Gerfer in EdelrathFünfte Generation haucht Leverkusener Traditionshaus wieder Leben ein

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Anna Becker vermietet in fünften Generation der Familie Gerfer die Räumlichkeiten der ehemaligen Traditionsgaststätte in Edelrath.

Anna Becker vermietet in fünften Generation der Familie Gerfer die Räume der ehemaligen Traditionsgaststätte in Edelrath.

1899 eröffnete Johann Gerfer die gleichnamige Gaststätte. Inzwischen hat seine Ururenkelin das Sagen im Edelrather Traditionshaus.

Mit die schönsten Momente, da ist sich Anna Becker sicher, sind die, wenn die Gäste, die das Gasthaus Gerfer noch von früher kennen, die Eingangstür aufmachen, um die Ecke kommen und in den Saal blicken. Denn der sieht dem, was sie in Erinnerung haben, noch ziemlich ähnlich. Auch der Boden knarzt noch so wie damals. Von 2010 bis 2023 war das früher sehr beliebte Gasthaus geschlossen, jetzt hat Anna Becker übernommen, die Ururenkelin von Johann Gerfer, der das Lokal 1899 eröffnet hatte.

Gerfer im Jahr 2010.

Gerfer im Jahr 2010.

Als Restaurant und Kneipe führt Becker Gerfer allerdings nicht weiter. Seit dem 1. Januar 2023 kann man Teile des alten Gebäudes, das zu besten Zeiten mehrere Säle und unzählige Parkplätze drumherum umfasst hatte, für Feiern mieten: für Geburtstage, Reuessen nach Beerdigungen, Kommunionen, Konfirmationen, Trauungen und mehr. Becker stellt ihre Räume auch für die Leverkusener Kunstnacht zur Verfügung.

Gerfer im Jahr 2024.

Gerfer im Jahr 2024.

Dass wieder Leben im Gerfer ist, freut die Menschen in Edelrath. „Die Leute drücken sich ab und zu auch mal die Nase an der Scheibe platt“, sagt Rita Knieper, die Mutter von Anna Becker und Urenkelin des Gründers. Sie arbeitet selbst nicht in der Gastronomie, hat aber 2018 damit begonnen, das Gerfer-Gelände umzubauen.

Zu Höchstzeiten hatte das Gelände mehrere Gasträume.

Zu Höchstzeiten hatte das Gelände mehrere Gasträume.

Das alte Fachwerkhaus von 1866 ist wieder ein Wohnhaus, eine andere Tochter wohnt darin. In anderen Teilen sind inzwischen Mietwohnungen und eine Gewerbeeinheit. Der gemütliche Gastraum direkt am Eingang ist geblieben, dort, wo einst Kegelbahnen waren, sind jetzt die Toiletten. Selbstverständlich barrierefrei wie die gesamte Anlage. „Das Herz“, sagt Knieper, sei aber der Thekenraum. Dort endeten eigentlich fast alle Feiern. Auch dort hat die Familie beim Umbau darauf geachtet, möglichst viel vom urigen und gemütlichen Charakter zu behalten. Die Theke ist noch dieselbe wie vor Jahrzehnten. Nur die Zapfanlage ist eine Attrappe. Aber die sei das Lieblingsstück ihrer Mutter gewesen, sagt Knieper. „Ich sehe sie heute noch die Anlage putzen.“

„Ich sag’ immer, der Raum ist für die Leute gedacht, die eigentlich lieber zu Hause feiern, aber die Arbeit nicht wollen“, sagt Knieper. Wie ein erweitertes Wohnzimmer. Und es laufe gut, berichtet ihre Tochter Anna. Vor allem für die Wochenenden gebe es viele Anfragen.

50 bis 60 Personen finden im Gastraum Platz.

50 bis 60 Personen finden im Gastraum Platz.

Dabei spreche sich unter den Gästen herum, dass man dort gut feiern könne. „Leute, die Gast auf einer Feier waren, kommen oft später für eine eigene Feier“, sagt sie. Die freundlichen Einträge im Gästebuch bestätigen den Eindruck. Bei Gerfer hätten die Mieter Zeit, den Raum in Ruhe vorzubereiten und wieder aufzuräumen. Alles in Selbstversorgung übrigens. Verträge mit Getränkehändlern oder Caterern gebe es keine.

„Früher war das ein Ausflugslokal“, erinnert sich Knieper, die damit groß geworden ist, dass ihre Eltern Franz Junior und Anneliese Gerfer viel gearbeitet haben. 1960 haben sie den Betrieb von Franz Senior, der zweiten Generation, übernommen. Kniepers Vater Franz Junior war Metzger, Anneliese eine begabte Köchin. So wurde die gut bürgerliche Küche schnell beliebt. 1979 wurden die Parkplätze für 100 Autos erweitert. Der Laden brummte.

Franz Gerfer junior übernahm 1960 die Gaststätte.

Franz Gerfer junior übernahm 1960 die Gaststätte.

1999 gingen Anneliese und Franz Junior dann in den Ruhestand. Bis 2010 habe man es mit anderen, externe Pächtern versucht, aber das habe nicht funktioniert, so Knieper. „Einige waren mit der Größe überfordert. Meine Eltern waren damals einfach reingewachsen.“ Bis zum Umbau und Teilabriss 2018 passierte dann nichts. Den Veranstaltungsraum stellte man Ende 2021 fertig, aber dann kam Corona. 50 bis 60 Menschen finden darin Platz, je nachdem, ob sie sitzen oder stehen.

„Hier steckt so viel Herz von mehreren Generationen drin“, sagt Anna Becker, die die Raumvermietung nebenberuflich betreibt. Dass sie das nun weitermache, habe auch etwas mit Dankbarkeit und Wertschätzung den früheren Generationen gegenüber zu tun. Und man lerne so viele Menschen und Geschichten von früher kennen. „Ich bin einfach dankbar, das zu bewahren.“

Beckers Opa, Franz Junior, sei froh, dass Gerfer eine Zukunft hat. Auch, weil sich seine Nachkommen an Worte aus der Ballade „Das alte Haus“ von Friedrich Hebbel gehalten haben, die Franz Junior immer wieder gerne rezitiere: „Nun schweigt es still, das alte Haus; mir aber ist’s, als schritten die toten Väter all' heraus, um für ihr Haus zu bitten, und auch in meiner eig’nen Brust, wie ruft so manche Kinerlust: Laß stehn das Haus, laß stehn!“


Die Geschichte

  • 1899: Eröffnung durch Johann Gerfer mit einer Theke und drei Tischen.
  • Nach dem Krieg: Franz Gerfer Senior übernimmt.
  • 1958: Neubau alter Saal.
  • 1960: Franz Junior und Anneliese Gerfer übernehmen mit warmer Küche.
  • 1966: Zwei Kegelbahnen werden eingesetzt.
  • 1976: Neubau eines Saales im Hof.
  • 1999-2010: Verpachtung an verschiedene Pächter.
  • 2018: Start des Umbaus und Teilabrisses.
  • Seit 1. Januar 2023: Vermietung für Veranstaltungen.
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