Bilder vom KarnevalEin herrlich verrückter Hitdorfer Zoch für die jecke Ewigkeit

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Karnevalszug Hitdorf
Foto: Michael Wand

Prinz Volker I. war auf dem Wagen putzmunter – trotz seines Herzinfarkts vor wenigen Tagen.

Endlich rollte er wieder, der Hitdorfer Zoch. Tausende Jecken strömten ins Leverkusener Veedel am Rhing und erlebten eine Sause, die viele Besonderheiten bereithielt.

Nä, wat wor dat för ne besondere Zoch en Hetdörp. Bei der jecken Sause em Veedel am Rhing kam nun wirklich alles zusammen, was zusammenkommen kann und aus dem Stand heraus in die Annalen der hiesigen Karnevalshistorie eingehen wird.

Jungfrau Heike im siebten Himmel

Da war ja nicht nur die Tatsache, dass der Zoch zum ersten Mal seit der Corona-Pause wieder durch Hitdorf rollte, tanzte und schunkelte. Auch das ganze Drumherum war wie vom Fastelovends-Herjott jemaat. För de Iwichkeit. Es fing ja schon mit dem Dreigestirn an: Prinz Volker I. (Kienow) bewies ein derart fest schlagendes jeckes Hätz, dass er mit seinem ganzen Schmölzje mitziehen konnte, obwohl er erst vor wenigen Tagen einem Herzinfarkt getrotzt hatte. Jungfrau Heike (Corton Venegas) schwebte im siebten Himmel und jubelte: „Es ist so gut, dass wir uns entschlossen haben, es dieses Jahr noch einmal zu versuchen. Davon werde ich noch meinen Enkel- und Urenkelchen erzählen!“ Der Hintergrund: In der vergangenen Session hatte es keinen Zoch gegeben. Das Dreigestirn war leer ausgegangen. Nun war es, zwölf Monate später, doch noch versöhnt und op d’r Strooß unterwegs. Und Bauer Ralf (Kanzler) frohlockte: „Man muss sich nur umschauen: Die Leute haben wieder richtig Bock!“

Ähzezupp aus der „Helau“-Zone

Vor der Aufstellung zum Zoch hatten sich die drei noch beim Ähzezupp-Mahl im nahen „Haus Rheinblick“ gestärkt und damit Völker- und Jeckenverständigung par excellence praktiziert, denn: Das liegt eine kleine Kurve weiter en Monnem. Un Monnem es „Helau“-Jebiet. „Aber dat määt nix“, sagte Volker. Man sei als Hitdorfer Dreigestirn ja överall unterwegs – nicht nur beim Heimspiel vor der Haustüre, sondern auch bei den Zügen in Leverkusen, in Köln-Langel, in Monheim und in Baumberg. Vollkommen egal, was da wo gerufen wird. Feiern kennt nur ein Sprooch: Die vun Spaß un Dollerei.

Hier sehen Sie die Bilder vom Zoch in Hitdorf:

Noch ehe sich der Zoch mit zwölf Minuten Verspätung um 14.45 Uhr in Bewegung setzte, rollte zudem noch der bis zum Startschuss vor allen Jecken geheim gehaltene Überraschungsgast im mit Stereo-Anlage ausgestatteten Cabrio heran: Prinz Flo I. (Donath) aus Holzhausen respektive Lützenkirchen. Er war beim Aussteigen und Herzen seiner Hitdorfer Kolleginnen und Kollegen sogar derart begeistert, dass er mit den roten Schnallenschuhen direktemang im Hundedreck neben der Straße hängen blieb und erst mal wischen und polieren musste. Ejal: Bringt Glück. 

Rheindorfer Pänz retten die Schul-Ehre

Und dann waren da ja noch all die besonderen Jecken im und am Zoch, die diesen denkwürdigen Tage feierten: Die Pänz der Rheindorfer GGS Am Friedenspark waren als Putzkolonne verkleidet – und nicht nur erstmals dabei, sondern auch die einzige Schultruppe überhaupt, die in diesem Jahr mitging. „Wir wurden gefragt, ob wir Lust hätten“, erzählte Leiterin Astrid Zetzmann, lachte laut – und schob hinterher: „Wir haben keine Sekunde überlegt!“ Einmal die Schul-Ehre retten, bitte! Die Mitglieder von „Lothars Paradiesvögeln“ um Josef Landwehr, den Vorsitzenden der Hetdörper Mädche un Junge, schwirrten um ihren Wagen herum, auf dem das eigene Post-Pandemie-Motto angeschlagen stand: „Dat jecke Federvieh hat keine Stallpflicht mieh“. Und die Mitglieder der Truppe „Jecke Hitdorfer Königsallee“ feierten als Schafe – „Aschaaf!“ – ihr 30-jähriges Bestehen.

Hitdorfer Premiere: Zoch-Umleitung

Weil der Zoch zum ersten Mal seit Jeckengedenken nicht schnurgerade über die Hitdorfer Straße rollte, sondern aufgrund der dortigen Baustelle einen Umweg über die Mohlen- und Lohrstraße nahm, erlebten unter anderem Heiko und Patricia Maus eine Premiere: Mussten sie in all den Jahren bisher immer 100 Meter von der Haustüre bis zum Zug gehen, langten dieses Mal fünf Schritte – weil die 18 Fußgruppen, 14 Fest- oder Baggagewagen sowie die zwei Musikzüge und drei Tanzgruppen direktemang vor ihrem Haus an der Mohlenstraße vorbeikamen. „Von mir aus“, sagte der Hausherr, „kann das so bleiben. Das macht alles noch schöner als sonst!“

Zur Feier des Tages hatten die Maus'sens sogar ein Stück Theke aus ihrer Kellerbar in den Vorgarten gestellt, an der Partymeister Heiko stand, den Zoch moderierte, Musik durch die Boxen jagte und nicht nur die geladenen gut 30 Gäste unterhielt, sondern alle im Umkreis von 50 Metern. „Ich habe nur ein wenig Sorge vor dem Aufräumen vorm Haus morgen früh“, sagte Patricia. Musste dann aber doch grinsen. Fastelovend im Veedel ist ja nur einmal im Jahr.

Fußball-Promi feiert mit

Auch entlang der Lohrstraße standen die Menschen dicht an dicht und ließen keinen Unterschied zum traditionellen Zochweg erkennen. Mehr noch: Hier gibt es noch mehr Mehrfamilienhäuser, deren Fenster und  Balkone geschmückt waren. Auf einem stand ein Kardinal und winkte runter in die Menge. 20 Meter weiter grüßte die vielleicht nicht welt- aber ziemlich sicher stadtbeste Doppelgängerin der verstorbenen Queen gönnerhaft ins jecke Gewühl.

Und mit dem hierzulande allseits bekannten Fußballfunktionär Andreas Rettig – tätig unter anderem beim 1. FC Köln, beim FC St. Pauli, beim SC Freiburg und beim FC Augsburg – mischte sich sogar ein waschechter Promi unter die Jecken. Kein Wunder: Rettig ist gebürtiger Leverkusener, wuchs in Hitdorf auf, war zuletzt bei der nahen Viktoria aus Köln Geschäftsführer – und trägt seine Heimat nach beruflichen Wanderjahren offenbar nach wie vor, oder wieder, im Herzen. 

Euphorischer Zugleiter

Als der Zoch sich dann nach gut zwei Stunden an St. Stephanus und dem Schützenplatz vorbei durch die vom raderdollen Volk bevölkerten Straßen Hetdörps geschlängelt hatte, wor et vorbei für dieses Jahr – mal abgesehen von den vielen Privatpartys im Ort, die jetzt erst so richtig durchstarteten, und der großen Feier in der Stadthalle. Und neben den vielen Gästen aus aller Umland-Welt war auch Zugleiter Michael Braune weniger zufrieden als vielmehr euphorisch: „So einen wundervollen und entspannten Zug hatten wir hier schon lange nicht mehr. Die Menschen haben einfach nur gefeiert – und das war es.“ Sprich: Kein Ärger, kein Zoff. „Das ist mein Eindruck. Und das haben mir gerade eben auch alle Einsatzkräfte bei einem kurzen Gespräch versichert.“ Et es wie et es:  Hetdörp 2023 – einfach herrlich. Noch mehr als sonst.

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