Denkmalschutz in WitzheldenInvestor droht mit Schadensersatz-Forderung

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Das evangelische Gemeindehaus: Soll es abgebrochen werden, um einen Neubau für betreutes Wohnen zu errichten?

Das evangelische Gemeindehaus: Soll es abgebrochen werden, um einen Neubau für betreutes Wohnen zu errichten?

Leichlingen-Witzhelden – Die Luft wird allmählich dünn für den Neubau eines Hauses fürs betreute Wohnen an der Hauptstraße hinter der Witzheldener Kirche. Nach dem Bezirksausschuss hat es am Montagabend auch der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung und Tourismus einstimmig abgelehnt, für dieses Projekt das alte evangelische Gemeindehaus abzubrechen.

Die Politikerinnen und Politiker sind sich darin einig, dass der Denkmalschutz, der Erhalt des bergischen Ortsbildes in der als Ensemble unter Schutz stehenden Witzheldener Dorfmittte, wichtiger ist. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 7. April das letzte Wort.

Neues Gemeindezentrum ist nebenan im Bau

Dass die Witzheldener Bezirksvertreter gegen den Abriss des alten Gemeindehauses sind, das die evangelische Kirche nach Fertigstellung des im Bau befindlichen neuen Gemeindezentrums nebenan nicht mehr für eigene Zwecke benötigt und verkaufen will, war absehbar. Dass aber auch die Planungspolitiker in der Stadtmitte den Verlust der sanierungsbedürftigen Villa so entschlossen verhindern wollen, ist überraschend. Schließlich steht die Immobilie selbst erstens nicht unter Denkmalschutz (sie gehört aber zum erhaltenswerten Denkmalbereich im Dorf), gilt zweitens der Plan, hier zentrumsnah ambulantes betreutes Wohnen anzubieten, als sozial sehr wünschenswert und hat sich zum Dritten die Stadtverwaltung bereits dazu durchgerungen, einem Abbruch für diesen guten Zweck zuzustimmen.

Positive Bauvoranfrage

In der Sitzung im Ratssaal kam noch ein möglicherweise gewichtiges Argument hinzu, das im Bezirksausschuss vor einer Woche unerwähnt geblieben war: Die P+P Bergisch Wohnen GmbH verfügt bereits seit dem Herbst 2021 über eine von der Stadt positiv beschiedene Bauvoranfrage. Geschäftsführer Dirk Preyer leitet daraus ein gewisses Baurecht ab. Dass sein Projekt wegen für ihn fragwürdiger Denkmalschutz-Bedenken kurz vor dem Ziel gestoppt werden soll, habe ihn „sehr überrascht“, erklärte er.

Auf die direkte Frage von Ausschuss-Mitgliedern, ob er gegen eine Ablehnung seines Bauantrags Klage erheben werde, antwortete der Investor, dass man bereits 150.000 Euro in die Planungen investiert habe und seine Rechtsberater der Überzeugung seien, dass sich die Stadt schadensersatzpflichtig mache, wenn das Bauvorhaben scheitere. Der Ausschuss ließ sich davon nicht beeindrucken. Wie realistisch die finanzielle Gefahr tatsächlich ist, kommentierte die Verwaltung nicht.

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Die mit mehreren Vertretern im Ratssaal angerückte Delegation der Bauherren warb in der Sitzung noch einmal mit einem Vortrag für ihr Vorhaben. Geplant sind in dem Neubau ambulant betreute Wohngemeinschaften und mehrere behindertengerechte Wohnungen mit Service-Anbindung an die Diakonie. Insgesamt Raum für 26 bis 30 Bewohner und acht bis zehn Arbeitsplätze. Ein ähnliches Projekt hat die Baugesellschaft mit „Haus Regenbogen“ an der Burscheider Luisenstraße verwirklicht.

Ein Detail, das die Stadtverwaltung in ihrer positiven Stellungnahme hervorgehoben und sogar als Bedingung genannt hatte, ist allerdings obsolet geworden: Preyer verneinte, dass in dem Haus auch dringend benötigte Kurzzeitpflegeplätze eingerichtet werden sollen. Die von ihm gezeigten Bauskizzen zeigten einen recht massiven, weit ins hintere Hanggelände reichenden, bis zu dreigeschossigen Gebäuderiegel mit Tiefgarage und Fotovoltaikanlage.

Die SPD-Fraktion unterbreitete erneut den Kompromissvorschlag, den ältesten Bauteil mit seinen 120 Quadratmetern Grundfläche und den vertrauten Fassaden stehen zu lassen und an der Villa rückwärtig anzubauen. Entsprechende Überlegungen hätten sich aber als nicht durchführbar erwiesen, winkte Preyer ab. Die Gebäudesubstanz sei auch unter Denkmalschutzaspekten nicht erhaltenswert.

„Entscheiden Sie sich für die Menschen, nicht für die alten Steine“, rief der Investor den Ausschussmitgliedern zu. „Wenn wir uns entscheiden müssen, dann hat der Denkmalschutz Vorrang“, entgegnete Ratsherr Patrick Imcke (CDU). Die Ratsfraktionen wollen das gefährdete Stadtbild im Witzheldener Fachwerk-Ortskern nicht weiter leiden lassen, sondern es im Gegenteil mit einer überarbeiteten Denkmalsatzung wirkungsvoller schützen.

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