Dilar KisikyolDas Ziel der Leverkusener Drillings-Boxerin ist die Weltmeisterschaft

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Foto_Vorbild Spitzenfrauen

Dilar Kisikyol kam als Drilling in Leverkusen zur Welt, heute ist sie eine erfolgreiche Boxerin.

Leverkusen/Hamburg – „Feuerherz“, so lautet der Vorname von Dilar Kisikyol auf Deutsch übersetzt. Und er ist bei der 30-jährigen Boxerin mit kurdischen Wurzeln Programm. Als Drilling kam sie am 2. Februar 1992 mit nur 1500 Gramm in Leverkusen auf die Welt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Rheindorf. Mit 16 entdeckte sie über einen Nachbarn das Boxen bei Bayer. Seitdem ist das Feuer entfacht.

„Ich liebe das Boxen einfach. Es hat mich mental so gestärkt, dass aufgeben nicht mehr infrage kommt“, sagt Kisikyol im Gespräch. Ihre erste Boxstunde kostete sie allerdings Überwindung: „Als ich beim ersten Mal nur Jungs gesehen habe, habe ich gleich wieder kehrtgemacht“, erinnert sich Kisikyol und lacht.

Wechsel nach Rheindorf

Beim nächsten Mal nahm sie dann eine Freundin mit und die Scheu war schnell überwunden. Zwei Jahre lang trainierte sie beim TSV Bayer, bevor der Wechsel zum TuS Rheindorf erfolgte. „Damals hat der TuS Frauenboxen mehr gefördert als Bayer. Und in Baki Hoxaj hatte ich den für mich besten Trainer gefunden. Heute ist auch die Frauenboxabteilung von Bayer super aufgestellt“, sagt Kisikyol. Doch es war kein vollständiger Abschied von ihrem alten Verein. Nach dem Wechsel habe sie dort weiterhin als Übungsleiterin im Bereich Feriensport gearbeitet.

Im Jahr 2014 folgte eine Ausbildung zur Gymnastiklehrerin mit Schwerpunkt auf Didaktik und Methodik. Danach legte Dilar Kisikyol ein Auslandsjahr in Neuseeland und Australien ein. Wieder zuhause studierte sie Soziale Arbeit und Sozialpädagogik in Düsseldorf. Kisikyol wollte ihr Hobby zum Beruf machen und gleichzeitig etwas Gutes tun. „Ich war der Meinung, dass die Verbindung von Sozialer Arbeit und Boxen viel bewirken kann“, berichtet die Rheindorferin, die heute in Hamburg lebt.

Da sie kein BAföG erhielt, leitete sie Boxkurse, um sich das Studium zu finanzieren. Immer wieder bewarb sie sich auf Stipendien und schaffte es im dritten Anlauf. „Da wusste ich, dass es sich lohnt zu kämpfen“, so Kisikyol. Und die Studienzeit lohnte sich auch fürs Training: Drei Mal gewann Dilar Kisikyol die deutschen Hochschulmeisterschaften im Boxen.

Selbstbewusstsein, Disziplin und Ehrgeiz

Diese Stärkung der Persönlichkeit möchte sie auch Kindern und Jugendlichen möglich machen. Kisikyol konnte beobachten, dass der Nachwuchs durch Social Media anfing, sich ständig mit anderen zu vergleichen. Deswegen möchte sie ihre Schützlinge ermutigen, ihren Lebensweg selber zu wählen. Sport sei dafür eine großartige Möglichkeit, sagt sie. Hier spiele der Status keine Rolle. Der Sport fördere Selbstbewusstsein, Disziplin und Ehrgeiz.

Ihr eigener Ehrgeiz führte Kisikyol schließlich 2019 zu ihrer Profikarriere nach Hamburg. „Aber Leverkusen wird immer einen Platz in meinem Herzen haben, meine Eltern leben hier ja noch. Vielleicht komme ich also irgendwann zurück“, sagt Kisikyol. Im Moment sei Hamburg jedoch die richtige Stadt für sie. Seit dem Umzug nahm sie an sieben Profikämpfen teil und gewann alle. Im August 2021 krönte sie ihre Boxkarriere mit dem Sieg bei den Deutschen Meisterschaften im Superleichtgewicht. Jetzt ist das nächste Ziel die Weltmeisterschaft im Winter.

Training mit Parkinson-Patientinnen

Abseits des Rings arbeitet Kisikyol als selbstständige Projektleiterin mit den Schwerpunkten Gewaltprävention, Inklusion und „Female Empowerment“. Zudem ist sie ehrenamtlich als Frauen- und Inklusionsbeauftragte beim Hamburger Boxverband aktiv. Diese Arbeit erfülle sie komplett. „Inklusion im Sport ist möglich. Allerdings braucht es geschultes Personal und eine angemessene Finanzierung“, berichtet Kisikyol.

Im Moment trainiere sie eine Gruppe Frauen mit Parkinson. Dabei versuche sie immer achtsam zu sein und eine Atmosphäre zu schaffen, in der jede akzeptiert und gesehen werde. „Die Mitglieder haben alle unterschiedliche körperliche Voraussetzungen. Da muss ich in jeder Stunde schauen, was möglich ist“, so Kisikyol. Zusätzlich trainiere sie einen jungen Mann mit Downsyndrom und rät jedem, der Interesse am Boxen hegt, einfach anzufangen: „Am Anfang kann es sehr anstrengend sein. Das Wichtigste ist, durchzuhalten und weiterzumachen.“

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