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Welt-Alzheimer-TagDie Leverkusen-Hymne weckt Erinnerungen

Lesezeit 4 Minuten
Die Leverkusen-Hymne weckt Erinnerungen: Helmut Bröckelmann (v. l.), Heidi Gehringer, Siegfried Urban und Claudia Kurreck.

Die Leverkusen-Hymne weckt Erinnerungen: Helmut Bröckelmann (v. l.), Heidi Gehringer, Siegfried Urban und Claudia Kurreck.

Jeden Monat besucht der „Bayer-04- Erinnerungskoffer“ Demenz-Patienten in Leverkusen. Das Projekt sucht nun weitere ehrenamtliche Helfer. 

Helmut Bröckelmann stellt eine Musikbox auf den Tisch. Schon ertönt die „Bayer 04 Leverkusen“-Hymne im Saal des „Haus Rheinpark“, der Senioreneinrichtung an der Wiesdorfer Hauptstraße. Die Bewohner tragen Bayer-04-Schals, die sie im Takt der Musik durch die Luft schwingen und dazu leicht auf ihren Stühlen wippen. Sie sehen glücklich aus.

Einmal monatlich treffen sich sechs bis acht Bewohner des Altenzentrums zu einem Stammtisch für Demenz-Patienten. Gemeinsam betrachten sie Fotos oder Reliquien des Vereins und reden über das aktuelle Fußballgeschehen. Erinnerungen kommen hoch und die Gruppe tauscht sich aus. Sie sind nicht alle Leverkusen-Fans, manche feuern auch Schalke oder Bayern an, aber daurauf kommt es bei dem Stammtisch auch nicht an.

Der Bayer-04-Erinnerungskoffer.

Der Bayer-04-Erinnerungskoffer.

„Ich komme raus aus dem Trott und treffe Leute mit den gleichen Interessen“, erzählt Bewohner Siegfried Urban, „ich fühle mich hier pudelwohl“. Häufig fänden sich durch den Stammtisch auch Menschen, die sich vorher nicht kannten, weil sie in anderen Bereichen wohnen. Das Thema „Fußball“ werde außerdem auch gerne am Mittagstisch nochmal aufgegriffen und es werde über den Stammtisch gesprochen. 

Idee kam aus Schottland

2019 startete „Bayer 04 Leverkusen“ das Projekt „Erinnerungskoffer“ gemeinsam mit dem „Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Köln und das südliche Rheinland“. „Ursprünglich kam die Idee aus Schottland“, erklärt Nadine Diederich-Cujai vom Regionalbüro. In einem Koffer befinden sich verschiedene Fußball-Artikel, wie Schals und Fahnen, Torwarthandschuhe von Rüdiger Vollborn, Eintrittskarten zum Champions-League-Finale 2002 und alte Bilder. 

Die Kofferinhalte helfen den Bewohnern, sich an Ereignisse aus der Vergangenheit zu erinnern. Dabei legen die Organisatoren Wert darauf, viele verschiedene Kanäle bei den Demenz-Patienten anzusprechen – die Hymne, um die Menschen auditiv anzusprechen, Bilder für visuelle Reize und Gegenstände, wie einen signierten Fußball, um haptisch Signale zu setzen. „Die Kofferinhalte sind dabei aber nicht statisch, sondern immer im Prozess“, erklärt Andreas Paffrath von Bayer 04. 

Der Stammtisch dient jedoch nicht ausschließlich der Diskussion über den beliebten Sport. „Das Gespräch beginnt mit Fußballthemen, aber es kommen mit der Zeit auch andere Verbindungen hinzu und so kann das Gespräch auch ganz woanders landen und das ist genauso schön“, sagt Paffrath. In der Stammtischrunde am vergangenen Montag wechselte das Gespräch der Gruppe beispielsweise auch zu anderen Sportarten und sie redeten kurz über Basketball.

Auch das Personal des „Haus Rheinpark“ ist erfreut über den Erinnerungsstammtisch für ihre Bewohner. „Das Projekt kommt unseren Bewohnern zugute, wenn man sie lächeln sieht, freuen wir uns auch“ sagt Einrichtungsleiterin Heidi Gehringer. Claudia Kurreck, die sich um den Sozialdienst im Pflegeheim kümmert, unterstützt die Fußballbegeisterten und singt mit ihnen die Leverkusen-Hymne.

Leverkusen-Fans leiten Demenz-Stammtisch ehrenamtlich

Die Stammtische betreuen Fans des Fußballvereins ehrenamtlich. „Die Ehrenamtler sind alle aus dem Kreis der Silberlöwen. Bei Ihnen haben wir per Newsletter nachgefragt, ob sie das Projekt unterstützen möchten“, sagt Andreas Paffrath. „Die Ehrenamtler sind natürlich keine wandelnden Lexika, was die Historie betrifft, aber das ist auch nicht notwendig. Sie bringen die entsprechende Leidenschaft mit und ansonsten gibt es auch Spickzettel hinten auf den Bildern“, verrät Diederich-Cujai.

Helmut Bröckelmann ist einer der ehrenamtlichen Helfer, gemeinsam mit Christa Marsen leitet er den Stammtisch im „Haus Rheinpark“. Er ist schon seit den Anfängen des Projekts im Jahr 2019 dabei. „In meinem Berufsleben hatte ich mit vielen verschiedenen Menschen zu tun und musste mich oft auf neue Charaktere einstellen, deswegen passt die Tätigkeit gut, ich wollte etwas mit Menschen machen“, sagt Bröckelmann. Sein Ehrenamt erfülle ihn. 

Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am Donnerstag möchten Bayer 04 und das Regionalbüro die Gelegenheit nutzen, das Projekt in den Fokus zu rücken und Menschen anzuregen, ehrenamtlich am Projekt „Erinnerungskoffer“ mitzuwirken. Immer mehr Einrichtungen fragen einen Besuch des Erinnerungskoffers an. Dem möchten die Organisatoren gerne nachkommen und das Projekt ausweiten.

So bietet das Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz am 17. November von 15 bis 19 Uhr und am 18. November von neun bis 13 Uhr eine Schulung an. In der Schulung erhalten die Teilnehmenden Informationen rund um das Thema Demenz. Sie thematisieren den Umgang mit Patienten oder lernen, wie man die Kofferinhalte gezielt einsetzen kann. Interessierte können sich für weitere Informationen oder zur Anmeldung per E-Mail, n.cujai@alexianer.de, f.arps@alexianer.de, oder telefonisch bei Nadine Diederich-Cujai melden: 02203 358 95 14. Oder auch bei Friederike Arps: 02203/358 95 12.