KarnevalszügeSo viel geben Leverkusener Jecken für Kamelle aus – Das dürfen sie werfen

Lesezeit 4 Minuten
Als Zwerge verkleidete Männer werfen im Hitdorfer Karnevalszug Kamelle.

Was haben die Zwerge wohl für ihre Kamelle ausgegeben?

„Kamelle!“, rufen die Leverkusenerinnen und Leverkusener an diesem Wochenende wieder. Doch was taugt eigentlich zum Werfen im Zug und wer bezahlt das?

Kamelle gehört zu Karnevalszügen, wie Alaaf zu kölschen Sitzungen. Doch was die Jecken werfen, verändert sich mit der Zeit. Strikte Vorgaben für Kamelle gibt es in Leverkusen nicht, wohl aber Richtlinien zu Sicherheit und Jugendschutz. Und auch im Karneval wird über Nachhaltigkeit diskutiert. Zudem spielt Geld dieses Jahr eine größere Rolle: Das Wurfmaterial ist im Vergleich zu 2020 etwa 30 Prozent teurer gewesen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Großhändler in der Corona-Zeit aufgaben und ehemalige Bezugsquellen Leverkusener Vereine wie die Metro Ware nicht als Wurfmaterial günstiger angeboten haben.

No-Go unter den Kamelle: Spitze Ecken und Alkohol 

Der Festausschuss Leverkusener Karneval (FLK) hält an, Glas, Scharfkantiges und Spitzes nicht als Wurfmaterial zu verwenden. Das scheint logisch, wird aber häufig nicht beachtet. CDs zum Beispiel, zwar mittlerweile nicht mehr angesagt, waren in ihren eckigen Hüllen aber jahrelang ein durchaus beliebtes Wurfmedium von Karnevalsgruppen. Und wer kennt nicht die Pralinenschachteln, die mit Wucht vom Wagen in die Luft geschleudert werden: Streckt man sich und kämpft um sie oder schützt man sich lieber vor einer drohenden Beule am Kopf? Deswegen empfehlen die Zugorganisatoren, größere Schachteln nur gezielt zu überreichen.

Hin und wieder haben Karnevalsvereine auch kleine Schnäpse unter ihrem Wurfmaterial. Immerhin gebe es Kurze statt in Glas- nun vermehrt in Plastikflaschen, sagt FLK-Geschäftsführer Thomas Loef. Aber Alkohol auszugeben ist für ihn ein No-Go im Zug, zu schnell lande er doch in Kinderhänden. Der Schlebuscher Zugleiter Andreas Beljan erinnert, auch bei Süßigkeiten darauf zu achten, dass sie keinen Alkohol etwa in Füllungen enthalten.

Diskussionen über Nachhaltigkeit im Karnevalszug entfachen

Bei der Zugvorbesprechung im November wies die Stadt Leverkusen zum ersten Mal darauf hin, auf Nachhaltigkeit zu achten. Da waren die meisten Kamelle allerdings schon besorgt. Um ihr Wurfmaterial kümmern sich die Gruppen oder sogar einzelnen Teilnehmenden selbst, mehrere Monate im Voraus. „Wir sind erstmal froh, überhaupt wieder zu starten“, so Loef. Auch die Hitdorfer Zugorganisatoren schreiben an ihre Gruppen im Anmeldebogen: „Um den Mitarbeitern der Straßenreinigung die Arbeit nicht unnötig zu erschweren und der Umwelt zuliebe, bitten wir auf Plastiktüten und Konfetti gänzlich zu verzichten“. 

Hans-Peter Teitscheid, Ehrenvorsitzender von Grün-Weiß Schlebusch, habe schon eine Veränderung in den vergangenen Jahren beobachtet: „Es werden gar nicht mehr so viele Kamelle geworfen, weil die liegen bleiben, und das wäre dann Müll“. Er spricht von klassischer Kamelle, den kleinen, einzeln umwickelten Bonbons. Die höben auch Kinder nicht gerne auf, sagt Teitscheid, die besorgten Gruppen deshalb kaum noch.

Die Karnevalisten setzten mehr auf Schokolade, hier kann auf Fairtrade geachtet werden, Süßes aus der Region und Blumensträuße – ein aktueller Diskussionspunkt in Köln: Das Festkomitee will auf Plastikverpackungen verzichten, die Karnevalsvereine sagen, das würden die kleinen Sträuße nicht überleben. Im Übrigen kommen die Blumen um diese Jahreszeit meist per Flugzeug ins Rheinland. Einen Karnevalszug nachhaltiger zu gestalten ist also gar nicht so einfach, zumal fairere Schokolade oder regionale Süßigkeiten die Zugteilnehmenden auch mehr kosten.

So viel zahlen Zugteilnehmende in Leverkusen

30 bis 70 Cent zahlten sie aus eigener Tasche für eine Schoko-Tafel in diesem Jahr, sagt Loef. Wieviel die Kamelle eines Zugs insgesamt kosten, lässt sich nur schwer sagen. Eine Leverkusener Grundschule informierte die Eltern, dass in den vergangenen Jahren für eine vierköpfige Familie im Mittelwert 90 Euro an Kosten für die Zugteilnahme anfielen: 20 Euro für Kostüme, 20 Euro für die Versicherung für Zugteilnehmenden und um die 50 Euro für Wurfmaterial für Erwachsene. Die Kinder bekommen zwei bis drei Tüten aus Spendengeldern gestellt.

Für Tänzerinnen und Tänzer der Tanzkorps wird die Versicherungsgebühr (in Schlebusch zum Beispiel 8,11 Euro pro Erwachsenem) von den Vereinen übernommen, sie zahlen in der Regel aber ihre Kamelle selbst. Meist fallen um die 50 Euro an, das entspricht vier Kilo Schoko- und Bonbon-Süßigkeiten und 20 Strüßjer. Deutlich mehr geben die Mitglieder der Traditionsgarden aus, die mehrere Hundert Euro für ihr Wurfmaterial aufbringen. Thomas Loef schätzt einen Mittelwert von je 100 Euro an Kosten für erwachsene Zugteilnehmende in Leverkusen.

KStA abonnieren