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Lehrerabgänge befürchtetMusikschule Leichlingen setzt das Herrenberg-Urteil um

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Die Musikschule sitzt im Bürgerhaus Am Hammer.

Die Musikschule sitzt im Bürgerhaus Am Hammer.

Die Musikschule der Blütenstadt muss das sogenannte Herrenberg-Urteil umsetzen.

Es ist eine große Aufgabe, vor der die Musikschule der Stadt Leichlingen beziehungsweise die Verwaltung steht. Infolge des sogenannten Herrenberg-Urteils, nach dem Musikschullehrkräfte nicht mehr auf Honorarbasis, sondern sozialversicherungspflichtig angestellt werden müssen, schafft die Johann-Wilhelm-Wilms-Musikschule neun neue Stellen. Bis Ende 2026 muss die Stadt die Regelungen umsetzen.

Einen entsprechenden Entwurf der Verwaltung winkte der Bildungsausschuss am Montagabend durch, das letzte Wort hat wie immer der Rat. Neun neue Stellen sieht die Vorlage vor. Die, so erklärt Maximilian Zelzner, der Leiter der Musikschule, seien allerdings nicht als Vollzeitstellen für neun der 28 Honorarkräfte der Musikschule vorgesehen. Vielmehr müsse man das in Bezug auf die Zeit sehen: Mit dem Umfang von neun Vollzeitstellen, verteilt auf die Honorarkräfte, könne man den Bedarf an Unterrichtsstunden decken. Denn kaum ein Lehrer und jede Lehrerin arbeitet Vollzeit an einer Musikschule. 25 Kräfte sollen auf die neun Stellen in Teilzeitmodellen verteilt werden, rechnet die Verwaltung vor.

Insgesamt hat die Musikschule 32 Lehrkräfte. Vereinzelt, auch wenn er das noch nicht konkret beziffern könne, seien Lehrkräfte schon auf ihn zugekommen, die weiterhin auf Honorarbasis arbeiten wollen. Solche Musikerinnen und Musiker, die einen anderen Hauptarbeitgeber hätten. Zum Jahresbeginn hatte die Stadt einen neuen Honorarvertrag gefasst.

Maximilian Zelzner leitet die Musikschule.Niklas Pinner

Maximilian Zelzner leitet die Musikschule.

Dabei birgt das Herrenberg-Urteil durchaus Zündstoff. Viele Musikerinnen und Musiker, das ist nicht nur in Leichlingen zu hören, begrüßen, dass sie nun richtig angestellt werden. Für die Schulen beziehungsweise die Kommunen, die sie betreiben, bedeutet die Umstellung natürlich Mehrkosten. Das kann dann schon kontroverse Wendungen nehmen. In Wipperfürth, Stadt mit einer hochrenommierten Musikschule im Oberbergischen Kreis, soll die Schule in eine gGmbH umgewandelt werden. Das hatte Empörung bei vielen Lehrkräften hervorgerufen, die schlechtere Arbeitsverhältnisse fürchten.

Die Stadt kalkuliert mit den neun Stellen und einer halben Stelle im Personalservice mit Personalkosten von 650.000 Euro im Jahr. Dem gegenüber stehen 300.000 Euro an Einsparungen, die bisher im Jahr an Honoraren ausgegeben wurden. Das heißt: Die Umsetzung des Herrenberg-Urteils kostet die Stadt etwa 350.000 Euro im Jahr mehr als bisher.

Ab 2026 gibt das Budget, das im städtischen Haushalt für die Musikschule vorgesehen ist, nicht mehr her, steht in der Verwaltungsvorlage. Deshalb erhöht die Stadt die Gebühren für die Musikschule. Davon verspricht sich die Stadt etwa 100.000 Euro im Jahr. Versicherungs- und Kopierkosten sollen umgelegt und weitere Kooperationen geschlossen werden. Aber trotz „positiver Auswirkungen auf die Deckungslücke“, würden die Maßnahmen „diese allerdings bei Weitem nicht schließen können“.

Deshalb muss der Rat mehr Geld für die Musikschule in den Haushalt einstellen, „um den Musikschulbetrieb im aktuellen Umfang und Qualität aufrechtzuerhalten“. Und das bedeute, dass die Stadt die Steuern erhöhen müsse, sollten Gebührenerhöhungen dazu führen, dass die Nachfrage zurückgeht.

Die Stadt sieht einen „gravierenden Fachkräftemangel“ in der Musikpädagogik. Weil man diese Leerstellen in der Übergangszeit mit Honorarkräften nicht auffangen könne, will die Stadt den Anstellungsprozess für Lehrkräfte mittelfristig einleiten, „da bei einem weiteren Aufschub in der Anpassung der Beschäftigungsverhältnisse an die neue Rechtslage mit einer substanziellen Erosion des Lehrkörpers zu rechnen ist.“ Im Klartext: Wenn die Stadt die Sache nicht angeht, fürchtet sie, Lehrkräfte zu verlieren.


Aus dem Jahresbericht

1169 Menschen haben im Jahr 2024 mindestens ein Angebot der Johann-Wilhelm-Wilms-Musikschule angenommen. Das sind rund vier Prozent weniger als 2023. 13.635 Unterrichtsstunden von 45 Minuten sind im vergangenen Jahr erteilt worden, das macht rechnerisch 350 pro Woche, damit verzeichnet die Musikschule einen Zuwachs von sieben Prozent. 11.316 der 13.635 Unterrichtsstunden haben Honorarkräfte gegeben. Am beliebtesten in Leichlingen sind der Klavierunterricht, die musikalische Früherziehung und die Tanzangebote. (nip)