BilanzLondon statt Leverkusen: Wie Bayer seine Zahlen präsentierte

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Bildschirmfoto der Videokonferenz zu Bayer Bilanz für 2023. Eingeblendet ist der Vorstand und die Nachricht „Technical difficulties“

Mit technischen Problemen in London ging die Fragerunde los: Der Vorstand konnte die Journalisten zunächst nicht hören.

Der neue Konzernchef Bill Anderson sendet stetig Signale der Veränderung. Auch bei der Vorstellung der – diesmal mauen – Ergebnisse.

In alten, besseren Bayer-Zeiten war die Bilanz-Pressekonferenz ein großes Ereignis am Hauptsitz des Konzerns an der Kaiser-Wilhelm-Allee. Im Bay-Komm, halb eingegraben ins Land neben der Zentrale, drängten sich Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt. Viele hatte Bayer von weit her eingeflogen. Die Ränge waren gut besetzt, Kamerateams gesellten sich dazu.  

Der Vorstand saß hinter Pulten verschanzt auf der Bühne, neben ihm stand Bayers amtierender Chef-Sprecher, der spätestens zu Beginn der Fragerunde einen Saalplan in der Hand hatte. Darauf stand, wer wo sitzt, damit er auch namentlich angesprochen werden konnte. Ein Gebot der Höflichkeit, so konnten auch die Bayer-Vorstände in die richtige Richtung schauen. Verschiedenfarbige Mikrofone erleichterten den Leuten auf der Bühne die Orientierung im Halbrund vor ihnen, noch dazu bei Gegenlicht. 

Corona ändert vieles

In und nach der Pandemie änderte sich das deutlich: Aus der aufwendigen Präsenz-Veranstaltung wurde eine Video-Konferenz. Die Konzernspitze und Sprecher Michael Preuss versammelten sich im weitläufigen Ausstellungsbereich des Bay-Komm – nach der Präsentation der Zahlen durch den Vorstands- und den Finanzchef wurden die Fragen der Journalisten elektronisch übermittelt. Das war schon deutlich schmuckloser.  

Am Dienstagmorgen sah die Bilanz-Pressekonferenz noch einmal anders aus. Erstmals hatte der Bayer-Vorstand das heimische Leverkusen verlassen – in Richtung des Finanzplatzes London. Journalistinnen und Journalisten, die Zeit und Gelegenheit fanden, konnten dorthin reisen. Drei Hotels wurden von Bayer empfohlen.

Der Bayer-Vorstand hört die Fragen nicht

Von Angesicht zu Angesicht lief die Präsentation der Zahlen dennoch nicht. Vorstand und Sprecher befanden sich in einem anderen Raum. Augenscheinlich hatte sich indes die große Mehrheit der Presseleute dafür entschieden, mit der Videokonferenz vorliebzunehmen. Das spart Zeit, kann aber auch Tücken haben, wie sich am Dienstag herausstellte: Die ersten beiden Fragenkomplexe mussten wiederholt werden. Zwar konnten die Teilnehmer des Zoom-Meetings alles gut verstehen, aber beim Vorstand kam nichts an. Es dauerte ein paar Minuten, bis das technische Problem halbwegs gelöst war. Immer wieder drang ein starkes Echo aus London an die Rechner im Rest der Welt. 

Die Kleiderordnung der Bayer-Führung war noch einmal gelockert worden: In den Jahren zuvor waren schon die Krawatten gefallen, diesmal zündete Bill Anderson die nächste Eskalationsstufe: Der neue Vorstandschef trug unterm Sakko ein graues, locker geschnittenes T-Shirt. So weit gingen die anderen nicht: Finanzchef Wolfgang Nickl und die beiden Spartenchefs von Agrochemie und Pharma, Rodrigo Santos und Stefan Oelrich, zeigten sich in Anzug und Hemd ohne Krawatte. Heiko Schipper, der scheidende Leiter der Sparte für rezeptfreie Arzneien, hatte das Hemd mit einem Pullover ergänzt. Heike Prinz schließlich, seit September Arbeitsdirektorin von Bayer, saß in Top und Businessanzug vor der Kamera.

Auch das restliche Setting war, verglichen mit früher, recht formlos: Vorstand und Konzernsprecher hatten auf Barhockern Platz genommen, die wiederum auf zwei bunten Läufern standen. Im Hintergrund war durch ein kleines Fenster ein kleines Bayer-Logo zu sehen. Ein Drumherum, das so bescheiden wirkte wie die Zahlen des Konzerns für das Jahr 2023.      

Bleibt abzuwarten, wie sich die Bayer-Spitze am 26. April präsentieren wird. Die Hauptversammlung dürfte wiederum als Video-Konferenz laufen, was längst nicht jeder Aktionär gut findet. Sicher ist: Über die vom Vorstand zwecks Schuldenabbau vorgeschlagene, radikale Dividenden-Kürzung von 2,40 Euro auf ganze elf Cent wird mancher schimpfen.  

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