Die Zusammenarbeit von FDP und der Linken währte nur Tage. Letztere hält den Vorgang für ein „Desaster“.
StadtratSozial-liberale Fraktion in Leichlingen schon wieder aufgelöst

Freidemokrat Frederik Käding hat die Zusammenarbeit dem Linken Klaus Reuschel-Schwitalla schon wieder aufgekündigt.
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Die politische Zusammenarbeit von FDP und Linke im Leichlinger Rat ist über das Stadium der Ankündigung nicht hinausgekommen. Am Sonntagabend hat Freidemokrat Frederik Käding mitgeteilt, er sei „mit sofortiger Wirkung aus der sozial-liberalen Fraktion von FDP und Die Linke im Rat der Stadt Leichlingen ausgetreten“.
Der Schritt erfolge „nach sorgfältiger Abwägung persönlicher Gründe sowie mit Blick auf die künftige Arbeitsweise im Rat“. Denn der will in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 9. Dezember, seine Geschäftsordnung ändern: Einzelvertreter im Stadtrat sollen nun doch ein eigenes Antragsrecht erhalten. Davon profitieren die vormaligen „sozial-liberalen“ Fraktionskollegen Frederik Käding und Klaus Reuschel-Schwitalla. Mit dem Antragsrecht als Einzelner „ergeben sich für mich neue Möglichkeiten für eine effektivere und selbstständigere Ratsarbeit“, so Käding: „Mit dem Antragsrecht kann ich Inhalte künftig direkter einbringen und eigenständig Verantwortung übernehmen. Das stärkt meine parlamentarische Arbeit deutlich.“

Der Linke Klaus Reuschel-Schwitalla wird aus seiner Partei hart kritisiert.
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Der Freidemokrat versprach am Sonntag: „Ich werde meine Arbeit im Rat engagiert, verlässlich und konstruktiv fortsetzen – mit einer klar erkennbaren liberalen Handschrift.“ Die schien leicht verwässert oder zumindest von Kompromissen geprägt in der Zusammenarbeit mit der Linken. Käding und Reuschel-Schwitalla hatten fünf programmatische Schwerpunkte für ihre „sozial-liberale“ Fraktion herausgearbeitet, die sie in den kommenden fünf Jahren verfolgen wollten.
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Von Klaus Reuschel-Schwitalla kam am Montagnachmittag ein ähnliches Bekenntnis, freilich in linker Tonlage: „Ich werde meine Arbeit als fraktionsloses Ratsmitglied mit unverminderter Kraft fortsetzen, für soziale Gerechtigkeit, bezahlbaren Wohnraum, echte Verkehrswende und Transparenz kämpfen, laut, unabhängig und unbequem, wo es nötig ist.“
Er verband dieses Versprechen allerdings mit Kritik an CDU und SPD im Leichlinger Rat. Die beiden größten Fraktionen hätten die Bildung der ungewöhnlichen „sozial-liberalen“ Verbindung angeregt. Denn zunächst habe es so ausgesehen, als sollte es keine Mehrheit für die Änderung der Geschäftsordnung geben, Einzelvertreter also kaum noch politische Schlagkraft entwickeln können. Dass Christ- und Sozialdemokraten den beiden Einzelkämpfern ein grundlegendes parlamentarisches Recht einräumen, hält Reuschel-Schwitalla für ein abgekartetes Spiel hinter verschlossenen Türen. Er stelle sich die Frage: „Gibt es in Leichlingen längst eine heimliche Große Koalition aus SPD und CDU?“
Geschäftsgrundlage durch neue Geschäftsordnung entfallen
Hintergrund ist, dass die derzeit noch gültige Geschäftsordnung für Leichlingens Stadtrat nur Fraktionen ein Antragsrecht zubilligt. Im neuen, 38 Personen starken Rat ist die Mindestgröße für eine Fraktion zwei Personen. Deshalb hatten sich die beiden Einzelvertreter Käding und Reuschel-Schwitalla zusammengetan, was durchaus überraschte – übrigens auch die Partei.

Der Bergisch Gladbacher Linke Tomás Santillán sieht einen enormen Schaden für seine Partei.
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Tomás M. Santillán, Mitglied des Stadtrats in Bergisch Gladbach und bis vor wenigen Wochen noch Kreissprecher, übte am Montagnachmittag scharfe Kritik an dem Leichlinger Fall: „Dieses Vorgehen missachtet Prinzipien linker Basisdemokratie. Eine solche Entscheidung ohne Mandat der Mitgliedschaft und ohne transparente Diskussion zu treffen – noch dazu gemeinsam mit einer wirtschaftsliberalen Partei – ist ein politischer Vertrauensbruch.“ Kandidatinnen und Kandidaten sowie Wählerinnen und Wähler der Linken hätten schließlich „auf soziale und gerechte Veränderungen gesetzt“. Reuschel-Schwitalla habe das Zusammengehen mit der FDP ohne Absprache betrieben.
Inhaltlich sieht Santillán im Gegensatz zu seinem Leichlinger Parteifreund keine Übereinstimmungen mit den Freidemokraten. Eine enge parlamentarische Zusammenarbeit kollidiere „mit zentralen politischen Grundsätzen linker Kommunalpolitik. Die FDP steht traditionell für Positionen wie: Privatisierung öffentlicher Infrastruktur, Kürzungen oder Sparorientierung im Sozialbereich, marktorientierte statt sozial gerechte Klimapolitik, wirtschaftsliberale Stadtentwicklung.“
Die Entscheidung hat schon politischen Schaden verursacht
Santillán ergänzte: „Linke können nicht glaubwürdig für sozialen Wohnungsbau, kommunale Daseinsvorsorge und konsequente Klimagerechtigkeit kämpfen und sich gleichzeitig politisch an eine Partei binden, die in vielen dieser Fragen gegenteilige Positionen vertritt. Eine solche Fraktionsbildung verwässert linke Inhalte“ – und beschädige letztlich die Glaubwürdigkeit der Partei im Rheinisch-Bergischen Kreis. Was den Bergisch Gladbacher Linken besonders stört: „Die Entscheidung hat schon politischen Schaden verursacht.“ Die innerparteiliche Beteiligung habe Reuschel-Schwitalla übergangen, linke Kernanliegen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, das Vertrauen der Parteimitglieder werde belastet.
Ob das alles ohne politische Folgen für die Zusammenarbeit im Kreisverband bleiben kann, ließ Santillán am Montag ausdrücklich „offen“. Er meint: Der Leichlinger Parteifreund Reuschel-Schwitalla habe „einer bürgernahen, sozialen und klimagerechten linken Politik und der Partei einen Bärendienst erwiesen“.
Mit Blick auf die Käding-Entscheidung vom Sonntagabend sagt Santillán: „Dass die Fraktion schon nach wenigen Tagen zerfällt, zeigt, wie fragil diese grundfalsche Entscheidung war.“ Aber allein der formale Schritt der Fraktionsbildung mit der FDP habe „enorme Sprengkraft“ entfaltet. „Was bleibt, ist ein Desaster für die Linke.“

