Musicalische Academie BurscheidDas sind die Pläne des jungen Dirigenten Dembowski

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Nicolai Dembowski ist der neue Dirigent der Musicalischen Academie in Burscheid.

Burscheid – Nicolai Dembowski (27) ist neuer Leiter der Musicalischen Academie Burscheid. Er begann seine musikalische Ausbildung als Jungstudent für Horn an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und am Dr. Hoch’s Konservatorium Frankfurt. Gegenwärtig studiert er an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Im Interview erzählt er über sich und seine Pläne mit dem traditionsreichen, 1812 gegründeten Orchester.

Herr Dembowski, Sie sind seit einigen Wochen der neue Dirigent der Musicalischen Academie Burscheid. Sprich: Sie beginnen in einer Zeit, in der musikalische Aktivitäten ob der Pandemie mal wieder in Frage gestellt werden. Wie erleben Sie die aktuelle Zeit? Nicolai Dembowski: Ja, es ist schade, dass der Dirigentenwechsel mit Corona zusammenkommt. Aber wir alle versuchen das Beste daraus zu machen. Wobei es für ein Orchester wie dieses schon eine besondere Herausforderung ist, wenn man eineinhalb Jahre quasi nicht wirklich zusammenspielen kann in der großen Besetzung – und das auch erstmal so weiterzugehen droht. Denn es sind eben Laien. Sprich: Da muss man alles erstmal wieder in Gang bringen. Im Profiberreich wird einfach fünf Stunden am Stück daheim geübt und alle sitzt wieder. Aber unser Konzertmeister Alexej Silbert hat während des Lockdowns kleine Videos aufgenommen, Tutorials erstellt und so den Laden zusammengehalten. Er trägt also einen großen Anteil daran, dass wir optimistisch in die Zukunft blicken können.

Vor dieser Zukunft lag Ihre Vergangenheit: Wie sind Sie zur Musicalischen Academie gekommen? Durch Zufall. Eine Kollegin in Köln, wo ich lebe und derzeit an der Hochschule für Musik und Tanz die Fächer Dirigieren und Klavier studiere, hatte mir die Ausschreibung weitergeleitet. Es war einfach reizvoll, denn als Dirigent ist es ja so: Man hat kein wirkliches Instrument, mit dem man üben kann. Im Unterricht arbeitet man manchmal zwar mit dem Klavier oder im Ensemble. Aber man lernt als Dirigent letztlich nur mit Leuten. Also mit einem Orchester. Also dachte ich: Ich probiere es einfach mal. Burscheid ist ja nicht weit weg von Köln. Die Musicalische Academie ist eines der ältesten Laienorchester in Deutschland, sprich: Es hat eine lange Tradition. Und: Ich habe Instrumentalpädagogik studiert und finde es wichtig, eine Verbindung zwischen der künstlerischen und pädagogischen Arbeit zu finden – so wie eben bei der Musicalischen Academie.

Was ist für Sie an der Arbeit mit der Academie anders als bei Ihren bisherigen Aufgaben als musikalischer Leiter? Ich habe zwar mit verschiedenen Orchestern und Chören sowohl im Profi- als auch im Laienbereich gearbeitet und habe entsprechend schon viel Erfahrung. Aber es waren bislang nur Projektorchester. Sie waren stets auf ein Ziel, ein einzelnes Konzert hin konzipiert. Jetzt übernehme ich mit der Musicalischen Academie zum ersten Mal ein Orchester langfristig. Da ändert sich alles. Man fährt nicht nur einmal in der Woche zur Probe. Es geht nun auch um planerische, organisatorische Dinge. Um Nachwuchsarbeit. Darum, wie man das Orchester entwickeln kann.

Wie wollen Sie die Musicalische Academie denn entwickeln? Ich will Musik machen, die Spaß macht. Das ist da Wichtigste. Denn die Musikerinnen und Musiker in der Academie werden ja nicht dafür bezahlt, dass sie in diesem Orchester spielen. Das heißt: Nicht jedes Instrument spielt immer. Und ich muss nun ein Programm finden, in dem jeder etwas zu tun hat. Etwas, das eben Spaß macht. Da nicht zu schwer und nicht zu lang und dennoch anspruchsvoll ist. Diesbezüglich Orchesterliteratur zu finden, ist nicht so einfach. Für mein Probedirigat bei der Academie habe ich mich beispielsweise für eine Stück von Ottorino Respighi und eines von Jean-Philippe Rameaud entschieden. Kleine, schöne Stücke. Aber im Winter, im Januar, spielen wir Beethovens 4. Klavierkonzert und eine Suite von Fauré – das ist dann schon etwas Anderes. Es gibt für jedes Konzert andere Anforderungen, die ich unter einen Hut bringen muss.

Wir war es denn, das erste Aufeinandertreffen von Ihnen und dem Orchester im September, als Sie in Burscheid anfingen? Es war super! Es sind alle sehr engagiert. Gleichwohl merkte ich dabei auch, was für eine Herausforderung das ist, denn: Es gibt eine sehr große Altersspanne bei der Musicalischen Academie. Die jüngsten Mitglieder sind 16, die ältesten über 80. Da gibt es also entsprechend viele Wünsche und Vorstellungen, die moderiert werden wollen.

Sie selbst sind 27. Also noch eher jung. Gibt es da Probleme, die älteren Musiker und Musikerinnen zu überzeugen? Wissen Sie: Ich habe schon elf Jahre Studium hinter mir und somit eine gewisse Expertise, die ich auch rüberzubringen vermag. Das funktioniert schon. Natürlich gibt es vielleicht gewisse Traditionen in der Probenarbeit, die sich über die Jahre eingespielt haben und die ich nicht sofort ändern kann. Ich muss gut abwägen: Was sollte man ändern? Was sollte man beibehalten?

Und: Was ist das genau? Das verrate ich hier nicht. Aber es geht ja auch schon bei kleinen Dingen los: Im Profibereich ist es zum Beispiel üblich, keine Zählzeiten vorzugeben. Also: Der Dirigent atmet kurz ein – und los geht es. Da Orchester ist sofort drin in der Musik. Bei einem Laienorchester ist es dagegen besser, zu Beginn erst einmal einzuzählen. „Ein, zwei, drei, vier – und los“. Das sind schon Umstellungen für mich. Aber das alles ist auch reizvoll.

Inwieweit können und wollen Sie die Musicalische Academie moderner aufstellen? Ach, das ist eigentlich gar nicht so ein großes Thema bei der Musicalischen Academie, denn dieses Orchester ist schon recht modern. Es hat schon viele verschiedene Projekte gemacht – unter anderem ja in Sachen Jazz mit Engelbert Wrobel. Da ist schon sehr viel passiert. Wobei natürlich trotzdem klar ist: Man braucht immer neue Projekte. Daran wächst ein Orchester und entwickelt sich. Und: Wir suchen neue Mitglieder. Interessierte können gerne jeden Mittwoch bei unserer Probe zwischen 19.30 und 21.30 Uhr im Haus der Kunst vorbeischauen. Vor allem, wenn es sich um Streicher handelt.

Gibt es denn – ähnlich wie bei vielen Chören – ein Nachwuchsproblem? Nein, nicht wirklich. Es wäre einfach schön, wenn das Orchester noch etwas wächst. Wir streben daher ja auch eine Kooperation mit dem Jugendorchester der Musikschule Burscheid an. Es ist abseits der großen Städte einfach schwieriger, Nachwuchsmusikerinnen und Nachwuchsmusiker zu finden, die den Anforderungen eines solchen Orchesters gewachsen sind.

Zum Abschluss: Wie bereiten Sie sich eigentlich als Dirigent auf ein Konzert vor? Ich esse etwas Gutes, gehe spazieren, dusche warm, meditiere – und dann geht es los.

Sie meditieren? Ja. Ich arbeite mental, setze mich hin, mache die Augen zu und gehe die Musik im Kopf nochmal durch. Ich habe als Dirigent ja nichts Anderes. Kein Instrument. Daher ist das der beste Weg, mich vorzubereiten.

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