Johanneskirche in Manfort entwidmetLeverkusen hat eine Kirche weniger

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Osterkerze und Bibel werden aus der Johanneskirche getragen: Damit ist sie von nun an kein Gotteshaus mehr. 

Leverkusen – Sie hätte ein Hotel wie in Maastricht werden können oder Wohnungen wie in Mönchengladbach, doch sie wird eine Kindertagesstätte: Am Sonntag ist die Johanneskirche in Manfort entwidmet worden, um einer neuen Verwendung Platz zu machen. Mit einem feierlichen Gottesdienst am Sonntagnachmittag wurde die Kirche ein letztes Mal als „Ort der Verkündigung“ angenommen, bevor sie von Superintendent Bernd-Ekkehart Scholten „außer Dienst“ gesetzt wurde.

Es ist weder für ihn noch für Pfarrer Christoph Engels die erste Kirche, die sie entwidmen. Trotzdem schwingt auch immer Trauer mit. „Das tut weh“, erklärt Scholten, da die Kirche auch immer ein Ort der Emotionen und Heimat sei. Eine Kirche sei nicht an sich ein heiliger Ort, sie bekomme die Würde und Weite durch die Menschen. Dennoch ist er froh, dass aus der Manforter Johanneskirche eine Kindertagesstätte wird. Man wolle das evangelische Leben in Manfort aufrechterhalten, und da sei die neue Nutzung als Kita toll: „Da ist Leben drin, da ist Gestalten drin.“

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Mit Musik (rechts der ehemalige Pfarrer Jürgen Berghaus) und einem feierlichen Gottesdienst wurde die Kirche entwidmet.

Auch Pfarrer Engels bedauert die Umwandlung. „Wenn es nach uns ginge, würden wir neue Kirchen bauen lassen“, sagt er. Doch die Zeiten hätten sich nicht erst seit gestern geändert, sagt er und spielt auf die sinkenden Mitgliederzahlen an. Seine Gefühlslage? „Hier entsteht etwas, das in die Zukunft weist.“ Wichtig ist ihm darüber hinaus zu betonen: „Die pfarramtliche Versorgung ist sichergestellt.“

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Engels weist darauf hin, dass der Zeitpunkt nicht zufällig gewählt ist: Der Erste Advent sei auch der Beginn des neuen Kirchenjahres. Und so will er auch die Umwandlung erfahren wissen: Es geht um einen neuen Anfang, machte er in der Predigt deutlich, Gott suche immer wieder einen neuen Anfang mit den Menschen. Man kann zurückschauen, doch der Blick solle sich jetzt nach vorn richten.

Offiziell wird eine Kirche entwidmet, indem man alle Prinzipalien, die wichtigsten Utensilien für den Gottesdienst, mit einem eigenen Gebet entwidmet: Unter anderem das Taufbecken, die Kanzel, den Altar und das Abendmahlgeschirr. Üblicherweise werden sie auch nach draußen getragen. Geschehen ist das am Sonntag lediglich mit der Osterkerze und der Bibel.

Teile finden sich in anderen Kirchen wieder

So viele Teile wie möglich sollen in anderen Kirchen eine neue Heimat finden. Die Orgel ist bereits auf dem Weg nach Golgowitz in Niederschlesien. Die dortige Kirche habe einen ähnlichen Aufbau, erzählt Bernd-Ekkehart Scholten, die Orgel passe ohne Umbau hinein. Die polnische Gemeinde freut sich und plant an Weihnachten bereits die neue Orgel erklingen zu lassen. Das Abendmahlgeschirr erhalte eine Gemeinde in Prag, die kürzlich ausgeraubt worden war.

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Knapp 70 Gläubige nahmen am Sonntag die Gelegenheit wahr, sich von der Kirche zu verabschieden. Die Entscheidung, aus ihr eine Kita zu machen, war im Vorfeld kontrovers diskutiert worden.

Ungewöhnlich in Coronazeiten war die Musik: Da die Gemeinde nicht singen darf, ist eine Sängerin engagiert worden. Die Lieder „Vertraut den neuen Wegen“ und „Ohne deinen Segen wollen wir nicht vorwärtsgehen“ verwiesen auf den besonderen Anlass. Doch selbstverständlich gab es auch Zugeständnisse an den Ersten Advent. „Macht hoch dir Tür“ und „Alle Jahre wieder“ erklangen.

Dass der Advent in diesem Corona-Jahr ganz anders anfängt als sonst, ist eine Herausforderung. Doch Scholten und Engels nehmen sie an: „Es ist anders, doch es geht darum, mit den Realitäten umzugehen“, sagt Scholten. In welcher Zeit würde man denn mehr Zuversicht brauchen, wenn nicht jetzt, fragt er.

Über die Umwandlung der Kirche in eine Kita war in der Vergangenheit sehr kontrovers diskutiert worden. Eine Interessengemeinschaft war dafür eingetreten, den Bau zu belassen. Coronabedingt fanden am Sonntag nur knapp 70 Personen in ihr Platz, damit war die Kirche nach den neuen Maßgaben aber voll. Wohin sollen sie sich nun wenden? „Wir wünschen uns, dass die Gemeindemitglieder, die bisher die Johanneskirche besucht haben, dann den Weg in die Christuskirche finden“, heißt es im Gemeindebrief.

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