Von ihrer Lebenswelt sehen Jugendliche mehr als Politiker. Ihnen das deutlich vor Augen zu führen, ist eine Bereicherung für alle. Ein Kommentar.
KommentarAusschuss liefert Paradebeispiel für gelungene Jugendbeteiligung
Der Schulausschuss hat ein Paradebeispiel geliefert, wie Jugendbeteiligung gelingt. Die Anträge des Jugendstadtrates standen ganz vorne auf der Tagesordnung. Die Politiker hatten sich im Vorfeld mit der jeweiligen Thematik beschäftigt. Und obwohl Besucher in Ausschüssen eigentlich kein Rederecht haben, durften die anwesenden Jugendlichen ihre Standpunkte vorbringen und sogar mitdiskutieren. Auf Augenhöhe.
Dabei zeigte sich: Die Augen der Jugendlichen sehen in ihrer Lebenswelt mehr, als die der Politiker. Wenn das Bauamt zu Protokoll gibt, dass es an allen Schulen Jalousien an Sonnenseiten gibt, erklärt das Gremium den entsprechenden Antrag normalerweise für erledigt. Wenn eine Schülerin aber sagen kann: „An meiner Schule gibt es im dritten Stock von Trakt eins aber keine Jalousien und deswegen können wir dort im Sommer keinen Unterricht machen“ – dann wird der Handlungsbedarf erkannt. Und angegangen. So ist es im Schulausschuss geschehen.
Oft ist den Erwachsenen ein Problem auch bekannt. Üble Schultoiletten zum Beispiel. Weit oben auf der Agenda standen sie dennoch nicht. Vier Wochen nach der Sanierung seien die oft ohnehin wieder verunstaltet, sagt Dezernent Marc Adomat offen.
Wenn ein Jugendlicher dann aber davon erzählt, dass Kinder lieber den ganzen Tag einhalten, als in der Schule auf Toilette zu gehen und die Politiker an ihre Pflicht erinnert, für ein ordentliches Lernumfeld zu sorgen, dann bedanken sie sich am Ende sogar für diesen Weckruf. Und verlieren sich nicht in Parteischarmützeln, sondern einigen sich auf eine gemeinsame, praktikable Lösung im Sinne der Jugendlichen. Auch das ist dem Schulausschuss hoch anzurechnen.
Dabei zeigt sich auch, dass das Format des Jugendstadtrates erfolgreich weiterentwickelt wurde. Im ersten Jahr waren die Anträge noch zu allgemein oder ungenau formuliert, sodass die Politik damit nichts anfangen konnte und sie in einen Arbeitskreis verweisen musste.
Die aktuellen Anträge sind realistischer und genauer auf den Punkt gebracht. Alle Wünsche wird die Politik nicht erfüllen können. Aber sie kann jetzt zeigen, dass die Anträge ernst genommen und praktisch angegangen werden. So bringt man Jugendlichen Demokratieverständnis bei. Und vielleicht verhilft man ihnen auch zu sauberen Schultoiletten.