Nicht nur für KinderSchwimmen lernen geht immer – auch für Erwachsene in Leverkusen

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Trainerin Meghan Wagner mit einer Teilnehmerin des Anfängerschwimmkurses im Hallenbad Wiembachtal.

Individuelle Betreuung: Trainerin Meghan Wagner mit einer Teilnehmerin des Anfängerschwimmkurses im Hallenbad Wiembachtal.

Wassergewöhnung statt Techniktraining: Seit Anfang des Jahres bietet die DLRG einen Kurs für erwachsene Schwimmanfänger an. Darauf kommt es an.

Einmal nicht die Person sein, die am Strand auf die Handtücher aufpasst, während sich die Familie im Wasser vergnügt. Das ist nur einer der Beweggründe, der erwachsene Menschen dazu treibt, sich für einen Anfängerschwimmkurs anzumelden. Dahinter steht natürlich ein viel bedeutenderer Grundsatz: Im Ernstfall kann Schwimmen Leben retten – das eigene, oder das von anderen. 

Trotzdem, während Siham I. leise bis drei zählt, die gelbe Poolnudel umklammert, sich dann kräftig vom Boden des Nichtschwimmerbeckens im Hallenbad Wiembachtal abstößt und schwungvoll durchs Wasser gleitet, hat sie genau dieses Bild vor Augen: Die staunenden Blicke ihrer Freundinnen, Freunde und Verwandten, wenn sie im Sommer auf Mallorca endlich wieder selbstbewusst und ohne Angst durchs Meer watet. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. 

Laut Forsa-Umfrage: Fünf Prozent identifizieren sich als Nichtschwimmer

Denn es ist erst die vierte Stunde des Anfängerschwimmkurses der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die die 46-Jährige seit Mitte Januar gemeinsam mit zwei weiteren Frauen besucht. Ausgelegt ist das halbstündige Training am Freitagabend für bis zu sechs Leute, ein paar freie Plätze gibt es also noch. Der Fokus liege auf einer möglichst individuellen Betreuung, sagt Meghan Wagner. Sie ist die DLRG-Übungsleiterin, die bei jeder Stunde mit im Wasser dabei ist. 

„Klasse“, ruft sie Siham I. zu und streckt zwei Daumen in die Höhe, während sie geduldig neben einer weiteren Teilnehmerin ihres Kurses herläuft. Manchmal sei es genau das, was die Schwimmneulinge brauchen. Wagners Arbeit bestehe vor allem darin, Vertrauen aufzubauen, gut zuzureden und dabei zu sein, sagt sie. „Da reicht es schon, meine Hand auf die der Teilnehmerinnen zu legen. Ich mache fast nichts, stehe nur daneben. Und das Gefühl meiner Hand zeigt: Ich bin da, ich passe auf, es passiert nichts.“

Die Angst bestehe bei vielen vor allem darin, keine Luft zu kriegen, den Kopf unter Wasser zu tauchen und unterzugehen. So wie den Teilnehmerinnen des DLRG-Kurses geht es laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2022 vielen anderen Deutschen auch. Fünf Prozent identifizieren sich demnach als Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer. Das muss allerdings nicht unbedingt daran liegen, dass die Menschen noch nie zuvor Schwimmen gelernt haben. 

Ich mache fast nichts, stehe nur daneben. Und das Gefühl meiner Hand zeigt: Ich bin da, ich passe auf, es passiert nichts.“
Meghan Wagner, DLRG-Schwimmtrainerin

So wie bei Siham I.: Früher plantschte sie gerne im Meer, bis ihr Cousin sie im Marokko-Urlaub gegen ihren Willen untertauchte. Nun, fast 20 Jahre später, bekämpft sie ihr Trauma einmal wöchentlich in Opladen, Schritt für Schritt und Zug um Zug. Die richtige Technik zu erlernen, sei dabei aber erst einmal nebensächlich, sagt Trainerin Wagner. Vielmehr gehe es um Wassergewöhnung und darum, die Auftriebswirkung am eigenen Körper zu fühlen.

„Toter Mann“, erklärt auch Siham I. eine der ersten Übungen, die sie im Anfängerkursus lernte. Inzwischen macht sie richtig Meter, schwimmt eine Bahn nach der anderen im 12,5 Meter langen bauchtiefen Lehrschwimmbecken. Noch braucht sie dafür Auftriebsmittel wie Schwimmnudel und -brett. Bald soll das aber auch ohne gehen. 

Eine Leiter führt in ein Schwimmbecken, darauf steht der Aufdruck „Nichtschwimmer“.

Laut Forsa-Umfrage geben 5 Prozent der Befragten an, nicht schwimmen zu können. Die Gründe sind vielfältig.

Denn das Seepferdchen gibt es nur für diejenigen, die sicher die 25-Meter-Bahn im großen Becken hinter sich bringen, eigentlich sogar mit Ausatmung ins Wasser. Als richtigen Schwimmer zählt die DLRG außerdem nur diejenigen, die das Bronzeabzeichen tragen. Bis dahin sei man kaum in der Lage, auf ungeahnte Hindernisse oder entgegen schwappende Wellen zu reagieren, wenn nicht der Rand des Bades oder andere Auftriebsmittel in der Nähe sind. 

Das Ziel des Schwimmkurses ist das Seepferdchen

Bis ihre Teilnehmerinnen diese Hürden meistern, könne es schon ein Weilchen dauern, sagt Meghan Wagner. Bei den einen gehe es schneller, bei den anderen langsamer, „aber das kriegen wir alles hin“, so Wagner. Die DLRG Leverkusen begrenzt ihren Kurs daher auch nicht auf eine bestimmte Anzahl an Stunden. Wer einmal dabei ist, dürfe bleiben. 

Die Nachfrage sei derzeit allerdings noch ausbaufähig. Vor Corona habe es sogar eine Warteliste für das Anfängerschwimmen gegeben. Während sich die DLRG vor Anmeldungen für Kinderkurse kaum retten könne, komme das wieder ins Leben gerufene Angebot für Erwachsene noch nicht so recht an. Neben der Pandemie sieht Wagner auch eine weitere Ursache: „Viele haben Hemmungen davor, zu so einem Kurs zu gehen, weil Nichtschwimmer gesellschaftlich nicht unbedingt gut angesehen sind.“

Die Schuld liege häufig nicht bei denen, die es nicht können. Bädermangel, fehlendes Personal oder eben Traumata seien nur einige der Gründe für die steigende Anzahl an Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmern. Empfehlen würde Meghan Wagner den Schritt zum Kurs trotzdem allen, ob Strandgängern und Seeliebhaberinnen oder Eltern und Großeltern von Kindern, die schließlich gern mal in der Nähe von Wasser spielen. „Selbst wenn sie nur am Flachwasser chillen, bitte schwimmen lernen“, rät sie. Sonst könne es lebensgefährlich werden. 


Informationen zum Schwimmkurs

Der Schwimmkurs der DLRG findet jeden Freitag von 20.00 bis 20.30 Uhr im Hallenbad Wiembachtal (Talstraße 62, 51379 Leverkusen) statt. Anmeldungen sind über die Website der DLRG Leverkusen unter https://bez-leverkusen.dlrg.de/ausbildung/erwachsene/ möglich. Neben einem DLRG-Mitgliedsbeitrag von 50 Euro liegen die Kosten bei einer Ausbildungsgebühr von 50 Euro. 

Ab Ostern bietet unter anderem der TSV Bayer 04 Leverkusen jeden Mittwoch von 18.00 bis 18.45 Uhr im Hallenbad Bergisch-Neukirchen (Wuppertalstraße 10, 51381 Leverkusen) einen weiteren Schwimmkurs für erwachsene Nichtschwimmer an. Anmeldungen sind bereits jetzt empfehlenswert und erfolgen über die Website unter https://www.tsvbayer04.de/sportangebote/fitness-health/fitness-health-kopie/fitness/schwimmkurse-fuer-erwachsene/.

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