Der Lützenkirchener Dirk Weber will erreichen, dass seine Krankenkasse ihm Cannabis bezahlt – gegen seine chronischen Schmerzen.
Schmerzpatient aus LeverkusenLützenkirchener kämpft um bezahltes Cannabis

Dirk Weber, Cannabispatient aus Leverkusen
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„Das verursacht stärkste Schmerzen, das kann man nicht beschreiben.“ Dirk Weber aus Lützenkirchen kennt sie, die Schmerzschübe, die ihn regelmäßig heimsuchen. Er leidet seit Jahren an einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Anfang 30 fingen die Schmerzen an. Vor 14 Jahren wurde ihm die Bauchspeicheldrüse teilweise entfernt, nach der Operation verringerten sich die Beschwerden zunächst, erzählt der heute 59-Jährige. Bis sie wiederkamen. Seit fünf Jahren erhält der Schmerzpatient Erwerbsminderungsrente, ein normales Leben ist so nicht möglich. Was ihm hilft, sei Cannabis, sagt er.
Weber hat schon vieles ausprobiert, erzählt er: Buscopan, Morphintropfen, entweder helfe es nichts oder die Nebenwirkungen seien zu stark. Seit zwei Jahren bekommt er von seinem Hausarzt Cannabis verschrieben. „Seit dem geht es deutlich besser. Die Schübe werden weniger, das gesamte Wohlbefinden ist besser“, erklärt er. Dirk Webers Problem: Er bekommt das Cannabis nicht von seiner Krankenkasse bezahlt, privat lege er dafür 300 bis 400 Euro im Monat hin, sagt er.
Der Lützenkirchener will dagegen vorgehen. Warum soll er als Schmerzpatienten Morphintropfen bezahlt bekommen, aber nicht Cannabis? Um das zu erreichen, muss ein medizinisches Gutachten der Krankenkasse positiv beschieden werden. Bei seinem werde darin bemängelt, schildert er, dass die medizinischen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien und vom Arzt sei die Behandlung nicht genügend begründet worden, heißt es.
Der 59-Jährige hat Einspruch erhoben, sein Arzt stärkt ihm den Rücken. Seine Krankenkasse DAK verweist darauf, dass sich die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme von Cannabis durch die Legalisierung nicht geändert hätten. „Die Kostenübernahme knüpft sich nach wie vor an gesetzliche Bedingungen. Anträge werden dem zuständigen Medizinischen Dienst zur Begutachtung vorgelegt.“ Damit die Krankenkasse die Kosten übernehmen könne, müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: „Es muss sich um eine schwerwiegende Erkrankung handeln. Es gibt keine Alternative zur Behandlung mit Cannabisarzneimitteln oder kann im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes oder der Ärztin nicht zur Anwendung kommen. Es besteht die Aussicht auf eine spürbare positive Beeinflussung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome.“ Der Lützenkirchener meint indes, alle Punkte erfüllt zu haben.
Leverkusener Krankenkasse: Cannabisprodukte bergen höheres Risiko
Die Krankenkasse Pronova BKK, die ihren Sitz in Leverkusen hat, schildert ihr Vorgehen so: „Die Behandlung mit Cannabis kommt infrage, wenn keine anderen therapeutischen Alternativen mehr angewendet werden können. Dieses Vorgehen erfolgt nicht etwas aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus – sondern ausschließlich im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung: Cannabisprodukte bergen oft höhere Risiken als Arzneimittel, die gezielt für eine bestimmte Anwendung entwickelt und behördlich geprüft worden sind.“ Auch sie legt alle Anfragen zur Therapie immer „unabhängigen, externen Gutachtern des Medizinischen Dienstes“ vor. Bewertet der Medizinische Dienst den Fall anders als die behandelnden Ärzte, lehnt sie eine Kostenübernahme ab, heißt es. Kunden hätten allerdings die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Ein Ausschuss prüfe dann, ob die Entscheidung der Kasse im Einklang mit dem Gesetz steht.
Bei der Pronova BKK betragen die Kosten für Cannabisextrakte pro Patient oder Patientin und Jahr zwischen ungefähr 1400 und 2600 Euro, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. Da die Wirkung besser steuerbar sei, sollten die Therapien nach Möglichkeit damit durchgeführt werden. „In wenigen Ausnahmen können auch Cannabisblüten verordnet werden. Hier liegen die Kosten pro Patient oder Patientin und Jahr zwischen knapp 16.000 und 20.000 Euro.“ Aktuelle Zahlen dazu, bei wie vielen Versicherten die Krankenkasse mit Sitz in Wiesdorf derzeit Kosten einer Cannabistherapie übernimmt, könne man „ad hoc nicht auswerten“.
Der Lützenkirchener Dirk Weber wehrt sich gegen die Absage der DAK. Was ihm zusätzlich aufstößt, ist, dass es keinen persönlichen Kontakt zur Krankenkasse gibt, keine Möglichkeit zu einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Er hat Jahrzehnte im Vertrieb gearbeitet und ist jemand, der den persönlichen Austausch schätzt. Nun läuft alles über Telefonate und Schriftverkehr. Sein Fall ist bei seiner Krankenkasse nun vor dem Widerspruchsausschuss gelandet.