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Amtsgericht LeverkusenDie Rubbellose verrieten den Einbrecher

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Der Kiosk Kampschulte an der Maurinusstraße: Ein Täter, der ihn aufgebrochen hatte, sitzt im Gefängnis. Foto: Ralf Krieger

Der Kiosk Kampschulte an der Maurinusstraße: Ein Täter, der ihn aufgebrochen hatte, sitzt im Gefängnis.

Der drogensüchtige Einbrecher soll bei seinem nächtlichen Einbruch in Quettingen ein Nickerchen gemacht haben.

Der Angeklagte Ulrich K. (Name geändert) kam aus dem Gefängnis und nach der Verhandlung im Leverkusener Amtsgericht ging er auch wieder dorthin, begleitet von zwei Justizwachtmeistern.

Kein Wunder: Die Liste der Vorstrafen des 35-Jährigen ist so lang, dass die Verlesung des Registers durch Richter ungefähr zehn Minuten dauerte. Nach eigenen Angaben soll der Mann drogensüchtig sein seit seiner Kindheit, genauer: seit er zwölf Jahre alt ist. Der Richter kennt ihn schon lange aus früheren Verfahren, bei seiner Anwältin hat er offenbar so etwas wie ein Abo.

Vater und Sohn gemeinsam vor Gericht

Doch dieses Mal saßen er und sein Vater nebeneinander auf der Anklagebank. Der Vater, ein Frührentner, soll seinem drogensüchtigen Sohn in einer Sommernacht im Juni 2022 dabei geholfen haben, dessen Beute aus einem nächtlichen Einbruch im Kiosk Kampschulte an der Maurinusstraße in Quettingen abzutransportieren. Der Einbruch war, wie sich später herausstellte, nicht gerade das perfekte Verbrechen, auch wenn es zunächst nicht aufgeklärt werden konnte.

Wahrscheinlich nach Mitternacht des 3. Juni drückt Ulrich K. ein Fenster des Kiosks ein und steigt ein, nachdem er mit seinem Brecheisen an der Metalltür gescheitert ist. Der Angeklagte schildert die Tat selbst, er ist weitgehend geständig. Bis um fünf Uhr will er sich in dem Kiosk aufgehalten haben, aber der drogensüchtige Mann kann selbst nicht mehr genau sagen, was er in der Zeit gemacht hat: Vielleicht habe er auch ein paar Stunden geschlafen, sagt seine Anwältin.

Zigaretten und Tabak im Wert von 6000 Euro

Für den Diebstahl ist er aber nicht zu müde: Packt Zigaretten und Tabak für 6000 Euro in Rucksack und Müllsäcke, stiehlt wenige hundert Euro Wechsel- und Trinkgeldgeld, Briefmarken für 1500 Euro und Rubbellose, die ihn später verraten werden. Nach dem Nickerchen, als es draußen hell wird, ist er offenbar gerade noch rechtzeitig wachgeworden, ruft einen Helfer an, das könnte der Vater gewesen sein, auch weil der 35-Jährige bei seinen Eltern wohnt.

Ein Nachbar, der um sechs das Haus verlässt, sieht in der Einfahrt ein Auto und einen Mann mit einem blauen Müllsack. Er denkt sich: „Komisch, ein Nachbar ist schon so früh im Garten?“ und sagt: „Guten Morgen“. Es war wohl das Auto des Vaters, den er aber im Gerichtssaal nicht identifizieren kann.

Als der Kioskinhaber Jörg Kampschulte an dem Freitag um kurz nach sechs Uhr das Geschäft aufschließt, beginnt für ihn eine nervenzehrende Inventur des gut gefüllten Ladens: Was fehlt, wie viele Päckchen von welchen Zigaretten waren im Regal? Im Laden war vieles durcheinander. Der Angeklagte entschuldigt sich: „Es tut mir leid, dass ich so eine Unordnung hinterlassen habe.“

Die Rubbellose sind eigentlich wertlos für Diebe, sie müssen erst an der Kasse registriert werden, dann kann man damit etwas gewinnen. Ulrich K. wurde durch sie verraten, denn er trug sie bei sich, als er ein paar Monate nach seinem Quettinger Einbruch im Saturn einen Laptop klauen wollte. Er wurde erwischt und im Rucksack fand man die Lose, die natürlich alle nummeriert waren und nachverfolgbar sind: ein Fest für die Kriminalpolizei. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung fanden sich Zigaretten in zwei Verstecken, hinterm Fernseher und hinterm Schrank.

Den Vater spricht Amtsrichter Dietmar Adam frei: aus Mangel an Beweisen. Für den Einbruch gibt es für den Sohn eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Davon ist allerdings schon viel verbüßt. Die verbleibenden sieben Monate will sich Ulrich K. im Siegburger Gefängnis einer Drogentherapie unterziehen.