Energiewende, Gas-KnappheitWie der Leverkusener Chempark CO2-neutral werden will

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Die Energiewende ist im Chempark ein großes Thema. Die zweite Stufe des Gas-Notfallplans trifft die Unternehmen dort noch nicht. 

Leverkusen – Auch die zweite Stufe des Gas-Notfallplans, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag ausgerufen hat, „betrifft uns noch nicht“, sagt Chempark-Leiter Lars Friedrich. Trotzdem schaut man unter dem Bayer-Kreuz intensiver nach Alternativen zu Kohle und Gas, mit dem vor allem Dampf erzeugt wird, das Lebenselixier für große Teile der Chemie-Produktion.

Ein Solardach-Konzept sei schon länger in Arbeit, berichtet auf Anfrage Timo Krupp, Sprecher im Chempark. Aber das brauche Zeit: Die Eigentumsverhältnisse auf dem Gelände seien kompliziert, deshalb „liegen noch viele Fragen und Aufgaben vor uns. Dennoch können nun erste Pilotprojekte auf potenziellen Flächen konkret entwickelt und geprüft werden“. Solarstrom dürfte also dazu beitragen, „dass wir in zehn bis 15 Jahren einen nahezu Treibhausgas-neutralen Chempark haben“, das ist der Plan von Friedrich.

Eine Million Fördergeld

Hilfe bekommt Currenta dabei vom Wirtschafts-, Energie- und Innovationsministerium in Düsseldorf. Es fördert mit einer Million Euro ein Projekt mit dem Namen „CO2NeiChem“, das der Chempark-Betreiber mit der Bochumer Ruhr-Universität und Siemens aufgelegt hat. Die Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft wollen Technologien zur CO2-neutralen Energieversorgung von wärmeintensiven Industriestandorten entwickeln.

„Das Projekt passt hervorragend zu den Currenta-Nachhaltigkeitszielen“, sagt die dortige Marketingleiterin für die Ver- und Entsorgung, Regina Hill. „Vor allem Wärmepumpen und die Nutzung von grünem Wasserstoff spielen in unserer Strategie als Schlüsseltechnologien eine wichtige Rolle“, ergänzt sie. Im Rahmen des nun geförderten Projekts „CO2NeiChem“ wolle man ihre Entwicklung vorantreiben, um die Produktionsfähigkeit der Chemie-Industrie zu gewährleisten. Im Fokus seien zwei Konzepte, die für die klimaneutrale und wirtschaftliche Erzeugung großer Mengen Prozessdampfs am besten geeignet erscheinen: eine mit Wasserstoff und Sauerstoff betriebene Dampf-Gasturbine und eine industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpe mit Wärme- und Kälteauskopplung.

Gasturbine, Wärmepumpe

Im Rahmen des Projekts mit Siemens und der Ruhr-Uni werde nun eine Konzeptstudie gemacht und das Energiesystem analysiert, heißt es im Chempark. Anschließend soll ein detailliertes Konzept für eine Demonstrationsanwendung des favorisierten Systems ausgearbeitet werden, bevor ein Pilotprojekt realisiert werden könne.

Derzeit stammten in Deutschland nur etwa fünf Prozent der Prozesswärme in der Industrie aus erneuerbaren Energien, heißt es bei Currenta. Das müsse sich im Rahmen der Energiewende auf jeden Fall ändern. Für den Chempark-Betreiber sei es schließlich „entscheidend, dass wir Produktionsbedingungen schaffen, die nachhaltig, versorgungssicher und bezahlbar sind“, betont Hill.

Currenta hofft auf Digitalisierung

Wer etwas verändern will, braucht dafür Genehmigungen. Die sollten möglichst schnell vorliegen. Deshalb mahnt Chempark-Chef Lars Friedrich eine digitale Offensive in den Genehmigungsbehörden an. „Nordrhein-Westfallen sollte da voran gehen“, sagte er jetzt. Denn als Land mit dem größten Besatz an Industriebetrieben seien hier schnellere Verfahren für die Unternehmen besonders wichtig. Die Digitalisierung und daraus resultierende Beschleunigung der Genehmigungen dürfe aber „nicht zulasten der Sicherheit“ gehen, so Friedrich. (tk)

„Die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung für die Industrie ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Energiewende. Dies kann uns nur gelingen, wenn wir bereits heute die passenden Technologien erforschen, entwickeln und erproben“, ergänzt Nevzat Oezcan, Leiter des Mülheimer Siemens-Standorts.

Pinkwart setzt auf neue Technik

RW-Innovationsminister Pinkwart kommentiert: „Die Chemische Industrie hat einen immensen Energie- und Wärmebedarf. Um diesen auch in Zukunft sicher und klimafreundlich decken zu können und um unsere Industrieunternehmen wettbewerbsfähig zu halten, brauchen wir zügig neue Versorgungskonzepte.“ Gasturbine und Wärmepumpe für Dampf könnten „zum klimaneutralen Umbau unseres starken Industriestandorts“ beitragen, so der Minister.

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Currentas Dampf-Kooperation gehört zu einem Verein, der sich „Spitzencluster für industrielle Innovationen“, kurz Spin, nennt, in dem Konzerne, Start-ups und Mittelständler auf Universitäten und Forschungsinstitute treffen, um auf Sektoren wie Energie und Digitaltechnologie in praxisbezogenen Forschungsprojekten umweltfreundliche Zukunftstechnologien voranzutreiben.

Daneben fordert Chempark-Chef Lars Friedrich von der Bundesregierung natürlich „einen raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Man kann unter dem Bayer-Kreuz eben doch nicht alles selber machen.  

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