TierweltGleich mehrere Biber-Familien leben an der Dhünn in Leverkusen

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Typische Biberfraßspuren an einem Baum.

Frische Fraßspuren an einem Baum am Ufer der Dhünn.

Dass es Biber in der Stadt gibt, ist seit Jahren bekannt. Doch ihre vermutliche Zahl überrascht.

Es nieselt an diesem Vormittag in Schlebusch. Der Biber, der hier lebt, schläft in seinem Erdbau in der Uferböschung der Dhünn und ist daher nicht zu sehen. Oder die Biber? Man weiß es nicht. Biber sind dämmerungs- und nachtaktive Tiere.

Was der Spaziergänger am Dhünnufer allerdings sieht, sind etliche Spuren des Biberlebens. Vor allem: gefällte Bäume. Weiden, Erlen und andere Hölzer. Immer in Ufernähe: Denn ein Biber, erzählt Naturpädagogin und Wanderführerin Martina Schultze, entfernt sich nie weit von dem Gewässer, an dessen Rand er wohnt. 

Eine Frau steht neben von Bibern gefällten Bäumen.

Martina Schultze ist Naturpädagogin. Die Bieber in Leverkusen liegen ihr besonders am Herzen.

Bäume in Ufernähe der Dhünn aber fällt er gern, weil er im Sommer an das Blattwerk und das ganze Jahr über an die zarten Zweige und Triebe der Bäume kommen will. Wie an etlichen Stellen zu sehen. Helle Holzspäne, die oben auf altem Laub und dunkelbraunen Holzresten liegen, zeugen davon, dass hier ein Biber vielleicht erst in der vergangenen Nacht aktiv war. „Das gefällt nicht jedem“, sagt Schultze. Aber der Biber zerstöre keine Natur, auch wenn das so aussehe. Er sorge in seinem Lebensraum im Gegenteil dafür, dass sich die Artenvielfalt vergrößere, weil er durch das Fällen von Bäumen zum Beispiel für mehr Lichteinfall sorge und so Kräuter und kleinere Pflanzen besser wachsen können.

Schultze weist auf eine Biber-Rutsche hin, eine Art Trampelpfad, der vom Fluss weg ins Unterholz führt. Den benutzen Biber immer wieder, wenn sie nächtens auf der Suche nach dem nächsten zarten Zweig sind oder dem nächsten Baum, den sie fällen wollen. Abdrücke der Biberpfoten sind im nassen Ufergrund zwar nicht auszumachen, aber Kratzspuren im Schlamm weisen darauf hin, wie sich die Tiere mit ihren krallenbewehrten Vorder- und Hinterpfoten die matschige Böschung hochgearbeitet haben.

Von einem Biber angefressene Weide am Dhünnufer.

Diese Weide hat ein Biber schon vor längerer Zeit konisch abgenagt, bevor Waldarbeiter sie fällten. Jetzt treibt der alte Baum neu aus.

2015, weiß Schultze zu berichten, wurde der seit Jahrhunderten erste Biber wieder im Stadtgebiet von Leverkusen gesichtet. Auch dieses Tier lebte an der Dhünn. Vor dreieinhalb Jahren hatten Biologen der Universität Bonn dann in einem Gutachten für die Stadt das Bibervorkommen an Dhünn und Wupper untersucht. Die Biologen beschränkten sich für ihre Untersuchung allerdings auf die Dhünn in Bürrig, das Mündungsgebiet der Wupper sowie das Areal der Wupper nördlich der Dhünnmündung. Sie gingen von der Präsenz eines oder weniger Biber aus.

Von einem Biber frisch abgenagte kleine Weidenbäumchen an der Dhünnmündung. Foto: Ralf Krieger

Von einem Biber frisch abgenagte kleine Weidenbäumchen an der Wupper nahe der Dhünnmündung.

Wie die Tiere die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 überlebt haben, ist offen. Sicher ist nur: Sie sind immer noch da, und zwar inzwischen an mehreren Stellen im Stadtgebiet. Neben dem Areal Schlebusch leben auch noch Tiere weiter östlich an der Dhünn. Und am Unterlauf der Dhünn kurz vor der Mündung in die Wupper.

Das zeigen Fotos von Adelheid Dörpinghaus von einer Wiese am Rand der Dhünn. Sal-Weiden und andere Bäume liegen Anfang Januar auf dem gefrorenen Grund, gefällt offenbar von Bibern. Zu erkennen ist das an den konisch zulaufenden Fraßpuren, mit denen die Tiere die Bäume zu Fall bringen. „Das waren sicher 60 bis 70 Bäume“, erzählt Nabu-Mitglied Dörpinghaus. Dörpinghaus fand auf dem Areal am Rand von Bürrig auch Trittsiegel, also die Spuren der Biberpfoten, im gefrorenen Boden. Weder in Bürrig noch in Schlebusch stören sich die Tiere offenbar an Straßenverkehrsgeräuschen.


Stadt und Nabu wollen zählen

Schultze sagt, dass die Fraßspuren an der unteren Dhünn in Bürrig und am Klinikum nicht von derselben Biberfamilie stammen. Dafür lägen die beiden Stellen zu weit auseinander. Zu einer Biberfamilie gehören neben dem monogam lebenden Biberpaar zwei bis sechs Jungtiere des vergangenen Jahres und die vorjährigen Jungtiere. Wenn die Jungtiere zwei Jahre alt sind, müssen sie ihre Familie verlassen und sich ein eigenes Revier suchen. So viel steht fest: Der Biber ist heimisch in Leverkusen und die Zahl der Tiere wächst. 

Im Februar, so ist aus der Stadtverwaltung zu hören, will die Stadt sich im Rahmen einer Begehung einen Überblick verschaffen. Und für März plant die Naturschutzstation des Nabu die Biber-Population im Rahmen einer Kartierung zu erfassen. Wer auf Spaziergängen entlang von Wupper und Dhünn im Stadtgebiet Spuren von Biberaktivitäten findet, also etwa von Bibern gefällte Bäume, oder sogar die Tiere selbst beobachtet, den bittet der Nabu, seine Sichtung zu melden, zum Beispiel per E-Mail.

Die nächste Biberwanderung mit Martina Schultze findet statt am Samstag, 17. Februar, 15.45 bis 17.45 Uhr. Anmeldung bei der VHS (Kurs ZK30075) ist unbedingt erforderlich: Telefon: 0214/4064188 oder Mail: info@vhs-leverkusen.de

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