Von Politikern und LastenrädernDieter Nuhr macht in Leverkusen vor niemandem Halt

Lesezeit 3 Minuten
Dieter Nuhr steht auf einer dunklen Bühne.

Kabarettist Dieter Nuhr mit seinem Programm „Nuhr auf Tour“ in der Ostermann-Arena.

Mit seiner Show „Nuhr auf Tour“ war Kabarettist Dieter Nuhr in Leverkusen zu Gast – in seinem Programm bekamen nicht nur Politiker ihr Fett weg.

„Applaudieren sie nur, wenn sie es für angebracht halten“, forderte Dieter Nuhr sein Publikum in der Ostermann-Arena in Leverkusen auf. Rund 2500 Besucher, die am Donnerstagabend zum Nachholtermin der laut Veranstalter ausverkauften Show „Nuhr auf Tour“ gekommen waren, hielten es ganz offensichtlich für angebracht. Sie klatschten und trampelten, einige erhoben sich, nachdem der Kabarettist eine „Gute Nacht“ wünschte.

Danach packten die ersten ihre Sachen – doch Nuhr schien nicht gehen zu wollen. Er kehrte nicht nur ein zweites, sondern auch ein drittes Mal zurück auf die schlichte Bühne, um seinem satirischen Programm noch eine Zugabe draufzusetzen.

Nach knapp zwei Stunden war dann aber wirklich Schluss, viele standen mittlerweile schon. Der letzte Jubel – ein Mix aus Standing-Ovations und aufkommender Aufbruchstimmung – verebbte langsam.

Baerbock, Wagenknecht und Lauterbach – nicht nur sie nimmt Nuhr aufs Korn

Unter dem Motto „Ein Mann, ein Mikro“, sorgte der Alleinunterhalter zuvor immer wieder für zustimmenden Beifall und Gelächter. Zwischen Gags über Politiker der Grünen, auf die er es an diesem Abend besonders abgesehen hatte, die verweichlicht scheinende Jugend und einem Beitrag zur Genderdebatte nippte er immer wieder an seiner grünen Tasse und fachsimpelte über die Welt. „Die Erde ist ein Irrenhaus“, so das Fazit des 63-Jährigen.

Vor dem aktuellen Hintergrund des erschreckenden Ergebnisses der Pisa-Studie wolle er für ein bisschen Aufklärung sorgen. Dabei bekamen nicht nur das deutsche Bildungssystem und die Deutsche Bahn ihr Fett weg, sondern auch Sahra Wagenknecht, deren neue Partei er als „nationalsozialistische Alternative“ betitelte, der „Sensenmann“ Karl Lauterbach und die feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock.

Jedes Geschlecht ist gut, aber man sollte auch Witze darüber machen können
Dieter Nuhr

Durchaus provokant und zugespitzt sinnierte er über woke Strömungen. Das Lastenfahrrad und die Avocado als Metapher für die „urbane Elite“ kamen dabei nicht wirklich gut weg, genauso wenig wie Veganismus und Sexismus. „Jedes Geschlecht ist gut, aber man sollte auch Witze darüber machen können“, so Nuhr. Er sei schließlich Komiker, nicht Therapeut oder Zeitanalyst. Die Irrungen und Wirrungen der Gegenwart sezierte er dennoch detailreich.

Dieter Nuhr in der Kritik – Parodie in ZDF-Show von Satiriker Jan Böhmermann 

Dem vorgeblich durch die Gesellschaft auferlegten Verbot, Witze zu reißen, widersetzte er sich dabei vehement. Trotz hoffnungsloser Weltlage sollte es doch eine lustige Show werden, wiederholte Nuhr. Anstelle von Blondinen und Friseuren schafften es Henker und Schafott zurück ins Scherze-Repertoire – Galgenhumor in seiner klassischen Variante.

Den Nerv des Publikums schien er damit zu treffen. In der Vergangenheit eckte der Künstler, unter anderem bekannt aus der Kabarettsendung „Nuhr im Ersten“, mit seinem scharfzüngigen Witz auch schonmal an. Eine Persiflage, in der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann Dieter Nuhr parodieren ließ, sorgte im März dieses Jahres für Aufsehen.

Von der in den Medien verbreiteten Verspottung ließen sich die Zuschauer aber nicht beeindrucken und belohnten auch die ernsteren Passagen des Programms mit Applaus. „Menschen, die Judenmorde bejubeln, haben in diesem Land nichts zu suchen“, so Nuhrs Beitrag zum aufflammenden Antisemitismus.

Menschen, die Judenmorde bejubeln, haben in diesem Land nichts zu suchen
Dieter Nuhr

Auch über das Aufstreben der Alternative für Deutschland (AfD) zeigte er sich entsetzt. Denn gäbe es in einem wie von der AfD gewünschten Land nur noch Deutsche, wer solle denn Paketdienste oder Altenpflege übernehmen, setzte er hinterher. Diese Art von Humor muss man mögen, damit der Kabarettist dem Ziel eines „witzigen Abends“ gerecht wird. 

Nach leichten Schmunzlern und lauten Lachern entließ er das Leverkusener Publikum dann doch mit Optimismus à la Nuhr in den Abend. Sie sollen in die Zukunft blicken, wie ein Huhn nach seiner Köpfung – das laufe schließlich auch noch weiter.

Nachtmodus
KStA abonnieren