im oberen Bereich der Regen, gerate ein Vielfaches des Wassers in die Schlucht. Immer sei der Regenradar im Blick. Wenn dieser nichts Gutes verheißt, kann es sein, dass eine Tour, auf die sich alle gefreut haben, ausfällt. „Jeder sollte fit sein. Wenn einer sagt, dass heute nicht sein Tag sei, sollte das kein Problem sein“, sagt Ingo Grünewald. Da das Wasser meist laut ist, wird mit einer Pfeife kommuniziert. Die Bergwacht zu rufen, das käme für die Grünewalds nur im absolut äußersten Fall in Frage. 

Vertrauen ist Pflicht

Vertrauen ist wichtig bei den Touren. Martin Siedt, der als Letzter in die Gruppe kam, verbindet Wasser, Kälte und Höhe mit Nervenkitzel. „Das ist ein wilder Ort, mit Baumstämmen, die schon mal ein Hindernis bilden und man kämpft sich durch“, sagt der Biologe. Mental müsse man es auch aushalten können, wenn es in einer Schlucht dunkel ist und kalt. Das Käsefondue am Abend auf dem Campingplatz entschädige aber für Strapazen. Karin Grünewald ist diejenige, die ein Machtwort spricht, wenn Erschöpfung droht. „Dann gibt es Müsliriegel.“ Persönlich mag sie es nicht so, wenn das Wasser auf den Helm prasselt. Mit Schaudern erzählt sie vom Moment, als sie hinter den Wasserfall geriet und ihr mulmig wurde. Aber sie war natürlich angeseilt und der Moment, als sie frei in der Schlucht hing und innehielt, sei sehr schön gewesen. Coronabedingt verzichten im Sommer alle auf Touren. Im Herbst ist geplant, auf Mallorca zu klettern. 

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