WeihnachtsgeschäftLeverkusener Einzelhandel – Noch Luft nach oben

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Der Weihnachtsmarkt in Leverkusen Wiesdorf

Versteckt hinter den Buden des Weihnachtsmarkts können in der Wiesdorfer Innenstadt die Weihnachtseinkäufe erledigt werden.

Die Adventszeit ist für viele Einzelhändler Hauptsaison, das Weihnachtsfieber hat aber noch nicht alle Kunden erreicht. 

Der zweite Advent ist vorbei, Halbzeit im Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels. Das winterliche Wochenende nutzten am ersten Advent bereits etliche, um die Wunschzettel in den Leverkusener Fußgängerzonen abzuarbeiten. Wenigstens zeitweise lachte dazu auch die Wintersonne vom Himmel. Nicht so am zweiten Adventssamstag: Mal nieselte es, ab mittags goss es vermehrt in Strömen. Regen war fast den ganzen Tag garantiert. Kein gutes Wetter für den Weihnachtseinkaufsbummel.

Das schlug sich auf die Kauflaune nieder. „Die Zahl der Besucherinnen und Besucher in den Innenstädten waren vielerorts in Ordnung. Aber die Umsätze waren wenig zufriedenstellend“, zog Carina Peretzke, Pressesprecherin des Handelsverbandes NRW, am Sonntag ihr Fazit für das gesamte Rheinland. Wobei sie auf einen wichtigen Unterschied hinwies: „Da, wo es in den Innenstädten Weihnachtsmärkte gibt, war trotz des vielen Regens noch Publikumsverkehr. Wo die Leute sich am Glühweinstand mal kurz unterhalten und aufwärmen können und dann wieder in die Geschäfte gehen.“ Wo das nicht der Fall war, blieb die Kundschaft im Regenwetter weg. Auf Leverkusen bezogen heißt das: Vorteil für Opladen und Wiesdorf, wo es mehrwöchige Weihnachtsmärkte gibt. In Schlebusch fehlt ein Markt für die ganze Adventszeit.

Auch am ersten Adventswochenende zeigte sich die Konsumlaune noch etwas verhalten, berichtete der Handelsverband Nordrhein-Westfalen – Rheinland. Die Umsatz-Erwartungen für Leverkusen liegen unter den Werten der Vorjahre. Während der Weihnachts-Umsatz 2022 bei 240 Millionen Euro lag, rechnet der Handelsverband für Leverkusen in diesem Jahr mit rund 225 Millionen Euro. Peretzke sieht auch Vorzieheffekte im adventlichen Konsumverhalten. Die Black Week, also die Woche rund um den letzten Donnerstag im November – Thanksgiving in den USA – sei ein riesiger Umsatzimpuls. Umfragen zeigten, dass die meisten Leute ihre Weihnachtseinkäufe bereits Ende November, Anfang Dezember erledigten. Diese Umsätze fehlen dann entsprechend in der ersten Hälfte der Adventszeit. 

Prognose für Leverkusen: rund 15 Millionen Euro weniger Umsatz als 2022

Den Grund für das gebremste Kaufverhalten sieht Markus Märtens, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Leverkusen (WfL), auch in den aktuellen von Inflation und Krieg geprägten „unsicheren Zeiten“. Die Kunden seien vorsichtiger. Vielleicht stehen auch deshalb wieder Klassiker wie Bücher auf den obersten Rängen der beliebtesten Weihnachtsgeschenke, gefolgt von Textilien und Parfüms auf den Plätzen zwei und drei.

Dass Bücher zur Weihnachtszeit im Trend sind, merkt auch Manfred Gottschalk in seinem Laden in der Mülheimer Straße in Schlebusch. Der Umsatz in der Weihnachtszeit sei fast zehnmal so hoch, wie im Rest des Jahres. Es ist Hauptsaison für Buchhändler. Trotzdem: „So richtig geknallt hat es in diesem Jahr noch nicht“, sagt Gottschalk.

Bücher im Geschenkeranking auf dem ersten Platz

Nachdem während der Coronapandemie vor allem Gesellschaftsspiele angesagt waren – die Menschen brauchten Beschäftigung – lande nun wieder Belletristik unter den Tannenbäumen. Gut läuft zum Beispiel der Roman „22 Bahnen“ der jungen Autorin Caroline Wahl, der in diesem Jahr als Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels gekürt wurde.

Besonders freut sich der Buchhändler aber, wenn er ausgefallene Wünsche erfüllen kann. Zur Weihnachtszeit kehren auch die Winterklassiker von Astrid Lindgren zurück in die Regale, Tomte Tummetott etwa. Und noch eines beobachtet Manfred Gottschalk im Dezember: „Die Leute sagen zwar, sie schreiben keine Briefe mehr. Unsere Weihnachtskarten kaufen sie aber stapelweise.“

So richtig geknallt hat es in diesem Jahr noch nicht
Manfred Gottschalk, Inhaber der Buchhandlung Gottschalk

Während viele andere Einzelhändler mit den Auswirkungen von Covid zu kämpfen hatten, lief es in seinem Geschäft sogar besser als in diesem Jahr. Der Verkauf an der Tür sei anstrengend gewesen, aber durchaus erfolgreich. Jetzt normalisiere sich die Lage wieder. Das Geschäft von reinen Onlinehändlern hingegen boomt weiter.

Für das richtige Kauferlebnis mit „Wohlfühlfaktor“ empfiehlt WfL-Chef Märtens trotzdem einen Besuch in den Stadtzentren von Wiesdorf, Opladen oder Schlebusch. „Das hat etwas mit Heimatgefühl zu tun“, sagt er. Mit dem Angebot in den Innenstädten – laut Märtens ein vielfältiger Mix aus Fachgeschäften und großen Markenunternehmen – werde die Rolle Leverkusens zwischen den beiden Großstädten Köln und Düsseldorf gestärkt.

Verkaufsoffener Sonntag kein Garant für Umsatzrekorde

Ganz so rosig sehen das nicht alle. „Hochwertige Läden haben sich auch wegen des Onlinehandels abgewandt“, sagt zum Beispiel Uwe Gaebel vom Feinkost-Geschäft „Vom Fass“. Entgegen dem Trend eröffneten er und seine Frau Heike Gaebel Ende Oktober einen neuen Laden des Waldburger Franchise-Unternehmens in der Wiesdorfer Fußgängerzone. Kunden finden dort feine Öle und Essige, Spirituosen, Weine und Feinkost. Der Besuch soll ein Erlebnis sein, Probieren der Manufakturware gehört zum Konzept.

Insgesamt, findet Gaebel, gebe es aber zu wenig hochwertige Geschäfte in der City. „Im Zentrum fehlt die Qualität.“ An seinem neu eröffneten Laden, der italienischen Lebensmittel Boutique „Da Moscarino“ oder dem Frauenmodeladen „Herzstück“ sehe man aber: „Es ist gewünscht.“

Die Betreiber Uwe und Heike Gaebel stehen hinter der Verkaufstheke ihres Ladens "Vom Fass".

Seit Oktober 2023 beraten Uwe und Heike Gaebel ihre Kunden in dem Feinschmeckerladen "Vom Fass" in der Wiesdorfer Innenstadt mit Leidenschaft und Fachwissen.

WfL-Mann Märtens setzt derweil auch darauf, die Attraktivität des Weihnachtsgeschäfts mit Einkaufs-Events anzukurbeln. So etwa der verkaufsoffene Sonntag in Wiesdorf am ersten Advent. „Der Einzelhandel und das städtische Umfeld profitieren von den belebenden Effekten“, sagt er.

So ein verkaufsoffener Sonntag sei allerdings nicht unbedingt der Garant für hohe Umsatzzahlen. „Manchmal läuft ein ganzes Wochenende ähnlich gut, wie ein einziger starker Samstag“, weiß Gaebel aus Erfahrung. Während die Stadt am ersten Adventssonntag zwar voll gewesen sei, ging der stationäre Handel im Trubel ein bisschen unter. Viele Kunden hätten nichts vom Shoppingsonntag gewusst. Familien schlenderten eher über den Mittelgang des Weihnachtsmarkts, als einen Blick in die Schaufenster hinter den Buden zu werfen.

Insgesamt sind Uwe und Heike Gaebel dennoch zufrieden mit dem anlaufenden Weihnachtgeschäft, die Vorbestellungen laufen. Neben dem Stammsortiment wird die Nachfrage in der Adventszeit auch durch saisonale Produkte bestimmt, wie etwa Winter-Orangen Balsam oder Weihnachtsliköre. 

Die städtischen Händler hoffen jetzt genauso wie der Einzelhandelsverband auf die letzten zwei Wochen vor Heiligabend: Last-Minute-Shopping im finalen Weihnachtsstress.

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