LebensgefährlichZahl der Hitzetage in Leverkusen hat sich fast verdoppelt

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Vor allem älteren Menschen macht die Hitze zu schaffen, im schlimmsten Fall ist sie eine Gefahr für das Leben.

Leverkusen – Gerade für alte und kranke Menschen sind extrem hohe Temperaturen lebensgefährlich. Eine Statistik zeigt nun: Die Zahl der Hitzetage ist in Leverkusen enorm gestiegen.

So wurden in Leverkusen zwischen 1961 und 1990 durchschnittlich sechs Hitzetage pro Jahr gezählt. Zwischen 1991 und 2020 waren es elf Hitzetage. Das ist ein Anstieg von 83 Prozent, die durchschnittliche Anzahl der Hitzetage pro Jahr hat sich beinahe verdoppelt. Leverkusen liegt damit noch über dem Bundesdurchschnitt von zehn Hitzetagen pro Jahr. Das zeigen Recherchen von Correctiv.Lokal, Zeit Online und dem „Leverkusener Anzeiger“, die bei diesem Thema kooperieren.

Die Recherche

Diese Recherche ist Teil einer Kooperation von Zeit Online, dem „Leverkusener Anzeiger“ und Correctiv.Lokal. Das Netzwerk recherchiert zu verschiedenen Themen und berichtet unter correctiv.org/klima langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos zu Hitze in Deutschland: zeit.de/hitzetote.

Alles zum Thema Deutscher Wetterdienst

Als heiße Tage definiert der Deutsche Wetterdienst (DWD) Tage, an denen die Lufttemperatur den Wert von 30 Grad Celsius überschreitet. In den 1950ern wurden in Deutschland durchschnittlich drei solcher heißen Tage pro Jahr gezählt, neun waren es jährlich zwischen 1991 und 2019.

Warum das gefährlich ist – und kein Sommerspaß – zeigt eine aktuelle Studie zur hitzebedingten Sterblichkeit in Deutschland zwischen 1991 und 2021, die Forscherinnen und Forscher des DWD, des Robert-Koch-Instituts und des Umweltbundesamts veröffentlicht haben. So starben alleine während der Hitzewelle im Jahr 2003 in Deutschland geschätzt rund 7600 Menschen. In der Statistik tauchen die Menschen nicht als Hitzetote auf – sie sterben an Herz-Kreislauf-Problemen.

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Die Hitze im Sommer 2003 war enorm, in der Wiesdorfer Innenstadt kühlten sich Kinder am Aquamobil ab.

„Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Leverkusen durch Hitzeereignisse gefährdet sind, liegen nicht vor“, sagt Julia Trick, Sprecherin der Stadt Leverkusen, auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“. Grundsätzlich handele es sich dabei natürlich um alte Menschen, „insbesondere Über-80-Jährige“. In Leverkusen leben nach Angaben der Stadt aktuell 13.724 Menschen, die über 80 Jahre alt sind. Hinzu kommen Menschen, die vorerkrankt sind.

Die Stadt habe keine Informationen zur Zahl hitzebedingter Krankenhauseinweisungen, sagt Stadtsprecherin Trick. Die Versicherung AOK hat Daten des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) von 2018 statistisch hochgerechnet und kommt zu dem Schluss: In Köln und dem Umland wurden bei Über-65-Jährigen 584 Personen je einer Million AOK-Versicherten hitzebedingt ins Krankenhaus eingewiesen. Dieser Wert liegt 19,8 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Der Leverkusener Rat hat 2020 ein Klimaanpassungskonzept für die Stadt beschlossen. Zu der Umsetzung gehöre, Wissen zu den steigenden Risiken zu vermitteln, ein Warnsystem zu entwickeln und einen „Heat-Health-Action plan“ – frei übersetzt: einen Hitzegesundheitsplan – nach Vorbild der Weltgesundheitsorganisation zu erstellen. „So bereitet sich die Stadt langfristig auf den Klimawandel vor“, schreibt Trick.

Kurzfristig warnt die Leverkusener Verwaltung ihre Bürgerinnen und Bürger bereits vor der Hitze und gibt Hinweise zum richtigen Verhalten. „Bei großer Hitze gilt es, dem Körper ausreichend Flüssigkeit zuzuführen“, sagt Amtsarzt Dr. Martin Oehler. „Viel Trinken ist vor allem für ältere Menschen wichtig, deren Durstgefühl nicht mehr so ausgeprägt ist, sodass die Gefahr der Austrocknung schneller gegeben ist, was im hohen Alter lebensbedrohlich sein kann.“

An heißen Tagen sollten mindestens zwei Liter Wasser getrunken werden, wer schwitze, brauche mehr, heißt in den Ratschlägen der Stadt. Alkohol entziehe dem Körper hingegen Flüssigkeit und Mineralstoffe und solle daher nur in Maßen konsumiert werden. Süße, kalorienreiche Getränke wie Limonaden eigneten sich nicht, um Durst zu löschen. Bei der Nahrung rät die Stadt zu leichten, kühlen Mahlzeiten und eher kleineren Portionen über den ganzen Tag verteilt.

Ratsam sei, die Hitze soweit wie möglich ganz zu meiden, schreibt die Stadt. Sport solle frühmorgens oder spätabends getrieben werden. Sonnenschutz sei für alle Menschen, besonders aber bei Kindern wichtig. Ebenso eine Kopfbedeckung und helle, luftige Kleidung.

„Nicht zuletzt empfiehlt es sich bei großer Hitze, den Körper abzukühlen“, schreibt die Stadt. „Beim Duschen gilt: lieber lauwarm als eiskalt duschen, um den Körper keinen zu großen Temperaturunterschieden auszusetzen. Tagsüber kann es helfen, die Handgelenke unter das Wasser zu halten, ein erfrischendes Fußbad zu nehmen oder ein kaltes Tuch in den Nacken zu legen.“

Und am Ende ihrer Ratschlagsliste hat die Stadt dann noch einen gar nicht so kurzfristigen Tipp parat, der aber bei kommenden Hitzeperioden helfen könne: „Balkone, Gärten und Häuser begrünen. Denn Pflanzen spenden Schatten, sorgen für Abkühlung, eine bessere Luft und bieten Insekten Nahrung.“

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