S+S ArmaturenEine Firma wird einfach aufgelöst

Hier geht nichts mehr rund: S+S Armaturen soll nach dem Willen der Eigentümer liquidiert werden.
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Witzhelden – Die Lage beim Armaturenhersteller S+S spitzt sich zu. Nach einem Eintrag ins Handelsregister ist die Gesellschaft bereits seit einer Woche aufgelöst. Reinhard C. Mannesmann ist nicht mehr Geschäftsführer, stattdessen ist eine Liquidatorin eingesetzt: eine gewisse Natalie Bitter aus Herzberg. Am Dienstag geschah dann etwas, was nicht so recht zur Auflösung der Firma passt, berichtet ein Beobachter dem "Kölner Stadt-Anzeiger": Ein Kunde sei mit Ventilen beliefert worden. Dazu seien vier Beschäftigte nach Unterbüscherhof zurückgekehrt. Eigentlich ruht seit 1. Juli die Arbeit: Die 22 Mitarbeiter kommen nicht mehr, weil sie seit Monaten kein Geld bekommen.
Der Konzern, in dem der zurückgetretene S+S-Geschäftsführer Reinhard C. Mannesmann und der Gesellschafter Jürgen Schafstein das Sagen haben, ist ein echtes Traditionsunternehmen:
1931 gründen Alfred und Carl Mannesmann in Remscheid die Brüder Mannesmann GmbH. Die Firma stellt geschmiedete und gegossene Schellen für Wasserleitungen her, die später auch in Gasanlagen montiert werden.
1977 - Jürgen, Bernd und Frank Schafstein haben Anteile erworben - beginnt der Werkzeughandel mit importiertem Material. Zunächst sind Handwerkzeuge und Do it Yourself-Produkte im Sortiment, später kommen technische Artikel und Elektrowerkzeuge hinzu.
1995 wird Brüder Mannesmann zur Aktiengesellschaft umstrukturiert und geht kurz drauf an die Börse.
1998 übernimmt Brüder Mannesmann für kurze Zeit die Deutsche Armaturen GmbH. Deren Vorgängergesellschaft ist bereits mit S+S Armaturen in Witzhelden verbunden. (tk)
Geschäftsführer Mannesmann habe sich ihnen ebenso lange nicht mehr gezeigt, sagten Mitarbeiter. Nach Auskunft des Beobachters hat der Geschäftsführer auch seit Wochen versucht, sich von der Tätigkeit, die er erst im Januar 2011 übernommen hatte, zu distanzieren. Seit Jahresbeginn hatte die Firma keine Gehälter mehr gezahlt, sondern nur sporadische Abschlagszahlungen geleistet.
In diesen Tagen häufen sich die Prozesse vor dem Arbeitsgericht. Doch in Opladen hat sich noch nie ein Vertreter von S+S blicken lassen. Die Verfahren enden jeweils mit Versäumnisurteilen: Das Unternehmen wird aufgefordert, die ausstehenden Gehälter zu bezahlen. Dieser Anspruch besteht 30 Jahre lang.
Kein Insolvenzantrag
Warum die Führung von S+S trotz der seit Monaten bestehenden Probleme, die 22 Beschäftigten zu bezahlen, kein Insolvenzverfahren beantragt hat, wundert manchen. Zuletzt hatte Peter Orlowski diese Lösung ins Spiel gebracht. Der Opladener Rechtsanwalt vertritt mehrere S+S-Beschäftigte im Ringen um ihre Gehälter. "Dann bekämen die Mitarbeiter wenigstens rückwirkend noch drei Monate Insolvenzausfallgeld."
Das können sie wohl abhaken: Eine Firma, die liquidiert wird, geht nicht mehr durch ein Insolvenzverfahren. Beschlossen wurde die Auflösung des traditionsreichen Armaturenherstellers durch den Gesellschafter von S+S in Leichlingen. Das ist die Deutsche Armaturen GmbH mit Sitz in Remscheid. Mit dieser Muttergesellschaft besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Sie wird bei S+S durch ihren Geschäftsführer Jürgen Schafstein vertreten. Der war am Mittwoch für eine Stellungnahme zu den Vorgängen nicht zu erreichen.
Jürgen Schafstein ist aber nicht nur Geschäftsführer der Deutsche Armaturen. Sondern auch Vorstandsvorsitzender der Brüder Mannesmann AG. Das Traditionsunternehmen residiert in Remscheid im gleichen Haus wie die Deutsche Armaturen und hat auch fast die gleiche Telefonnummer. Tatsächlich gehörte die Deutsche Armaturen auch gut zwei Jahre zur Brüder Mannesmann AG. Das war um die Jahrtausendwende. Damals hatten Schafstein und seine beiden Brüder an der AG-Spitze den Plan, die Übernahme der weitaus größeren Deutsche Armaturen letztlich durch einen Börsengang der Tochtergesellschaft zu finanzieren. Das klappte nicht - Ende März 2000 nahm die Brüder Mannesmann AG die Deutsche Armaturen wieder aus den Büchern. Man wollte Schaden vom großen Ganzen abwehren, hieß es seinerzeit im Geschäftsbericht.
Allerdings bestehen zwischen der Brüder Mannesmann AG und dem Firmengeflecht unter dem Dach der Deutsche Armaturen bis heute mannigfache personelle Verbindungen: Neben der Doppelrolle, die Jürgen Schafstein im operativen Geschäft spielt, finden sich im Aufsichtsrat der Brüder Mannesmann AG zwei Personen wieder, die bei S+S sowie verbundenen Firmen am Ruder sind oder im Licht der jüngsten Entwicklungen waren: Der zurückgetretene Leichlinger Chef Reinhard C. Mannesmann ist auch Chefkontrolleur der Brüder Mannesmann AG. Der stellvertretende Aufsichtsratschef Michael Nagel hat gleich vier Geschäftsführerposten inne: einen in Remscheid bei der RCM-Mannesmann Armaturentechnik, die drei anderen in Magdeburg: bei Armasus, der S+S-Geschäftsführungsgesellschaft und der S+S Armaturen. Letztere ist ausweislich der amtlichen Bekanntmachungen seit 18. Juni im vorläufigen Insolvenzverfahrens. Dazu, so sagt der Kenner des Unternehmens, sei es aber nicht auf Antrag der Geschäftsführung gekommen, sondern auf Betreiben einer Krankenkasse.