Nach dem Brand im Wiesdorfer Tagestreff hat die Caritas einen neuen Raum gefunden. Doch der Wegfall des alten Treffs nimmt viele mit.
Brand im Leverkusener Tagestreff„Als hätte man uns unser Wohnzimmer genommen“

Nach dem Brand im Wiesdorfer Tagestreff hat die Caritas einen neuen Raum gefunden. Doch der Wegfall des alten Treffs nimmt viele mit.
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Als Stefanie Strieder die Tür zum ehemaligen Tagestreff der Caritas für Wohnungslose aufschließt, steigt einem sofort ein stechender Geruch in die Nase. Hier, an der Schulstraße in Wiesdorf, hat es Ende Mai gebrannt, weil Unbekannte die Türmatte im Eingangsbereich der Wohnungslosenhilfe angezündet hatten. Die Ermittlungen dauern laut Polizei noch an. Doch die Brandspuren erkennt man deutlich: Die Wände am Eingang sind pechschwarz, auf vielen Möbeln liegt eine Rußschicht.
„Anfangs dachten wir, nach ein paar Tagen sind wir hier wieder drin“, sagt Strieder. Doch der Ruß enthält laut der Caritas-Mitarbeitenden Giftstoffe und muss von Spezialkräften entfernt werden. Dem Kostenvoranschlag dafür müsse die Versicherung aber erst zustimmen. Bis der Schaden nicht behoben sei, seien alle Räume außer der Küche unzugänglich. Dazu zählen nicht nur die Aufenthaltsräume. Sondern auch das Büro, in dem Wohnungslose zur Erstaufnahme in den Tagestreff und zu ihrer allgemeinen Situation beraten werden, und außerdem der Raum für medizinische Beratung und der für die psychiatrische Sprechstunde.

Die Eingangstür des Tagestreffs ist innen schwarz vor Ruß.
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Es fehlt noch ein Raum für die medizinische Sprechstunde
In der Zwischenzeit bietet das Team der Caritas seine Hilfe improvisatorisch weiter an – dank der freien evangelischen Gemeinde in Wiesdorf, die ihren Begegnungsraum in der Dönhoffstraße seit dem Brand als Tagestreff zur Verfügung stellt. Die Beraterin für die psychiatrische Sprechstunde kommt nun auch dort hin, ebenso wie der Pflegedienst, der Medikamente an Wohnungslose verteilt – und das Essen, das das Team der Caritas nach wie vor von montags bis freitags in der großen Küche im Tagestreff an der Schulstraße zubereitet.

Die Obdachlosen können sich zurzeit in der Woche tagsüber bei der Freien evangelischen Gemeinde in der Dönhoffstraße aufhalten.
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Auch die Wäsche der Wohnungslosen waschen Mitarbeitende der Wohnungslosenhilfe noch in der Schulstraße und bringen sie dann zur Dönhoffstraße. Fehlt nur noch ein geschützter und barrierefreier Raum für die medizinische Sprechstunde, den es an der Dönhoffstraße leider nicht gibt. „Da sind wir noch händeringend auf der Suche“, sagt Stefanie Strieder. Das Team müsse einen Raum in Wiesdorf finden, nicht in einem anderen Stadtteil, denn hier sei der Lebensmittelpunkt der Wohnungslosen, die zum Tagestreff kommen. „Wir wollen verhindern, dass wir Menschen verlieren, wenn wir wochenlang nicht mehr präsent sind mit diesem Angebot.“

Stefanie Strieder von der Caritas
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Einige stürzte der Wegfall des Treffs in eine Krise
Die Wohnungslosen nähmen den Wegbruch des alten Tagestreffs mit gemischten Gefühlen auf, erzählen Strieder und die Sozialarbeiterin Sabrina Mertens, die im Tagestreff arbeitet. Mertens sagt, viele Klienten hätten noch ihre Sachen in den Spinden liegen, aber weil die durch die Giftstoffe im Ruß kontaminiert seien, dürften die Wohnungslosen nicht darauf zugreifen. „Das ist für viele schwierig, weil es ihr einziges Hab und Gut ist“, sagt Mertens. Die Betroffenen behelfen sich aktuell laut der Sozialarbeiterin mit gespendeten Klamotten, „aber da kommen wir auch an unsere Grenzen“. Viele Klienten fühlten sich wenig abgeholt dadurch, dass die Situation so improvisiert sei. „Aber sie sind auch sehr unterstützend und wollen mithelfen. Manche stellen sich jetzt schon vor, wie wir den Tagestreff neu gestalten könnten.“
Strieder berichtet aber auch, dass es einige Menschen gebe, die der Wegfall des alten Treffs „in eine Krise gestürzt hat“. Eine Mitarbeiterin der evangelischen Gemeinde habe letztens berichtet, dass ein Wohnungsloser über den Brand im alten Tagestreff gesagt habe: „Es ist, als wenn man uns unser Wohnzimmer genommen hätte.“ Strieder sagt, obwohl es im Treff keinen Rückzugsort gebe, merke man, „dass dieser Ort von vielen als ein Zuhause angesehen wird“. Denn man spüre dort einen familiären Charakter und eine Art Schutz. Viele der Wohnungslosen könnten nicht verstehen, warum jemand im Treff einen Brand legt. „Im Grunde“, sagt Strieder, „wurden die Menschen durch den Brand zum zweiten Mal wohnungslos. Zuerst haben sie ihr eigenes Zuhause verloren, und dann auch noch ihren gewohnten Tagestreff“.