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„Noch schlimmer als gedacht“Wie ein Leverkusener in Australien an seine Grenzen geht

Lesezeit 3 Minuten

„Wir haben mit vielem gerechnet, aber die Situation ist noch schlimmer als gedacht“, sagt Marcus Barke.

  1. Seit rund einer Woche hilft Marcus Barke von der „Dogman Tierhilfe“ im australischen Outback, Koalas, Kängurus und Wombats zu retten.
  2. Am Donnerstag erfuhr er von einem Löschflugzeug, das über der Koala-Auffangstation abstürzte. Kurz zuvor hatte sich Barke dort noch aufgehalten.
  3. Ein Freund des Leverkuseners verlor durch den Absturz alles, was er hatte. Uns hat Marcus Barke erzählt, warum er trotz allem in Australien „keine Minute missen will.“

Leverkusen/ – Es ist zum Verzweifeln. Mitten im australischen Outback stand eine Auffangstation für verletzte Koalas. Für hilflose Tiere also, die dem Feuer, das seit Wochen gnadenlos über den Kontinent hetzt, nichts entgegenzusetzen haben. Aber nicht nur Koalas, auch Menschen können nicht mehr mit den Naturgewalten schritthalten. So stürzte am Donnerstag ein Löschflugzeug, das die Flammen eindämmen sollte, auf das Gelände jener Station, die nun „völlig verwüstet“ ist, wie Marcus Barke von der Dogman Tierhilfe erklärt. Seit knapp einer Woche ist der Leverkusener in Down Under, um mit anzupacken und den Tieren zu helfen (wir berichteten).

Drei Feuerwehrleute kamen bei dem Absturz ums Leben, wahrscheinlich hat kein Koala überlebt. Wie es vielen Wombats, Kängurus und Wallabys geht, die auch in der Station beheimatet waren, ist unklar. „Die Tiere, die nicht sofort gestorben sind, laufen frei rum, die ganze Kleinsiedlung ist zerstört“, erklärt Barke.

„Wir haben mit vielem gerechnet, aber die Situation ist noch schlimmer als gedacht“, sagt Marcus Barke.

James, ein Aborigine, der Barke noch vor wenigen Tagen durch das brennende Outback führte, „hat mich weinend angerufen“. Sein ganzes Haus wurde von dem Feuer verschlungen. Bis auf einen Koala, den er bei sich hatte, und sein Auto, hat James nichts mehr. Als Barke die Info erhält, dass sich die Auffangstation, bei der er tagelang geholfen hatte, nun im völligen Chaos befindet, ist er gerade sechs Kilometer von einem Großbrand entfernt. Um dort Menschen und Tiere zu evakuieren.

Tag und Nacht unterwegs

Marcus Barke – schwarze Haare, rauer Bart, stabil gebaut – ist ein Typ, den man früher einen „echten Kerl“ genannt hätte. Von dem, was um ihn herum geschieht, ist er tief mitgenommen: „Man kommt total an seine Grenzen. Körperlich, psychisch und emotional. Aber wir wollen in den 14 Tagen, die wir hier sind, eben möglichst viel helfen.“

Als er sich von Australien aus mittags per Videoanruf in der Redaktion meldet, ist es bei ihm 22 Uhr abends. „Wir wollten eigentlich nochmal raus“, erklärt er. Das hat diesmal nicht geklappt. „Normalerweise sind wir von fünf Uhr morgens bis tief in die Nacht unterwegs.“

Fassungslosigkeit und Hoffnung

Vor allem aber macht ihn die Situation der Menschen fassungslos, die nach 14 Tagen nicht zurückfliegen können, deren Heimat gerade verbrennt. „Die Leute leben am absoluten Minimum. Was hier geleistet wird, ist Wahnsinn.“ Er erzählt, dass Restaurants nur noch Essen zum Mitnehmen verkaufen, weil sie nicht genug Wasser zum Geschirrspülen haben.

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Ein Känguru wird aufgepäppelt.

Und trotzdem versuche jeder, den Tieren, die der Katastrophe noch schutzloser als der Mensch ausgeliefert sind, zu helfen. Die Australier sind dem Tierretter aus Leverkusen und seinen Mitstreitern dankbar. Eingesetzt wird Barke überall: „Wir holen Futter, bauen Wasserfontänen, durchkämmen Wälder und schlagen uns durch den Dschungel, um Tiere zu finden.“

Der Leverkusener „will hier keine Minute missen. Es war die beste Entscheidung überhaupt, herzufliegen. Die Tiere sind trotz der Hitze zutraulich und herzensgut. Wenn ich einen durstigen Koala auf einem Baum entdecke, dann kommen mir die Tränen. Und wenn ich einen zufriedenen Wombat im Arm habe, dann ist die Welt wieder gut.“