Waldsiedlung in LeverkusenArbeitsschützer stoppen umstrittene Gaspipeline

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Gleich an der Mendelssohnstraße wird gerade die Pipeline verlegt. Detlev Kraneis hat die Baustelle im Blick. 

Leverkusen – Dass bei den Arbeiten an der Pipeline der besonders umstrittene Abschnitt entlang der Waldsiedlung unter Beobachtung stehen würde, war klar. Dort hat scheiterte die Stadtverwaltung vor zwei Jahren sogar noch bei einem Verwaltungsgerichtsprozess, der eine Verlegung zum Ziel hatte. Und in der Waldsiedlung lebt der Ingenieur Detlev Kraneis – er ist einer der kompetentesten und schärfsten Kritiker der Leitung.

Jetzt hat der Ingenieur erneut in den Bauablauf eingegriffen, denn die Pipeline-Gesellschaft Open Grid Europe verlegt das Rohr zur Zeit genau neben seiner Gartengrenze. Laut Kraneis werden beim Pipeline-Bau grundlegende Sicherheitsregeln nicht eingehalten. Der etwa knapp vier Meter tiefe Graben, der für die Hochdruckgasleitung ausgehoben wird, hat viel zu steile Wände. Die Waldsiedlung steht auf Sandboden und den Effekt kennt eigentlich jedes Kind: Aus Sand kann man keine senkrechten Wände bauen. Der Graben ist an einigen Stellen fast senkrecht ausgebaggert, habe aber nie die für Sand in den deutschen Unfallverhütungsvorschriften vorgeschriebene Neigung von 45 Grad, sagt Kraneis. Das bringe die Arbeiter in den Gräben in Gefahr, wenn die verschüttet würden, sei das lebensgefährlich. Zudem stünden schweres Gerät zu nah am Graben, was die Gefahr noch erhöhe. Aber auch die Gartenmauern und Bäume nahe der Gräben können abrutschen. Ein Haus steht nur ganze fünf Meter neben dem Graben. Kraneis arbeitet auch als Sachverständiger für Bauschäden, daher kennt er die entsprechenden Vorschriften. Am Montag hat Open Grids ausführendes Bauunternehmen die Arbeiten erstmal wieder eingestellt.

Open Grid bestätigt: „In der Tat wurde die Arbeit unterbrochen. In einem Austausch zwischen unserem Management und der Mitarbeiterin der Berufsgenossenschaft wurden die notwendigen Verbesserungen besprochen. Nach deren Umsetzung können die Arbeiten unmittelbar fortgesetzt werden. Derlei Unterbrechungen haben selbstverständlich keinen Einfluss auf unsere Gesamtterminsituation.“

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Seit 2020 wird die Leitung zwischen Voigtslach und Paffrath in einem großen Bogen meist am Stadtrand im Osten Leverkusens verlegt. An vielen Stellen ist es zu Problemen gekommen. Die Lage der Pipeline ziemlich nahe an der Waldschule und am Siedlungsrand der Waldsiedlung ließ sich nicht mehr verhindern, nachdem das Planfeststellungsverfahren beendet war. Kraneis sagt: „Die Leitung ist genehmigt, sie wird jetzt gebaut, aber man kann jetzt noch aufpassen, dass die üblichen Sicherheitsregeln eingehalten werden und zum Beispiel die Bäume entlang der Trasse nicht unnötig beschädigt werden“.

Kraneis sagt, er habe mittlerweile grundsätzlich etwas gegen die Leitung. „So nah, wie die Hochdruckgasleitung hier entlang der Grundschule und an den Häusern gebaut wird, wäre sie in vielen anderen Ländern, etwa in der Schweiz und in Frankreich, nicht genehmigungsfähig.“ Der Ingenieur hat sich quasi in eigener Sache seit Jahren mit dem Thema Hochdruckgasleitung befasst, auch weil sie in nur 30 Metern Entfernung von seinem Haus entfernt verlegt wird.  Die Leitung soll mit bis zu 70 Bar Druck betrieben werden. Die Gefahr eines Störfalls sieht Kraneis nicht in den ersten Betriebsjahren, sondern später, wenn die Leitung älter geworden ist, weil mit den Jahren die Wandstärke des Stahlrohrs kontinuierlich durch Korrosion abnimmt.

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