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GESUNDHEITFeind im eigenen Körper

Lesezeit 3 Minuten

Dr. Dirk Wassenberg, Dr. Kurt Grossmann und Michael Friedrich-Sander ueber das Thema Schilddruese

Leverkusen – Der Feind im eigenen Körper

Das Wort "Hashimoto" dürfte den meisten Menschen Fragezeichen ins Gesicht zaubern. Zum Glück. Aber leider lernen auch immer mehr die Bedeutung am eigenen Leibe kennen. "Die als Hashimoto bezeichnete Autoimmunerkrankung der Schilddrüse hat stark zugenommen, sogar bei Kindern", sagte Dr. Kurt Großmann, Facharzt für Nuklearmedizin im Gesundheitshaus Medilev. Zunehmend kämen Patienten zu ihm, deren Körper versuche, die eigene Schilddrüse abzustoßen - die eine Art Allergie gegen das eigene Organ entwickelt hätten.

Dementsprechend groß war auch die Nachfrage nach Hashimoto bei der Telefonaktion des "Leverkusener Anzeiger/ Kölner Stadt-Anzeiger", bei der drei Schilddrüsen-Experten, allesamt Fachärzte aus Leverkusen, die Leserinnen und Leser berieten. Zwei Stunden lang standen die Telefone nicht still. Kein Wunder: Schließlich gehen Studien davon aus, dass bei jedem Dritten der Stoffwechsel-Dienst der Schilddrüse nicht einwandfrei funktioniert. Freilich leiden nicht alle an der Autoimmunkrankheit mit Symptomen wie Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, Haarausfall, Müdigkeit - bedingt durch eine Unterfunktion der Schilddrüse.

Einstellung ist wichtig

Eine Unterfunktion, bei der die Schilddrüse nicht genug von ihrem Hormon produziert, das für den Stoffwechsel im Körper verantwortlich ist, kann auch andere Ursachen haben. Und sowohl eine Unter- als auch eine Überfunktion der Schilddrüse lässt sich oft gut medikamentös behandeln. "Wichtig ist nur, dass die Patienten die Dosis von ihrem Arzt richtig einstellen lassen", erklärte Michael Friedrich-Sander, Facharzt für Innere Medizin am Remigius-Ärztezentrum. Dafür seien Kontrollen in den ersten Wochen und Monaten geboten.

Eine Schilddrüsen-Unterfunktion könne bei Schwangeren dramatische Auswirkungen für das ungeborene Kind haben, weil die Ausbildung des Gehirns unter der mangelnden Hormonproduktion leide, erklärte Großmann. Obwohl es Standard sein sollte, prüften einige Gynäkologen den sogenannten TSH-Wert bei Schwangeren aber nicht automatisch. Betrage dieser Wert mehr als drei, liege oft eine Unterfunktion vor.

"Da die Schilddrüse Jod braucht, um ihr Hormon zu produzieren, ist es ratsam, Jodsalz zu benutzen", erklärte Dr. Dirk Wassenberg, Chefarzt am Sankt-Remigius-Krankenhaus in Opladen. Dort werden jährlich rund 200 Schilddrüsen-Operationen durchgeführt, um etwa Knoten an der Schilddrüse zu entfernen. Menschen, die Jodsalz, Fleisch und Fisch zu sich nähmen, hätten weniger Probleme mit Jodmangel - Schwangere und Vegetarier seien häufiger betroffen.

Jod für Schulkinder

In einigen Ländern wird dem Trinkwasser Jod beigegeben, in der Schweiz wird Schulkindern Jod verabreicht. In Deutschland, so Großmann, sei eine große Studie vor zehn Jahren zum Ergebnis gekommen, es herrsche kein Maßnahmen-Bedarf. "Ich bin mir da nicht mehr so sicher." Einig waren sich alle drei Experten darin: Bei Symptomen sollte man einen Arzt aufsuchen und auch mit der Nachsorge nicht aus Angst schludern. Wassenberg: "In Vogel-Strauß-Manier den Kopf in den Sand zu stecken, bringt gar nichts."